Es ist ihre Geschichte, und deshalb begibt sich Emilia zu Beginn vor den eisernen Vorhang, um an ihn mit weißer Farbe "Ich-Emilia" zu pinseln. Diese Emilia Galotti wird von Melanie Straub wunderbar als zugleich resolutes wie hilfloses und zappelig nervöses Mädchen gespielt, als ein Mädchen auf der Suche nach Identität, das, wie es dem Publikum sagt, stark, aber zum Schluss auch weg sei. "Jetzt geht's los" behauptet sie, doch dann wird traurige Langeweile mit Slapstickmitteln ausgestellt. Der Prinz hängt in Unterwäsche herum und kann sich vor Langeweile kaum auf den Beinen halten, während er durch einen leeren, von zwei Säulen gegliederten Raum stolpert. Schließlich klimpert er auf dem Klavier, entfernt daraus bündelweise Bittschriften und steigt endlich in seine großen goldenen Schuhe.
An der Saalwand ziehen sich Texte aus einem englischen Song entlang, deren zentrale Botschaft lautet: "Here we are now, entertain us." Und genau das tun der Prinz und sein Kammerherr Marinelli als weißgeschminkte traurige Clowns nun auch: sie führen komische Nummern vor, spielen, singen und zersingen Songs, lassen sich von Sehnsuchtsschlagern umspielen und sind als sich selbst erfindende Figuren zugleich Zitate einer Unterhaltungs- und Medienwelt. Andreas Kriegenburg zeigt uns in seiner Inszenierung keinen sozialen Ort, weder einen der Vergangenheit noch der Gegenwart, sondern eine von vielen medialen Erfahrungen geprägte heutige Unterhaltungswelt und bewegt sich dabei durch mehrere Unterhaltungsgenres. So kommt der verführungssüchtige Prinz wie ein Widergänger des Frankn´furter aus der "Rocky Horror Show" in ausgestellten Posen daher, und die Gräfin Orsina wird vom Kammerherrn als Gisela angesprochen, wozu Marinelli im Playback einer Kabarettnummer die Rolle von Horst Schlämmer alias Hape Kerkeling einnimmt.
Das Gespräch über Kunst mit dem Maler Conti wird zu einem vom Prinzen und Marinelli gespielten Ferngespräch mit dem Fotografen Conti in Hongkong, wobei das als stand-up-comedians oft frontal vor dem Publikum stehende Paar sich mit immer neuen Zitaten erfindet und ausstellt. Andreas Kriegenburg und seine erstaunlichen Magdeburger Darsteller, die, wenn sie Lessing sprechen, dessen Sprache körperlich zu versinnlichen vermögen, schütten aber leider Lessings Stück mit einer Überfülle von Gags zu. Manche sind herrlich, andere dehnen sich schrecklich, manche "stimmen" für Lessings Situationen und Figuren, andere haben mit ihnen wenig zu tun. Unter allen aber dräut deutlich die existentielle Verlorenheit von Menschen, die keinen Halt mehr an gesellschaftlichen Regeln oder inneren Überzeugungen zu finden vermögen. Wunderbar dann, wie Emilias Mutter ihren kleinen Mann als solchen bezeichnet und zugleich ihre Liebe zum verklemmten Männlein verdeutlicht, und urkomisch ihre Begeisterung über den Grafen Appiani als Schwiegersohn, wenn sie schrillt "da geht der BH auf." Wirklich schade, dass ihr von Marinelli, der sich in seiner Rolle des gewissenlosen Pragmatikers eingerichtet hat, schnell der Hals umgedreht wird.
Die dreieinhalbstündige Aufführung besitzt manch schöne Momente, aber auch etliche allein sich selbst genügende Szenen und viele mächtig vor sich hin dümpelnde Passagen. Vor allem aber verliert der zweite Teil des Stückes, da Kriegenburg bewusst auf eine klare gesellschaftliche Analyse verzichtet, seinen inneren Sinn. Der Auftritt der Gräfin Orsina wird trotz einer guten Darstellerin zur leeren, entbehrlichen Nummer, und die dröhnende Wut von Emilias Vater wie auch Emilias Wunschtod durch dessen Hand können nicht mehr aus der Geschichte und den Figuren beglaubigt werden. Sie werden in einem plötzlich ernsten Spiel nachgeliefert und bleiben, nach all der Scherzhaftigkeit, ohne wahre Schmerzhaftigkeit und ohne echte Spannung. Was bleibt, sind Figuren, die mit ihrer Trauer und hoffnungslosen Leere, wie so oft in Andreas Kriegenburgs Inszenierungen, ganz allein sind.
