Archiv


Zusammenrücken im Ballungsraum

Im Ruhrgebiet gibt es in fast allen größeren Städten Hochschulen. Die Entfernung beträgt zum Teil weniger als 15 Kilometer. Duisburg und Essen sind bereits zu einer gemeinsamen Universität verschmolzen. Die Diskussion um eine enge Partnerschaft der Hochschulen Duisburg Essen, Dortmund und Bochum ist jetzt neu aufgeflammt. Ziel ist es, das Ruhrgebiet als exzellente Forschungslandschaft nach vorne zu bringen.

Von Hilde Braun |
    Die Konkurrenz unter den Ruhrgebietsuniversitäten soll spätestens mit dem Hochschulfreiheitsgesetz, das am 1. Januar kommenden Jahres in Kraft tritt enden.
    Darin seien sich die drei Rektoren der Universität Bochum, Dortmund und Duisburg-Essen einig, wie Rektor Lothar Zechlin aus Essen erklärt:

    "da gibt es Maßnahmen unterhalb einer Fusion, gemeinsame Rektoratssitzungen, man kann sich vorstellen gemeinsame Sitzungen der 3 Hochschulräte, oder Kreuzmandate, oder irgendwann einmal darüber nachdenken, was in Schleswig Holstein gemacht wird. Dort gibt es für alle drei Hochschulen, Flensburg, Kiel und Lüneburg einen Hochschulrat für alle drei Universitäten. Da ist eine Menge möglich. "

    Das Ruhrgebiet wird bislang in der bundesweiten Hochschullandschaft nicht unbedingt als forschungsstarke Region angesehen. Das soll sich durch die Kooperation der Universitäten ändern. Die Ruhrgebietsunis wollen sich auf Forschungsgebiete einigen und Studienschwerpunkte an je einer Hochschule anbieten; Parallelangebote werden wegfallen. Rektor Elmar Weiler von der Ruhruniversität Bochum:

    "Es gibt an den drei großen Standorten ungemein viel gute Wissenschaft. sehr viele Studiengänge, manches ist einfach verdoppelt oder vertrippelt, verdreifacht, ich kann mir gut vorstellen, dass ein Verbund dieser Hochschulen, damit meine ich explizit nicht Fusion, sondern Kooperation die Stärken die jeder einzelne Standort hat, deutlicher stärk, indem man sich auf die Stärken fokussiert und konzentriert und anderes, was an benachbarten Standorten womöglich schon viel weiter ausgebaut ist, viel besser strukturiert ist, an diesen Standorten lässt."

    Welche Universität dann welchen Schwerpunkt anbietet, müssen die Hochschulen miteinander aushandeln. Das Rheinisch Westfälische Wirtschaftinstitut in Essen empfiehlt 5 Bereiche für Exzellenzcluster: Mikroelektronik, Informationstechnologie, Logistik, Medizin und Tourismus. Die Universität Dortmund arbeitet bereits erfolgreich im Bereich Mikrosystemtechnik und hat zusammen mit dem Technologiezentrum hunderte neuer Arbeitsplätze geschaffen. Der Rektor der Universität Duisburg Essen könnte sich dagegen den Schwerpunkt in der Nanotechnologie vorstellen

    " Nanointegration, da sind unsere Physiker stark drin. Da sind auch Forscher aus Bochum und Dortmund mit drin, wir haben ein eigenes Institut und wollen mehr Cluster anbieten."

    Das Ministerium für Wissenschaft und Innovation begrüßt die Pläne der Ruhrgebietsuniversitäten. So ist es auch im Interesse des Ministeriums, wenn zum Beispiel Bochumer Studierende Angebote in Dortmund, Duisburg oder Essen mitnutzen könnten. Mitnutzen ist hier das Stichwort: Der Rektor der Universität Duisburg Essen, Lothar Zechlin, warnt aber vor einer Reduzierung der Studienangebote, er fordert mehr Geld von Land und Bund um noch mehr Studienplätze anbieten zu können:

    " Es geht nicht darum, die Fächer nur noch einmal im Ruhrgebiet anzubieten, dazu ist das Ruhrgebiet viel zu groß, es geht dazu, insgesamt mehr anzubieten, die Studienplätze auszuweiten und das kostet Geld. Bei dem Studienanbot, glaube ich, wird man nicht sehr viel mehr akkordieren können, weil Studierende aus Duisburg werden vermutlich nicht nach Dortmund reisen oder umgekehrt Dortmunder werden vielleicht nicht nach Essen reisen."

    Die Studierenden sehen das mit gemischten Gefühlen. Peter Sauer studiert in Essen Maschinenbau. Ihn stören schon jetzt die langen Wege an der Universität:
    Trotzdem würde er bereit sein, nach Dortmund oder Bochum zu reisen, wenn er sich dadurch eine bessere Ausbildung für seinen zukünftigen Beruf versprechen kann:

    "Generell ist das natürlich gut, wenn man sich spezialisiert im Maschinenbau, weil das einfach ein Riesengebiet ist, das macht auf jeden Fall Sinn, also ob man jetzt da Konstruktion macht oder in der Automobilindustrie ist, das sind einfach Riesenunterschiede, das sind andere Programme die man bedienen können muss, das ist auf jeden Fall sinnvoll, sich zu spezialisieren. Wenn man dann lange eingearbeitet werden muss, bekommt man auch keinen Job, weil die Unternehmen das nicht finanzieren möchten, klar, die möchten Geld mit uns verdienen."

    Mit dem Hochschulfreiheitsgesetz haben die Universitäten die Möglichkeit genau zu bestimmen, an welchen Stellen sie Geld einsetzen. Das gilt dezidiert für Personal- und Wirtschaftsfragen. Für eine engere Zusammenarbeit gibt es da schon konkrete Sparüberlegungen, denn wenn mehr Geld für die Forschung ausgegeben werden soll, muss woanders gespart werden:

    "Man kann das sicher intensivieren, vermutlich eher im Managementbereich der Hochschule, also Personalentwicklung beispielsweise könnte man gemeinsam machen, man könnte vielleicht die IT Services gemeinsam betreiben."

    Erste Schritte in Richtung Zusammenarbeit haben die Ruhruniversitäten schon versucht. Vor zwei Jahren haben sie in New York ein gemeinsames Büro eröffnet, dass für die Hochschulen und ihre Forschungsstätten in den USA wirbt. Ob das Konzept der Zusammenarbeit auch in Deutschland aufgeht wird sich erst in näherer Zukunft zeigen.