
Lecornu, der nach nur wenigen Wochen im Amt zurückgetreten war, warf den Parteien im Parlament vor, das Land politisch zu blockieren. Er sei zu Kompromissen bereit gewesen, doch manche Politiker hätten nur ihre eigenen Interessen verfolgt und Maximalforderungen gestellt, sagte Lecornu in Paris. Er beklagte zudem einen Streit der Parteien um Posten bei der Regierungsbildung.
Erst gestern hatte Lecornu die Verteilung der ersten Ressorts in der künftigen Regierung bekannt gemacht. Oppositionsparteien kritisierten, dass Lecornu das Kabinett kaum verändert habe. Demnach sollten die meisten Schlüsselressorts in den Händen der bisherigen Ministerinnen und Minister bleiben.
Auch innerhalb der Regierung gab es Kritik. So hatte sich der im Amt bestätigte Innenminister und Républicain-Vorsitzende Retailleau unzufrieden über die Zusammensetzung des Kabinetts geäußert und eine stärkere Gewichtung seiner Partei gefordert. Für Empörung sorgte auch, dass der 2024 ausgeschiedene langjährige Wirtschafts- und Finanzminister Le Maire, der der Mitte-Partei von Macron angehört, überraschend zum Verteidigungsminister bestimmt wurde.
Neuwahlen und Rücktritt Macrons gefordert
Nach Lecornus Rücktritt riefen Oppositionsparteien aus beiden Lagern zu Neuwahlen auf. Der Vorsitzende der Linkspartei, Mélenchon, forderte zudem die Absetzung von Präsident Macron. Der Fraktionschef der Sozialisten sagte, Macron müsse sich die Frage stellen, wie er den Erwartungen der Franzosen entsprechen könne. Der Chef des extrem rechten Rassemblement National, Bardella, erklärte, Macron könne sich zwischen Rücktritt oder Neuwahlen entscheiden. Der Fraktionschef der Sozialisten sagte, Macron müsse sich die Frage stellen, wie er den Erwartungen der Franzosen gerecht werden könne.
Bundesregierung warnt vor Dramatisierung
Die Bundesregierung sieht trotz erneuter Regierungskrise in Frankreich keine politische Destabilisierung. Regierungssprecher Kornelius sagte in Berlin, man müsse Macron "ein bisschen Raum geben", um eine neue Regierung aufzustellen. Kornelius hob hervor, dass er "vor einer Dramatisierung" der Situation in Frankreich warne.
Hintergrund der Regierungskrise ist der Streit um den Haushalt für das kommende Jahr, in dem Frankreich angesichts seiner Staatsfinanzen massive Einschnitte bei öffentlichen Ausgaben bevorstehen. Frankreich hat mit rund 3,3 Billionen Euro den höchsten Schuldenstand in der Europäischen Union.
Diese Nachricht wurde am 06.10.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.