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ZVS am Ende?

Seit 1973 gibt es die sogenannte Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen - kurz: ZVS. Wer ein schlechtes Abitur hat, der muss ein paar Semester warten, um z.B sein Medizinstudium beginnen zu können. Und er muss sich damit zufrieden geben, wenn ihn die ZVS an einen Studienort schickt, zu dem man nicht wollte. In letzter Zeit wurde die ZVS immer wieder von einigen Politikern in Frage gestellt.

    Politische Attacken gegen die ZVS hin oder her. Die Mitarbeiter der Behörde stehen derzeit vor allem aus einem anderen Grund unter Stress: Am kommenden Mittwoch ist Stichtag für das Sommersemester 2003. In dieser Bewerbungsrunde ändert sich jedoch nichts, berichtet der Sprecher der ZVS, Bernhard Scheer.

    Ob sich zum nächsten Wintersemester etwas ändert, werden die Länder beschließen. Im Laufe des Februars werden die Entscheidungen fallen. Das sind Änderungen die sich auf die Fächer beziehen, die die ZVS zu vergeben hat. Aktuell ist da nichts im Schwange.

    Bald jedoch kommt ANTON. Anton soll es den angehenden Studierenden erleichtern, das doch recht komplizierte Antragsformular auszufüllen. Anton ist jedoch kein freundlicher Sachbearbeiter, der sich beim Vornamen rufen lässt, sondern ein Computerprogramm namens ANTRAG ONLINE, das ins Internet gestellt werden soll.

    ANTON sieht vor, dass der Bewerber nur die Information wirklich eingespielt bekommt, die er für seinen konkreten Antrag braucht. Wenn er gerade erst Abitur gemacht hat, dann muss er gar keine Angaben machen über eventuell absolvierte Berufsausbildungen, über abgeleistete Dienste wie Bundeswehr oder Zivildienst. Viele andere Dinge brauchen wir von ihm dann gar nicht mehr abfragen. D.h. für den Bewerber: Er muss sehr viel weniger Text lesen, er bekommt sehr viel zielgenauer die Information, die für seine Wünsche gerade maßgeblich sind.

    Das Programm ist eine Weiterentwicklung der Online-Bewerbung, die schon jetzt auf der Homepage der ZVS abgerufen werden kann. Also: Business as usual bei der ZVS. Fortentwicklung des Service für die angehenden Studierenden - allen politischen Attacken gegen die ZVS zum Trotz: Baden-Würtemberg, Sachsen und Hamburg wollen sie abschaffen. Auch Niedersachsen, Bayern, Hessen und das Saarland zweifeln immer lauter am Sinn und Zweck der Behörde. Und die FDP hält sie gar für ein Symbol des staatlichen Bildungsdirigismus. Der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen bläst eisiger Wind entgegen. Das Aus für die ZVS, so könnte man zahlreiche Presseberichte in den letzten Monaten deuten, steht kurz bevor. So einfach geht das aber nicht, erklärt der Leiter der ZVS, Dr. Ulf Bade:

    Die ZVS ist eine länderfinanzierte Einrichtung von allen 16 Bundesländern. D.h, ihre Organisation gründet sich auf einen Staatsvertrag, der Länder. Dieser Staatsvertrag kann frühestens Ende 2005 aufgelöst werden, die Kündigung kann frühestens mit einer Frist von zwei Jahren erklärt werden.

    Dennoch - der Vertrag könnte Ende dieses Jahres gekündigt werden. Behördenchef Bade wertet den Ruf einiger Länder nach Abschaffung der ZVS allerdings als Aufförderung, die zentrale Studienplatzvergabe neu zu organisieren. Die Länder pochen vor allem darauf, in Hochschulfragen mehr Autonomie eingeräumt zu bekommen. Die Hochschulen können schon jetzt zum Teil selber entscheiden, welche Studienplatzbewerber sie aufnehmen wollen. 90 Prozent der Universitäten nutzen diese Möglichkeit jedoch überhaupt nicht. Eine komplette Abschaffung der ZVS hätte zudem zur Folge, dass sich die Bewerber eigenständig bei den Hochschulen bewerben müssten. Die Nachteile liegen für Ulf Bade auf der Hand. Nämlich...

    ... dass sich höchst vorsorglich jeder Abiturient an jeder für ihn irgendwie in Betracht kommenden Hochschule bewirbt. Die sehr guten Leute werden sehr viele - zumindestens mehrere Zulassungen bekommen, die weniger guten gar keine. Jeder der Zugelassenen kann aber nur eine Zulassung realisieren. Es bleiben viele Plätze frei. Das ist wenig zweckmäßig, vor allem lassen sich die Studienplätze dadurch nicht zeitnah besetzen.

    Welche Regelungen durch die mögliche Kündigung des ZVS-Staatsvertrages eingeführt werden würden - ist unklar. Einstweilen wird es jedoch weitergehen. Zwei Mal pro Jahr müssen sich die Anwärter darauf einstellen, ihre Unterlagen am festgelegten Stichtag bis 24 Uhr einzureichen. Alle halbe Jahre spielen sich deshalb Dramen ab, weil kurz nach Mittemacht Bewerber an der Tür der ZVS in Dortmund rütteln und betteln, ihren Antrag doch noch und ausnahmsweise anzunehmen. ZVS-Sprecher Bernhard Scheer wird versuchen, die zu spät gekommenen versuchen zu beruhigen.

    Dass das vielleicht im ersten Moment der Erregung nicht immer gelingt will ich gerne zugestehen, aber ich hoffe, so im Laufe der Stunden danach, wenn sich die Erregung ein wenig gelegt hat, dass dann auch das Verständnis für unsere - in Anführungsstrichen - harte, ich sag immer, faire Haltung dann Platz greift.

    (Autor: Kai Toss)

    Links zum Thema:

    Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen

    Campus & Karriere berichtete am 9.12.2002 über das Partei- und länderübergreifende Bündnis gegen die ZVS