Ulrike Burgwinkel: Heute hat das Bundeskabinett über eine verbesserte Förderung der Weiterbildung entschieden. Es sagte Ja zum Bildungssparen, einem Entwurf von Bildungsministerin Annette Schavan. Entscheidend am Konzept mitgearbeitet, als einer der Gutachter, hat Dr. Dieter Dohmen, Direktor des Forschungsinstituts für Bildung und Sozialökonomie. Herr Dohmen, wie sieht das Konzept aus?
Dieter Dohmen: Das Konzept hat drei Eckpunkte. Der erste Punkt ist, dass diejenigen, die nach dem Vermögensbildungsgesetz gespart haben, vor Ablauf der Sperrfrist von sieben Jahren Angespartes entnehmen können und dies auch unschädlich ist für die Zulage. Die zweite Komponente besteht aus der Möglichkeit, eventuell über die KfW oder eine der vergleichbaren Landesbanken ein Weiterbildungskredit aufzunehmen. Und die dritte Komponente ist, dass die Weiterbildungsprämie von bis zu 154 Euro, sofern sich der Weiterbildungsteilnehmer mit der gleichen Summe an den Weiterbildungskosten beteiligt.
Burgwinkel: Das hat ja so ein bisschen was von Bausparen, oder?
Dohmen: Ja und nein. Also das Bausparen würde ja bedeuten, ich spare im Vorfeld an, ich lege jeden Monat 50 Euro zurück, weil ich vielleicht in einem Jahr oder in zwei mal Weiterbildung machen will. Das würde nach unserer Auffassung nicht wirklich funktionieren. Deswegen haben wir gesagt, wir öffnen im Prinzip das Vermögensbildungsgesetz und erlauben, dass diejenigen, die angespart haben, daraus vorzeitig entnehmen können.
Burgwinkel: Was kann denn der einzelne Weiterbildungswillige erwarten? Können Sie ein konkretes Beispiel vielleicht mal nennen?
Dohmen: Nehmen wir einfach das Beispiel von jemandem, der eine Weiterbildung für 300 Euro macht, vielleicht um einen kleinen Computerkurs zu machen oder einen beruflich relevanten Sprachkurs. Kosten sagen wir 300 Euro. Die ersten 300 Euro müssen im Prinzip selbst - 30 Euro, nicht 300, Entschuldigung - müssen selbst finanziert werden, die verbleibenden 270 Euro kann zur Hälfte über die Prämie und zur Hälfte noch mal selbst finanziert werden, würde in dem Fall beispielsweise bedeuten, dass 165 Euro selbst finanziert werden und 135 über die Weiterbildungsprämie. Man könnte jetzt auch sagen, die 165 Euro, die selbst finanziert werden, können zum Beispiel auch aus dem Vermögensbildungsgesetz bzw. dem Angesparten entnommen werden.
Burgwinkel: Wer soll denn dann die Organisation dieses ganzen Projektes übernehmen? Das scheint ja ziemlich kompliziert zu sein.
Dohmen: Es hört sich eigentlich komplizierter an, als es ist. Auf der anderen Seite wären uns leichtere Lösungen auch lieber gewesen, aber das ist nicht so einfach. Wer es letztlich organisiert, ist noch nicht abschließend geklärt. Überlegt wird, dass es eine Beratung geben soll im Vorfeld, um zu sehen, ist die Maßnahme geeignet für die berufliche Zukunft und für die persönlichen Interessen. Und dann könnte man es auch über diese Beratungseinrichtungen, die zum Beispiel über die Kammern laufen könnten, abwickeln.
Burgwinkel: Ja, der große Markt der Weiterbildung wird sich wahrscheinlich neu strukturieren müssen. Das ist ein Markt, in dem sehr viel Geld drin steckt.
