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Zuviel der identitätsstiftenden Symbolik

Robert Indiana ist vor allem für seinen LOVE-Schriftzug bekannt. Dabei gilt er neben Roy Liechtenstein und Claes Oldenburg als einer der führenden Vertreter der amerikanischen Pop-Art. Das Whitney Museum zeigt eine umfassende Retrospektive seines Werkes, in dem er immer wieder die amerikanische Natur betonte.

Von Sacha Verna | 03.10.2013
    Einmal James Bond, immer James Bond. Wie ein Schauspieler, der einmal als britischer Superagent die Welt gerettet hat, wird Robert Indiana bis an sein Lebensende für das Wort LOVE - Liebe - in Würfelform stehen. 1966 verwendete der amerikanische Künstler den Schriftzug mit dem fliehenden O zum ersten Mal in einem Gedicht. Daraus wurde das Sujet einer Weihnachtskarte für das Museum of Modern Art. Es folgten LOVE-Briefmarken, LOVE-Siebdrucke und -Skulpturen, und inzwischen findet man Indianas LOVE auf Duschvorhängen in Taipeh.

    Dass der heute 88-Jährige in den vergangenen fünf Jahrzehnten mehr geschaffen hat als ein Liebeslogo für die Massen, sollen nun die 80 Werke in der Retrospektive zeigen, die Barbara Haskell für das Whitney Museum organisiert hat:

    "Er arbeitet mit Nummern und Worten, die uns im Alltag umgeben. Faszinierend sind die verschiedenen konzeptuellen Ebenen, die sich hinter der schieren visuellen Kraft seines Werkes verbergen. Es handelt von den elementaren Aspekten der menschlichen Existenz. Vom Überleben, von Sünde und Vergebung, von Rassismus und sozialer Gerechtigkeit. All diese Themen spricht sein Werk an."

    Die Ausstellung besteht hauptsächlich aus Bildern und jenen Figuren, die Robert Indiana Hermen nennt, nach den Pfeilerschaften, mit denen die Griechen und Römer einst Kreuzungen und Grenzen markierten. Dafür verwendet Indiana alte Holzplatten, die er mit noch älteren Rädern und mit denselben für ihn typischen Nummern und Worten versieht wie seine großformatigen Leinwände: dreiunddreißig, vierundvierzig, sechsundsechzig - die Nummern berühmter amerikanischer Highways. Eat, die, essen, sterben. Die Typografie entspricht der von Werbeschildern von anno dazumal, und satte Primärfarben überwiegen.

    Robert Indiana gelte zu Recht als einer der führenden Vertreter der amerikanischen Pop-Art, sagt Barbara Haskell, und doch unterscheide er sich von seinen früheren Weggefährten Andy Warhol, Roy Liechtenstein oder Claes Oldenburg:

    Indianas Vorstellung von der unauflösbaren Verbindung zwischen Worten und visueller Komposition habe zahlreiche jüngere Künstler geprägt:

    Leute wie Glenn Ligon, Jenny, Holzer, Barbara Kruger, Bruce Nauman, Mel Bochner, - solche Spuren hat kein anderer Popkünstler hinterlassen.

    Robert Indiana hat immer wieder die amerikanische Natur seines Werkes betont. Er malt Marilyn Monroe hier, zitiert Walt Whitman da und garniert mit dem fünfzackigen Stern fast alles. Dumm ist nur, dass die identitätsstiftende Symbolik statt zur Selbstreflexion zum Überdruss führt. Nach Bild um Bild und Herme um Herme vom immer Gleichen in milder Variation hat man genug und doch zu wenig. Auch ein Big Mac sieht nach ungeheuer viel aus und enthält vor allem leere Kalorien.

    Whitney Museum New York: "Robert Indiana: LOVE and Beyond". Bis 5. Januar 2014.