Zwei junge Agrarwissenschaftler aus Thüringen und aus Sachsen hat es durch Zufall nun gerade in dieses Land verschlagen. Und sie gründeten - unterstützt unter anderem von der Robert-Bosch-Stiftung - in einer Kleinstadt in Siebenbürgen ein Bildungszentrum für Ökologie und Landbau. Warum sie das getan haben und was sie sich davon erhoffen - Thomas Wagner hat die beiden Landwirte in Rumänien besucht.
Wer Susanne und Martin Klemm in dem kleinen rumänischen Städtchen Freck besucht, findet statt einer elektrischen Klingel eine riesengroße Glocke über dem Eingang, die die Besucher mit einem Seil betätigen. Und auch sonst scheint in dem Wirtschaftsgebäude eines heruntergekommenen über 200 Jahre alten Schlosses, der einstigen Sommerresidenz des siebenbürgischen Provinzgouverneurs Samuel von Brukenthal, die Zeit stehen geblieben zu sein - ein Kachelofen verbreitet heimelige Wärme, Küche, Schlaf- und Aufenthaltsräume sehen aus wie zu Urgroßmutters Zeiten. Das einzige Moderne sind Telefon und elektrisches Licht. Seit September vergangenen Jahres wohnen die Klemms hier - ein ungewöhnlicher Aufenthaltsort für zwei junge Agrarfachleute aus Deutschland, denen eine ebenso ungewöhnliche Beobachtung bei einer vorangegangenen Rumänienreise vorausging. Martin Klemm erinnert sich noch genau an jenes bizarre Bild, als ein Taxi an einem Feld wartete, während ein Traktor zum Pflügen auf- und abfuhr.
Es ist also, dass viele, die ihr Land zurückgekriegt haben nach der Wende, jetzt das landwirtschaftliche Wissen nicht haben und kommen dann dazu, dass sie Lohnunternehmer anstellen. Um diese aber bezahlen zu können, fahren sie dann halt Taxi und haben aber eigentlich gar nicht die richtige Zeit, sich um die Landwirtschaft zu kümmern.
Es fehlt an Zeit, es fehlt aber auch an den notwendigen Kenntnissen - kein Wunder: Denn nach der Wende in Rumänien vor 13 Jahren wurde ein Teil des einst von den Kommunisten verstaatlichten Grundbesitzes wieder zurückgegeben - an die Kinder und Enkel der früheren Eigentümer. Die frischgebackenen Grundbesitzer wussten, weil die Zeit ihres Lebens nichts mit der Landwirtschaft am Hut hatten, kaum etwas mit den Feldern anzufangen. Hinzu kommt: Die Flächen, die die Regierung rückübereignet hat,, durften Kraft Gesetz nicht größer als fünf Hektar sein. Für einen effektiven Landbau ist das eigentlich zu wenig - alles in allem keine guten Vorzeichen für einen modernen Strukturwandel der rumänischen Landwirtschaft.
Dem möchten Susanne und Martin Klemm entgegenwirken. In ihrem "Bildungszentrum für Ökologie und Landbau" wollen sie den rumänischen Bauern auf die Sprünge helfen: Im ehemaligen Schlosspark entstehen Versuchsfelder, in den Wirtschaftsgebäuden Vorzeige-Stallungen.
Wir versuchen auch wirklich, Tiergesundheit reinzubringen in den Ställen, also dass man die Ställe nicht zustopft im Winter zum Beispiel; die Tiere können nicht mehr laufen, sondern dass man auch auf Freilauf geht, und dass man auch einen großen Luftaustausch hat, dass man die Keime einfach aus dem Stall ‘rausbringt. Und da sind die Leute zwar skeptisch, aber auf alle Fälle neugierig. Sie warten jetzt auf ein Ergebnis. Und das müssen wir jetzt einfach bringen, sonst kann man keine Schulungen machen. Ohne praktische Unterweisungen sozusagen und die Bestätigung, dass es funktioniert, werden diese Bauern nicht das Risiko auf sich nehmen und irgendwie etwas in ihrem Betriebsablauf ändern.
Ändern muss sich aber viel, um die rumänische Landwirtschaft fit zu machen für einen bevorstehenden EU-Beitritt. Wenn Martin Klemm in die Ställe der rumänischen Bauern kommt, fällt ihm dabei so einiges ein:
Man stiert sozusagen nach der chemischen Keule und ist sich gar nicht bewusst dessen, was man selbst sozusagen im Stall schon an wertvollen Sachen hat. Wir haben gesehen, dass Charutzen-Ladungen von Mist einfach auf der Mülldeponie neben der weggeworfenen Coladose gelandet sind, dass Schweinejauche kübelweise in die Bäche gekippt wird. Man will’s einfach loshaben und sagt dann auch: Wir können keine richtige Landwirtschaft machen, weil uns fehlt das Geld für den Kunstdünger. Das Bewusstsein einfach wieder zu wecken, aber auch den richtigen Umgang mit Kompostzierung und wie ich dann sozusagen den Stickstoff-Kreislauf ‘raushalte, das ist einfach wichtig.