Dohmen: Das ist richtig, wobei das jetzt unabhängig von dem Weiterbildungssparen geschehen müsste. Wir haben das Problem, dass die Weiterbildungsbeteiligung insgesamt vergleichsweise gering ist. Also als Beispiel: Ein Arbeitnehmer in Deutschland hat pro Jahr über seine 40-jährige Erwerbstätigkeit zehn Stunden Weiterbildung pro Jahr im Durchschnitt, ein Finne hat mehr als Doppelte. Und insoweit besteht hier ein erheblicher Nachholbedarf und fordert eigentlich alle drei Beteiligten. Das heißt, die Individuen müssen sicherlich was tun, dazu ist, denke ich, das Modell, das wir entwickelt haben, ein guter Anreiz. Der Staat müsste was tun. Hier ist das, was wir vorgeschlagen haben, sicherlich ein erster Schritt. Ich glaube, dass weitere folgen sollten. Und zu guter Letzt sind auch die Unternehmen gefordert, die sich bisher doch relativ stark auf die Führungskräfte konzentrieren und viele Zielgruppen etwas vernachlässigen.
Burgwinkel: Die wichtigste Zielgruppe sind ganz normale Menschen, die man animieren möchte, sich zeit ihres Lebens weiterzubilden, weil man wohl festgestellt hat, dass es ohne gar nicht geht. Auch die Unternehmen müssten das längst gemerkt haben.
Dohmen: Das ist richtig, wobei wir noch so ein wenig das vorherrschende Ziel oder die vorherrschende Idee haben, dass die Individuen sich doch bitte vorrangig darum zu kümmern haben. Es gibt den Versuch auch von Unternehmensseite, das doch eher abzudrücken, und der eigentliche Teil, den das Unternehmen zu verantworten hat, wird doch insbesondere bei den börsennotierten Unternehmen stark als Kostenfaktor gesehen und kurzfristig Kostensenkung, sprich im Zweifel Reduktion der Weiterbildungsmöglichkeiten, ist von der Börse immer sehr stark honoriert worden. Also insofern besteht aufseiten der Unternehmen ein erheblicher Bedarf. Es besteht aber auch ein Bedarf bei denjenigen, die arbeitslos sind oder die gering qualifiziert sind. Hier sehe ich eigentlich noch die allergrößte Zielgruppe, um diese Menschen quasi fit für die Zukunft zu machen, wenn wir im demographischen Wandel das Problem haben werden, Fach- und Führungskräfte zu finden.
Burgwinkel: Herzlichen Dank für die Erläuterungen. Dr. Dieter Dohmen vom Institut für Bildung und Sozialökonomie in Berlin. Mehr Weiterbildung in Deutschland: Am Freitag, den 15. Juni, wird genau das gefordert. Es wird vielerorts Informationen und Aktionen geben zum 1. Deutschen Weiterbildungstag. Einen Überblick gibt es dann auch bei uns in Campus & Karriere.
Dieter Dohmen: Das Konzept hat drei Eckpunkte. Der erste Punkt ist, dass diejenigen, die nach dem Vermögensbildungsgesetz gespart haben, vor Ablauf der Sperrfrist von sieben Jahren Angespartes entnehmen können und dies auch unschädlich ist für die Zulage. Die zweite Komponente besteht aus der Möglichkeit, eventuell über die KfW oder eine der vergleichbaren Landesbanken ein Weiterbildungskredit aufzunehmen. Und die dritte Komponente ist, dass die Weiterbildungsprämie von bis zu 154 Euro, sofern sich der Weiterbildungsteilnehmer mit der gleichen Summe an den Weiterbildungskosten beteiligt.
Burgwinkel: Das hat ja so ein bisschen was von Bausparen, oder?
Dohmen: Ja und nein. Also das Bausparen würde ja bedeuten, ich spare im Vorfeld an, ich lege jeden Monat 50 Euro zurück, weil ich vielleicht in einem Jahr oder in zwei mal Weiterbildung machen will. Das würde nach unserer Auffassung nicht wirklich funktionieren. Deswegen haben wir gesagt, wir öffnen im Prinzip das Vermögensbildungsgesetz und erlauben, dass diejenigen, die angespart haben, daraus vorzeitig entnehmen können.
Burgwinkel: Was kann denn der einzelne Weiterbildungswillige erwarten? Können Sie ein konkretes Beispiel vielleicht mal nennen?
Dohmen: Nehmen wir einfach das Beispiel von jemandem, der eine Weiterbildung für 300 Euro macht, vielleicht um einen kleinen Computerkurs zu machen oder einen beruflich relevanten Sprachkurs. Kosten sagen wir 300 Euro. Die ersten 300 Euro müssen im Prinzip selbst - 30 Euro, nicht 300, Entschuldigung - müssen selbst finanziert werden, die verbleibenden 270 Euro kann zur Hälfte über die Prämie und zur Hälfte noch mal selbst finanziert werden, würde in dem Fall beispielsweise bedeuten, dass 165 Euro selbst finanziert werden und 135 über die Weiterbildungsprämie. Man könnte jetzt auch sagen, die 165 Euro, die selbst finanziert werden, können zum Beispiel auch aus dem Vermögensbildungsgesetz bzw. dem Angesparten entnommen werden.
