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Zur Zukunft von Virtual Reality
Mit schwerer Brille in fremde Welten

Virtual Reality - war da was? Auf der Gamescom ist es stiller geworden um die bebrillte, künstliche Spielewelt. Dabei steht VR erst am Anfang einer langen Reise. Einsatzbereiche sind auch Tiefseeforschung, Medizin und Architektur.

Von Kai Löffler | 23.08.2017
    Besucher der Gamescom machen am 23.08.2017 in Köln mit einer Gear-VR Brille eine Achterbahnfahrt.
    Nervenkitzel leicht gemacht: Besucher der Gamescom machen am 23.08.2017 in Köln mit einer Gear-VR Brille eine Achterbahnfahrt. (picture alliance / Oliver Berg / dpa)
    Virtuelle Welten warten - ob die Brücke der Enterprise, ein mittelalterliches Dorf, eine Rennstrecke in den Alpen oder ein unheimliches Gemäuer voller Zombies. Die Brille aufgesetzt und schon ist man mittendrin. Kein Wunder, dass VR als Zukunft des Videospiels gilt.
    Auf der diesjährigen Gamescom allerdings fällt die Präsenz der dicken schwarzen Brillen eher bescheiden aus. Während Sony letztes Jahr noch stolz das PSVR System präsentiert hat, VR für die Playstation 4, möchte man dieses Jahr viel lieber über das "große neue Ding" sprechen, Spiele mit Handy-Integration. Und auch die Konkurrenz ist weniger präsent als 2016. Vielleicht liegt es an den enttäuschenden Verkaufszahlen, vielleicht stören sich Spieler an den klobigen, schweren Brillen und ihrer aufwendigen Verkabelung. Oder es liegt daran, dass es einfach noch nicht genug Spiele gibt. Jedenfalls ist VR dieses Jahr nur eine Randerscheinung. Immerhin sieht man hier und da eine Oculus Rift oder Samsung Brille. Die wohl größte VR-Präsenz auf der Gamescom ist VIVE, und Graham Breen vom Hersteller HTC gibt sich trotz der Flaute betont optimistisch.
    "Der Unterschied zum letzten Jahr ist, es kommt von den großen Entwicklern, zum Beispiel Fallout 4 von Bethesda."
    Bethesdas postapokalyptisches Rollenspiel Fallout 4 - einer der größten Titel der letzten Jahre - kann auf der Gamescom erstmals in einer eindrucksvollen VR-Version getestet werden. Neben Resident Evil 7 ist er aber einer von nur wenigen wirklich großen Titeln, die die neue Technologie unterstützen.
    "Erst am Anfang der Reise"
    Das Potenzial ist gewaltig, aber bisher hat die Technologie vor allem im Bereich der Indie-Spiele Fuß gefasst. Eins davon ist Blind, dass nächstes Jahr erscheinen soll: Hier schlüpft der Spieler in die Rolle eines blinden Mädchens, das - wie eine Fledermaus oder der Comicheld Daredevil - ihre Umwelt durch eine Art Sonar wahrnimmt. Geräusche machen Konturen sichtbar und erleuchten das schwarze Blickfeld. Auf den digitalen Vertiebsplattformen - Steam auf dem PC, und PSN für die Playstation - finden sich viele kleine Titel, die VR auf neue Arten nutzen. So sitzen in Werewolves Within Spieler aus verschiedenen Ländern und Kontinenten in der VR gemeinsam an einem Tisch, um Werwölfe unter ihnen zu entlarven - eine Variation des klassischen Partyspiels.
    "Wir sind wirklich relativ nah am Anfang dieser Reise - und wo es hingeht, ist super spannend. Der größte Vorteil von Virtual Reality ist du kannst Sachen machen, die du nie im normalen Leben machen kannst. Zum Beispiel, ich war ganz oben auf dem Everest. Ich habe auf dem Mars gestanden. Ich war unter Wasser, tausend Meter tief, mitten im Meer. Ich bin gespannt, was wir noch entdecken können."
    Innovative Anwendungsgebiete
    Im Moment klagen Spieler noch über Motion Sickness, Reiseübelkeit, außerdem werden Bewegungen nicht immer perfekt von der Technik umgesetzt, und die Grafik ist kein Vergleich mit den gängigen HD oder sogar 4K-Bildern, die Gamer gewohnt sind. Irgendwann in der Zukunft soll virtuelle Realität von echter nicht mehr zu unterscheiden sein. Die Vorstellung ist ebenso aufregend wie beunruhigend - und die Realität noch weit entfernt. Aber schon jetzt gibt es innovative Anwendungsgebiete jenseits der Spiele, etwa in Tiefseeforschung, Medizin oder Architektur.
    "Ein gutes Beispiel, Audi: Kannst du in den Laden gehen und selbst dann Farbe auswählen, hinsetzen mit VR-Headset und das Gefühl bekommen für genau, was du da willst."