An der Saalwand ziehen sich Texte aus einem englischen Song entlang, deren zentrale Botschaft lautet: "Here we are now, entertain us." Und genau das tun der Prinz und sein Kammerherr Marinelli als weißgeschminkte traurige Clowns nun auch: sie führen komische Nummern vor, spielen, singen und zersingen Songs, lassen sich von Sehnsuchtsschlagern umspielen und sind als sich selbst erfindende Figuren zugleich Zitate einer Unterhaltungs- und Medienwelt. Andreas Kriegenburg zeigt uns in seiner Inszenierung keinen sozialen Ort, weder einen der Vergangenheit noch der Gegenwart, sondern eine von vielen medialen Erfahrungen geprägte heutige Unterhaltungswelt und bewegt sich dabei durch mehrere Unterhaltungsgenres. So kommt der verführungssüchtige Prinz wie ein Widergänger des Frankn´furter aus der "Rocky Horror Show" in ausgestellten Posen daher, und die Gräfin Orsina wird vom Kammerherrn als Gisela angesprochen, wozu Marinelli im Playback einer Kabarettnummer die Rolle von Horst Schlämmer alias Hape Kerkeling einnimmt.
Das Gespräch über Kunst mit dem Maler Conti wird zu einem vom Prinzen und Marinelli gespielten Ferngespräch mit dem Fotografen Conti in Hongkong, wobei das als stand-up-comedians oft frontal vor dem Publikum stehende Paar sich mit immer neuen Zitaten erfindet und ausstellt. Andreas Kriegenburg und seine erstaunlichen Magdeburger Darsteller, die, wenn sie Lessing sprechen, dessen Sprache körperlich zu versinnlichen vermögen, schütten aber leider Lessings Stück mit einer Überfülle von Gags zu. Manche sind herrlich, andere dehnen sich schrecklich, manche "stimmen" für Lessings Situationen und Figuren, andere haben mit ihnen wenig zu tun. Unter allen aber dräut deutlich die existentielle Verlorenheit von Menschen, die keinen Halt mehr an gesellschaftlichen Regeln oder inneren Überzeugungen zu finden vermögen. Wunderbar dann, wie Emilias Mutter ihren kleinen Mann als solchen bezeichnet und zugleich ihre Liebe zum verklemmten Männlein verdeutlicht, und urkomisch ihre Begeisterung über den Grafen Appiani als Schwiegersohn, wenn sie schrillt "da geht der BH auf." Wirklich schade, dass ihr von Marinelli, der sich in seiner Rolle des gewissenlosen Pragmatikers eingerichtet hat, schnell der Hals umgedreht wird.
Die dreieinhalbstündige Aufführung besitzt manch schöne Momente, aber auch etliche allein sich selbst genügende Szenen und viele mächtig vor sich hin dümpelnde Passagen. Vor allem aber verliert der zweite Teil des Stückes, da Kriegenburg bewusst auf eine klare gesellschaftliche Analyse verzichtet, seinen inneren Sinn. Der Auftritt der Gräfin Orsina wird trotz einer guten Darstellerin zur leeren, entbehrlichen Nummer, und die dröhnende Wut von Emilias Vater wie auch Emilias Wunschtod durch dessen Hand können nicht mehr aus der Geschichte und den Figuren beglaubigt werden. Sie werden in einem plötzlich ernsten Spiel nachgeliefert und bleiben, nach all der Scherzhaftigkeit, ohne wahre Schmerzhaftigkeit und ohne echte Spannung. Was bleibt, sind Figuren, die mit ihrer Trauer und hoffnungslosen Leere, wie so oft in Andreas Kriegenburgs Inszenierungen, ganz allein sind.