Kosten sparen und dabei gleichzeitig die Landwirtschaft effizienter organisieren - Beispiele dafür kennt Martin Klemm genügend. Dass sich die Klemms dafür entschlossen haben, den rumänischen Bauern auch noch die Grundzüge des ökologischen Landbaus beizubringen, hat nicht nur mit ihren eigenen persönlichen Neigungen zu tun. Vielmehr, so ihre Überzeugung, passt gerade der Öko-Landbau besser als jedes andere Konzept auf die kleinparzellige Agrarstruktur in Rumänien. Susanne Klemm:
Also was halt in Rumänien sofort auffällt, wenn man durchfährt, dass halt die Felder noch Handtuch-Felder sind, nebeneinander verschiedene Kulturen angebaut sind und nicht ein riesiges Feld mit 100 Hektar. Und das ist für den Pflanzenschutz sehr, sehr vorteilhaft, weil sich Schädlinge nicht so massenhaft ausbreiten können. Das nächste ist, wo es sich gut eignet, dass wir halt in den Studien gelesen haben, dass die Flächenerträge und auch die Milchleistung der Tiere noch relativ gering ist, und dass durch eine Verbesserung im Futter und so weiter gerade hier sehr viel Steigerungsmöglichkeit noch ist.
Gleichwohl besteht die Gefahr, dass so mancher rumänische Bauer erst einmal zurückhaltend reagiert, wenn er seinen Betrieb nicht nur effizient, sondern gleich auch noch ökologisch ausrichten soll - ein Attribut, das in Rumänien längst noch nicht den Stellenwert geniest wie in Westeuropa. Aber, so Martin Klemm:
Wir scheiten nicht mit dem Schild ‘Öko-Landbau’ vorneweg, sondern wir zeigen ihnen, wie man’s denn machen kann. Und wenn sie dann fragen, dann sagen wir halt: Ja, das nennt sich in Deutschland Öko-Landbau. Sie sind sehr aufgeschlossen demgegenüber. Jedoch: Wir sind erst seit September hier - und sie warten auf Ergebnisse !
Bis die allerdings zutage treten, braucht es Zeit - und das auf dem flachen Land in Rumänien, wo die Zeit ohnehin stehen geblieben zu sein scheint. Fünf Jahre lang wollen die Klemms in Freck bleiben. Dann, so ihr Ziel, sollen die Bauern, die sie betreuen, fit sein für den anstehenden EU-Beitritt. Wenn bis in fünf Jahren kein Landwirt mehr Taxi fahren muss, um den pflügenden Lohnunternehmer zu finanzieren, wäre schon viel erreicht.
Wer Susanne und Martin Klemm in dem kleinen rumänischen Städtchen Freck besucht, findet statt einer elektrischen Klingel eine riesengroße Glocke über dem Eingang, die die Besucher mit einem Seil betätigen. Und auch sonst scheint in dem Wirtschaftsgebäude eines heruntergekommenen über 200 Jahre alten Schlosses, der einstigen Sommerresidenz des siebenbürgischen Provinzgouverneurs Samuel von Brukenthal, die Zeit stehen geblieben zu sein - ein Kachelofen verbreitet heimelige Wärme, Küche, Schlaf- und Aufenthaltsräume sehen aus wie zu Urgroßmutters Zeiten. Das einzige Moderne sind Telefon und elektrisches Licht. Seit September vergangenen Jahres wohnen die Klemms hier - ein ungewöhnlicher Aufenthaltsort für zwei junge Agrarfachleute aus Deutschland, denen eine ebenso ungewöhnliche Beobachtung bei einer vorangegangenen Rumänienreise vorausging. Martin Klemm erinnert sich noch genau an jenes bizarre Bild, als ein Taxi an einem Feld wartete, während ein Traktor zum Pflügen auf- und abfuhr.
Es ist also, dass viele, die ihr Land zurückgekriegt haben nach der Wende, jetzt das landwirtschaftliche Wissen nicht haben und kommen dann dazu, dass sie Lohnunternehmer anstellen. Um diese aber bezahlen zu können, fahren sie dann halt Taxi und haben aber eigentlich gar nicht die richtige Zeit, sich um die Landwirtschaft zu kümmern.
Es fehlt an Zeit, es fehlt aber auch an den notwendigen Kenntnissen - kein Wunder: Denn nach der Wende in Rumänien vor 13 Jahren wurde ein Teil des einst von den Kommunisten verstaatlichten Grundbesitzes wieder zurückgegeben - an die Kinder und Enkel der früheren Eigentümer. Die frischgebackenen Grundbesitzer wussten, weil die Zeit ihres Lebens nichts mit der Landwirtschaft am Hut hatten, kaum etwas mit den Feldern anzufangen. Hinzu kommt: Die Flächen, die die Regierung rückübereignet hat,, durften Kraft Gesetz nicht größer als fünf Hektar sein. Für einen effektiven Landbau ist das eigentlich zu wenig - alles in allem keine guten Vorzeichen für einen modernen Strukturwandel der rumänischen Landwirtschaft.
