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Zurück nach sieben Jahren

In den USA und in Kanada sind die Lachsbestände in den 80er Jahren stark zurückgegangen. In vielen nordamerikanischen Flüssen ist der atlantische Wildlachs ganz verschwunden. Doch am Penobscot River in Maine, der amerikanischen Hochburg des Wildlachses, ist er zurückgekehrt: nach sieben Jahren.

Von David Goeßmann |
    Bill Townsend steht am Ufer des Penobscot Rivers. Er zeigt hinüber zum Veazie-Damm. Vor 30 Jahren habe er hier seinen ersten atlantischen Wildlachs an der Angel gehabt, erinnert sich Bill. Einen Lachs an Land zu ziehen sei etwas Besonderes. Auch in diesem Jahr war er wieder dabei. Zum ersten Mal nach dem Fischverbot durfte im größten Fluss Maines für ein paar Wochen geangelt werden.

    "Ich hatte eine wunderbare Zeit. Es war ein toller sonniger Tag. Ich habe zwar keinen Lachs gefangen, aber es war trotzdem schön. Ich war mit einem Freund da, der noch nie hier war. Ich konnte ihm einige Stellen zum Fischen zeigen. Er ist danach noch einige Male hierher gekommen."

    Die Vorschriften, unter denen geangelt werden durfte, waren streng: Die Herbstsaison wurde auf wenige Wochen beschränkt, eine Zeit, in der die Lachse noch kleiner sind; der Fisch musste wieder zurück in den Fluss gegeben werden; Fischen war lediglich bei einer Wassertemperatur unter 21 Grad Celsius erlaubt, Temperaturen, bei denen sich der geangelte Lachs besser wieder erholt.

    Diese Auflagen erfüllten die Lachsfischer vom Penobscot River gerne. Denn sie sind längst zu Umweltschützern geworden. Für Gary Arsenault von der Atlantic Salmon Federation steht fest, dass das jahrelange Fischverbot den atlantischen Wildlachs in Maine vor dem Aussterben bewahrt hat.

    ""Im Jahr 2000 sind nur 530 Lachse zurück in den Fluss gekommen. Daher gab es damals keinen öffentlichen Aufschrei, als man das Fischen verbot. Die Fischervereinigungen sagten: Wir wollen keinen Lachs, weil es nicht mehr genug davon gibt. Das war die Zeit, in der die Fischer sich stärker in Richtung Naturschutz ausrichteten und mit Biologen zusammenarbeiteten."

    Kommerzielles Überfischen, Flussverschmutzungen durch Papiermühlen, zahlreiche Dämme: Damit hätte man beinahe den atlantischen Wildlachs im lachsreichsten Fluss der USA, dem Penobscot River, ausgerottet. Doch das gänzliche Verschwinden des silberfarbenen Edelfisches konnte verhindert werden. Mit dem so genannten Clean Water Act erhielt der verschmutzte Penobscot River wieder eine annehmbare Wasserqualität. Entscheidender für die Rückkehr des Lachses war aber der Aufkauf der Lachsfischereien in Grönland durch die Atlantic Salmon Federation. Im Südwesten Grönlands befinden sich die wichtigsten Bestände des atlantischen Wildlachses. Von dort wandert er in die Flüsse Nordamerikas. Durch die Fischerei-Aufkäufe konnte das kommerzielle Lachsfischen unterbunden und die Bestände gesichert werden. Jetzt kommen wieder über 1000 Lachse pro Jahr in den größten Fluss Maines zurück. Doch viele von ihnen schaffen es nicht bis in die Laichgebiete des Oberlaufs. Schuld daran sind die immer noch zahlreichen Dämme eines Energiekonzerns. Laura Rose Day vom Penebscot River Restoration Project:

    "Dieser Fluss wird ziemlich warm. Ohne Dämme wären die Lachse in einem Tag oben im kälteren Wasser, ihrem Laichgebiet. An den Dämmen verlieren sie viel Zeit, sie kommen nicht vorbei. Zum Teil sind sie in ihrer Wanderung um Wochen verspätet, was für den Lachs sehr schädlich ist."

    Doch auch diese Hindernisse für den Wanderlachs werden wohl bald der Vergangenheit angehören. Der Penobscot River Restoration Trust, eine Organisation, die mit staatlichen und öffentlichen Institutionen kooperiert, hat bereits 25 Millionen Dollar gesammelt, um drei Dämme aufzukaufen, sie dann entweder abzureißen oder Fischtreppen einzubauen. Eine Einigung dazu ist bereits unterzeichnet worden. Biologen gehen davon aus, so Laura Rose Day, dass sich mit der Beseitigung der Dämme die Lachspopulation wieder erholen kann und von jetzt 1000 auf 12.000 Lachse pro Jahr ansteigen wird. Ursprünglich aber waren bis zu 100.000 Lachse im Fluss, also bedeutend mehr.

    Der Penobscot River kann heute als Vorbild gelten für ausbalancierten Umweltschutz. Die Wasserqualität hat sich deutlich verbessert, andere Fischarten, insbesondere der Fluss-Hering, der wichtig für das Überleben des Lachses ist, kehren zurück. Doch an die Hochzeiten des Lachsfischens wird man wohl mittelfristig nicht mehr anknüpfen können. John Burrows von der Atlantic Salmon Federation:

    "Lachs mit einem Lebenszyklus von fünf Jahren kann man nicht quasi über Nacht vermehren. Es braucht sehr viele Generationen. Aber da wir hier auf guten Weg sind, das Damm-Problem zu lösen, bin ich sehr hoffnungsvoll, langfristig den Lachs hier wieder anzusiedeln, so dass er sich selbst erhalten kann."