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Zwei Grad mehr in Deutschland

Beim Klimawandel ist nichts einfach. Wissenschaftler lieferten in den letzten Jahren immer mehr und bessere Daten, und dennoch ist die Klimafrage für die Gesellschaft zur Glaubenssache geworden. Dieses Taschenbuch wagt einen Balanceakt zwischen Information und Überzeugung. Insgesamt 19 Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen haben sich zusammengetan, Fakten gesammelt und geben persönliche Einschätzungen ab.

Rezension: Michael Lange | 07.07.2013
    Wenn es in Deutschland in den nächsten 20 bis 30 Jahren zwei Grad wärmer wird, heißt das nicht, dass die Temperatur allgemein um zwei Grad ansteigt. Verschiedene in Supercomputern errechnete Klimasimulationen sagen stattdessen eine regional höchst unterschiedliche Entwicklung voraus. In einigen Gebieten steigt aufgrund zunehmender Trockenheit die Waldbrandgefahr, andere Regionen sind gehäuft Unwettern ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund erscheint die auch in diesem Buch geäußerte Aussage, dass Extremwetterereignisse in Zukunft gehäuft auftreten, als vereinfacht.

    Einige der 19 Forscher halten sich mit allgemeinen Prognosen zurück. Sie präsentieren Daten, vergleichen und relativieren. Dabei stellen sie nicht den vom Menschen verursachten Klimawandel in Frage, sondern machen deutlich, wie schwierig es ist, seine Auswirkungen korrekt vorherzusagen und entsprechend zu reagieren. Deutlich wird: Die Folgen des Klimawandels werden in vielen Bereichen spürbar sein: in der Industrie, im Verkehrs- und Gesundheitswesen, in der Forst- und Landwirtschaft und im Leben jedes einzelnen Menschen.

    Zum Ende des Buches üben sich zwei Autoren in Spekulation. Sie zeigen zukünftige Entwicklungen auf, benennen konkrete Auswirkungen des Klimawandels und spielen verschiedene Zukunftsszenarien durch. Ihren Fokus legen sie dabei auf Ideen des Zusammenlebens, die die Folgen des Klimawandels erträglicher gestalten können. Die sehr unterschiedliche Herangehensweise der Autoren in den einzelnen Kapiteln macht dieses Buch besonders abwechslungsreich. Allerdings kommt es dadurch immer wieder zu Widersprüchen zwischen den einzelnen Kapiteln.

    Die Sprache der Fachleute ist meist eher sachlich. Immer wieder häufen sich Begriffe aus Wissenschaft, Politik oder Verwaltung. So ist ein Taschenbuch entstanden, das nicht immer leicht lesbar ist, aber Interessierten zahlreiche Detailinformationen liefert. Es ist geeignet, um sich mit Daten zu versorgen und sich anschließend ein eigenes Bild zu machen.

    Friedrich Wilhelm Gerstengarbe/Harald Welzer (Hrsg.): Zwei Grad mehr in Deutschland. Wie der Klimawandel unseren Alltag verändern wird
    ISBN: 978-3-596-18910-6
    Fischer Taschenbuch, 320 Seiten, 12,99 Euro