Dem möchten Susanne und Martin Klemm entgegenwirken. In ihrem "Bildungszentrum für Ökologie und Landbau" wollen sie den rumänischen Bauern auf die Sprünge helfen: Im ehemaligen Schlosspark entstehen Versuchsfelder, in den Wirtschaftsgebäuden Vorzeige-Stallungen.
Wir versuchen auch wirklich, Tiergesundheit reinzubringen in den Ställen, also dass man die Ställe nicht zustopft im Winter zum Beispiel; die Tiere können nicht mehr laufen, sondern dass man auch auf Freilauf geht, und dass man auch einen großen Luftaustausch hat, dass man die Keime einfach aus dem Stall ‘rausbringt. Und da sind die Leute zwar skeptisch, aber auf alle Fälle neugierig. Sie warten jetzt auf ein Ergebnis. Und das müssen wir jetzt einfach bringen, sonst kann man keine Schulungen machen. Ohne praktische Unterweisungen sozusagen und die Bestätigung, dass es funktioniert, werden diese Bauern nicht das Risiko auf sich nehmen und irgendwie etwas in ihrem Betriebsablauf ändern.
Ändern muss sich aber viel, um die rumänische Landwirtschaft fit zu machen für einen bevorstehenden EU-Beitritt. Wenn Martin Klemm in die Ställe der rumänischen Bauern kommt, fällt ihm dabei so einiges ein:
Man stiert sozusagen nach der chemischen Keule und ist sich gar nicht bewusst dessen, was man selbst sozusagen im Stall schon an wertvollen Sachen hat. Wir haben gesehen, dass Charutzen-Ladungen von Mist einfach auf der Mülldeponie neben der weggeworfenen Coladose gelandet sind, dass Schweinejauche kübelweise in die Bäche gekippt wird. Man will’s einfach loshaben und sagt dann auch: Wir können keine richtige Landwirtschaft machen, weil uns fehlt das Geld für den Kunstdünger. Das Bewusstsein einfach wieder zu wecken, aber auch den richtigen Umgang mit Kompostzierung und wie ich dann sozusagen den Stickstoff-Kreislauf ‘raushalte, das ist einfach wichtig.
Kosten sparen und dabei gleichzeitig die Landwirtschaft effizienter organisieren - Beispiele dafür kennt Martin Klemm genügend. Dass sich die Klemms dafür entschlossen haben, den rumänischen Bauern auch noch die Grundzüge des ökologischen Landbaus beizubringen, hat nicht nur mit ihren eigenen persönlichen Neigungen zu tun. Vielmehr, so ihre Überzeugung, passt gerade der Öko-Landbau besser als jedes andere Konzept auf die kleinparzellige Agrarstruktur in Rumänien. Susanne Klemm:
Also was halt in Rumänien sofort auffällt, wenn man durchfährt, dass halt die Felder noch Handtuch-Felder sind, nebeneinander verschiedene Kulturen angebaut sind und nicht ein riesiges Feld mit 100 Hektar. Und das ist für den Pflanzenschutz sehr, sehr vorteilhaft, weil sich Schädlinge nicht so massenhaft ausbreiten können. Das nächste ist, wo es sich gut eignet, dass wir halt in den Studien gelesen haben, dass die Flächenerträge und auch die Milchleistung der Tiere noch relativ gering ist, und dass durch eine Verbesserung im Futter und so weiter gerade hier sehr viel Steigerungsmöglichkeit noch ist.
Gleichwohl besteht die Gefahr, dass so mancher rumänische Bauer erst einmal zurückhaltend reagiert, wenn er seinen Betrieb nicht nur effizient, sondern gleich auch noch ökologisch ausrichten soll - ein Attribut, das in Rumänien längst noch nicht den Stellenwert geniest wie in Westeuropa. Aber, so Martin Klemm:
Wir scheiten nicht mit dem Schild ‘Öko-Landbau’ vorneweg, sondern wir zeigen ihnen, wie man’s denn machen kann. Und wenn sie dann fragen, dann sagen wir halt: Ja, das nennt sich in Deutschland Öko-Landbau. Sie sind sehr aufgeschlossen demgegenüber. Jedoch: Wir sind erst seit September hier - und sie warten auf Ergebnisse !
Bis die allerdings zutage treten, braucht es Zeit - und das auf dem flachen Land in Rumänien, wo die Zeit ohnehin stehen geblieben zu sein scheint. Fünf Jahre lang wollen die Klemms in Freck bleiben. Dann, so ihr Ziel, sollen die Bauern, die sie betreuen, fit sein für den anstehenden EU-Beitritt. Wenn bis in fünf Jahren kein Landwirt mehr Taxi fahren muss, um den pflügenden Lohnunternehmer zu finanzieren, wäre schon viel erreicht.