Burgwinkel: Wer soll denn dann die Organisation dieses ganzen Projektes übernehmen? Das scheint ja ziemlich kompliziert zu sein.
Dohmen: Es hört sich eigentlich komplizierter an, als es ist. Auf der anderen Seite wären uns leichtere Lösungen auch lieber gewesen, aber das ist nicht so einfach. Wer es letztlich organisiert, ist noch nicht abschließend geklärt. Überlegt wird, dass es eine Beratung geben soll im Vorfeld, um zu sehen, ist die Maßnahme geeignet für die berufliche Zukunft und für die persönlichen Interessen. Und dann könnte man es auch über diese Beratungseinrichtungen, die zum Beispiel über die Kammern laufen könnten, abwickeln.
Burgwinkel: Ja, der große Markt der Weiterbildung wird sich wahrscheinlich neu strukturieren müssen. Das ist ein Markt, in dem sehr viel Geld drin steckt.
Dohmen: Das ist richtig, wobei das jetzt unabhängig von dem Weiterbildungssparen geschehen müsste. Wir haben das Problem, dass die Weiterbildungsbeteiligung insgesamt vergleichsweise gering ist. Also als Beispiel: Ein Arbeitnehmer in Deutschland hat pro Jahr über seine 40-jährige Erwerbstätigkeit zehn Stunden Weiterbildung pro Jahr im Durchschnitt, ein Finne hat mehr als Doppelte. Und insoweit besteht hier ein erheblicher Nachholbedarf und fordert eigentlich alle drei Beteiligten. Das heißt, die Individuen müssen sicherlich was tun, dazu ist, denke ich, das Modell, das wir entwickelt haben, ein guter Anreiz. Der Staat müsste was tun. Hier ist das, was wir vorgeschlagen haben, sicherlich ein erster Schritt. Ich glaube, dass weitere folgen sollten. Und zu guter Letzt sind auch die Unternehmen gefordert, die sich bisher doch relativ stark auf die Führungskräfte konzentrieren und viele Zielgruppen etwas vernachlässigen.
Burgwinkel: Die wichtigste Zielgruppe sind ganz normale Menschen, die man animieren möchte, sich zeit ihres Lebens weiterzubilden, weil man wohl festgestellt hat, dass es ohne gar nicht geht. Auch die Unternehmen müssten das längst gemerkt haben.
Dohmen: Das ist richtig, wobei wir noch so ein wenig das vorherrschende Ziel oder die vorherrschende Idee haben, dass die Individuen sich doch bitte vorrangig darum zu kümmern haben. Es gibt den Versuch auch von Unternehmensseite, das doch eher abzudrücken, und der eigentliche Teil, den das Unternehmen zu verantworten hat, wird doch insbesondere bei den börsennotierten Unternehmen stark als Kostenfaktor gesehen und kurzfristig Kostensenkung, sprich im Zweifel Reduktion der Weiterbildungsmöglichkeiten, ist von der Börse immer sehr stark honoriert worden. Also insofern besteht aufseiten der Unternehmen ein erheblicher Bedarf. Es besteht aber auch ein Bedarf bei denjenigen, die arbeitslos sind oder die gering qualifiziert sind. Hier sehe ich eigentlich noch die allergrößte Zielgruppe, um diese Menschen quasi fit für die Zukunft zu machen, wenn wir im demographischen Wandel das Problem haben werden, Fach- und Führungskräfte zu finden.
Burgwinkel: Herzlichen Dank für die Erläuterungen. Dr. Dieter Dohmen vom Institut für Bildung und Sozialökonomie in Berlin. Mehr Weiterbildung in Deutschland: Am Freitag, den 15. Juni, wird genau das gefordert. Es wird vielerorts Informationen und Aktionen geben zum 1. Deutschen Weiterbildungstag. Einen Überblick gibt es dann auch bei uns in Campus & Karriere.