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Zweitakter statt Brennstoffzelle

Ingenieurwissenschaften. - Lautlos und abgaslos gleiten die Autos der Zukunft durch unsere Straßen. Die Brennstoffzelle macht es möglich. Und eigentlich sollten die Null-Emissionsfahrzeuge längst über unsere Straßen rollen - doch verhindern diverse Kinderkrankheiten der neuen Technik, dass die Autos in Serie rollen. Hauptsorgenkind der Techniker ist der Wasserstoff - der auf minus 253 Grad Celsius gekühlt werden muss, um ausreichende Mengen an Bord zu laden. Doch vielleicht wird sich die Brennstoffzelle in ein paar Jahren als Irrweg der automobilen Evolution erweisen, wenn eine Idee aus Sachsen sich durchsetzt. Aus Zwickau - der Wiege des Trabants- kommt die Idee, statt einer Brennstoffzelle einen Zweitaktmotor zu nehmen.

    Von Hartmut Schade

    Wofür brauche ich eigentlich die Brennstoffzelle an Bord eines Autos, fragte sich Professor Cornel Stan von der westsächsischen Hochschule Zwickau. Die Antwort ist klar: Sie produziert den Strom für den Elektromotor, der das Auto antreibt. Das kann ein Verbrennungsmotor besser, meint der Lehrstuhlinhaber für Thermodynamik und alternative Antriebe

    Der Verbrennungsmotor ist effizienter, wenn er nur das, was die Brennstoffzelle macht, auch machen soll: nämlich Strom produzieren in einem mehr oder weniger stationären Betrieb

    Wenn der Motor nur noch die Lichtmaschine antreibt, statt 1000 Kilo Blech in Schwung zu bringen, kann er radikal abgespeckt werden. Lichtmaschinen arbeiten am effektivsten bei konstanter Drehzahl. Das erlaubt den Ingenieuren, den Motor perfekt auf diese Drehzahl abzustimmen. All die Probleme mit unterschiedlichen Ventilöffnungszeiten bei halber und Volllast, von Einspritzmengen und idealem Zündzeitpunkt, mit denen die Motorenbauer bei gewöhnlichen Verbrennungsmotoren kämpfen, fallen nun weg.

    Bleibt die Frage: warum muss es ein Zweitakter sein, der Strom im Auto erzeugt? Cornel Stans Antwort: Nur ein Zweitaktmotor kann die knallharten Vorgaben der Autobauer erfüllen:

    Er darf kein Gewicht, kein Volumen haben und vor allem nichts kosten. Der Zweitaktmotor ist nun mal billiger.

    Wer bei Zweitaktmotor an den stinkenden und lauten Trabbi denkt, liegt vollkommen falsch. Der Zweitakter, den die Zwickauer verwenden, ist ein Hightech-Motor mit Benzindirekteinspritzung.

    Die gesamte Spülung, bei der früher beim Trabant die Fahne dahinter kam, erfolgt jetzt nur noch mit Luft. Das heißt, was hinten rauskommt, ist Luft und der Kraftstoff kommt nur während der Kompression, das heißt nachdem alle Kanäle zu sind. Der Kraftstoff wird in diesem Verfahren sehr effizient eingespritzt. Das heißt, der Motor kommt auf Wirkungsgrade und auf Emissionen, die durchaus in jeder Beziehung mit den Werten eines Viertaktmotors konkurrieren können.

    Den Zweitaktmotor baute Cornel Stan in einen serienmäßigen Elektro-Citroen-Saxo ein. Trotz eines winzigen 15 Liter-Tanks kurvte er mit ihm eine ganze Woche durch den Pariser Stadtverkehr, ehe er wieder an die Tankstelle musste. Traumhafte zweieinhalb Liter im Stadtverkehr ergaben die Messungen, dazu kommen lediglich 60 Gramm Kohlendioxid, die aus dem Auspuff entweichen. Ein moderner Viertaktmotor spuckt das Dreifache aus. Möglich sind diese Werte, weil der schuhkartongroße Motor unter dem Rücksitz des Saxo nur dann anspringt, wenn die Spannung der Batterie sinkt oder der Elektromotor viel Leistung fordert - beim Anfahren, Überholen oder Bergauffahren etwa.

    Das Auto mit Elektroantrieb und einem kleinen effizienten Verbrennungsmotor als Stromlieferant an Bord ist indes für Cornel Stan nur ein erster Schritt. Zukünftig will er ganz auf fossile Brennstoffe verzichten.

    Meine Vision wäre ein Kompaktwagen mit Elektroantrieb, mit einem Verbrennungsmotor mit Benzindirekteinspritzung, der nicht fossile Brennstoffe braucht, sondern regenerative Brennstoffe wie Methanol oder Äthanol - Brennstoff, den man an Ort und Stelle produziert, ob das Zuckerrohr in Brasilien ist oder Reis in China.

    Wenn regenerative Brennstoffe im Tank sind, verliert die Brennstoffzelle den Vorteil, mit einer unerschöpflichen Ressource zu arbeiten. Die nutzt dann auch der Verbrennungsmotor. Und die Zwickauer arbeiten mit Komponenten, die alle schon auf dem Markt sind. Zweitaktmotor statt Brennstoffzelle ist für Cornel Stan die Antwort von morgen auf die automobilen Herausforderungen von heute. Die Brennstoffzelle ist - vielleicht - die Antwort von übermorgen.