Donnerstag, 28. März 2024

Archiv


Zwischen Abrüstung und Abschreckung

Das weltweite atomare Vernichtungspotenzial ist auch 66 Jahre nach dem ersten Abwurf einer Atombombe absurd hoch. Die Strahlkraft der Bombe als Statussymbol und Machtinstrument ist immer noch ungebrochen - und eine nuklearwaffenfreie Welt in weiter Ferne.

Von Andrea Rehmsmeier | 05.08.2011
    6. August 1945, 8.15 Uhr: Im Luftraum über Hiroshima, drückt der amerikanische Pilot Paul Tibbets im Cockpit der "Enola Gay" einen Knopf. 64 Kilogramm Uran kommen in der Hohlkugel eines Sprengkopfes zur Kettenreaktion. Es ist der Beginn des Zeitalters der Atombomben.

    "Little Boy" war eine Bombe mit bis dahin ungekannter Zerstörungskraft. Die Temperatur im Zentrum der Explosion betrug über zehn Millionen Grad Celsius. An der Druck- und Hitzewelle starben 90.000 Menschen. 50.000 weitere erlagen in den darauffolgenden Wochen der Strahlenkrankheit. Harry S. Truman, der amerikanische Präsident, der den Einsatz befohlen hatte, rechtfertigte sich anschließend bei seiner Ansprache an die US-Bürger:

    "Die Welt soll zur Kenntnis nehmen, dass die erste Atombombe über Hiroshima, einem Militärstützpunkt, abgeworfen wurde. Wir haben den Wettlauf um die Entdeckung der Bombe gegen die Deutschen gewonnen. Wir haben sie benutzt, um den Schrecken des Krieges zu verkürzen, um Abertausenden jungen Amerikanern das Leben zu retten. Wir werden die Bombe so lange benutzen, bis Japans Kriegswille gebrochen ist."

    Der Atomkrieg. Heute, 66 Jahre später, erscheint dieses Szenario unwirklich. Das "Gleichgewicht des Schreckens", der Rüstungswettlauf, die Beinahe-Eskalation der Kuba-Krise, die Abrüstungsgespräche – alles, was nach Hiroshima ein halbes Jahrhundert lang die Weltpolitik bestimmt hat, wirkt heute wie ferne Vergangenheit. Das erklärte Ziel der internationalen Sicherheitspolitik heißt nun "Global Zero":

    Die Vision einer Welt ohne Atomwaffen hatte US-Präsident Barack Obama entworfen, während einer Rede in Prag, kurz nach seinem Amtsantritt im Jahr 2009. Kurz darauf schloss er mit dem russischen Präsidenten Dmitrij Medwedew den neuen START-Abrüstungsvertrag.

    Und tatsächlich: Vieles wurde erreicht seit dem Ende des Kalten Krieges. Von den über 70.000 Atombomben, die damals auf ihren Einsatz warteten, sind über zwei Drittel verschrottet. Die Mittelstreckenraketen – die Pershings und die SS20 - die damals zahlreiche Menschen veranlassten auf die Straßen zu gehen, um gegen sie zu protestieren, sind komplett vom Erdball verschwunden. Und kein Staatschef, der von der internationalen Gemeinschaft ernst genommen werden will, würde es sich heute noch erlauben, mit nuklearer Potenz zu protzen. Die Doktrin der atomaren Abschreckung, so scheint es, hat ausgedient.

    Und doch gibt es vier einflussreiche US-amerikanische Politiker – "elder statesmen", wie die früheren Minister und Senatoren in den USA ehrfurchtsvoll genannt werden - die unermüdlich um den Globus reisen, und vor der Gefahr einer neuen nuklearen Eskalation warnen: William Perry, George Shultz, Sam Nunn – und auch der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger. Im Kalten Krieg war er ein "Falke", sein Name stand für unerbittliche Härte gegenüber den Sowjets. Im vergangenen Jahr sprach er in Berlin.

    "Wir alle sind Militärstrategen, wir alle sind Befürworter einer starken Verteidigung. Und wir werden oft gefragt: Warum tun Sie das? Von allen Fragen, die mir je den Schlaf geraubt haben, war eine die schlimmste: Was würde ich dem Präsidenten der USA antworten, wenn er mir eines Tages erklären würde, dass alle diplomatischen Optionen ausgeschöpft sind, und dass er nun die Pläne für einen nuklearen Angriff sehen wolle. Und zweitens: Eine der größten Gefahren, die der Welt droht, ist die unkontrollierte Verbreitung von Atomwaffen. Denn es bräuchte nur einen einzigen Konflikt, der nuklear eskaliert. Wenn Hunderttausende Menschen an einem Tag sterben, dann wird unsere Welt nicht mehr dieselbe sein."

    Tatsächlich gibt es mehrere regionale Krisenherde, wo eine nukleare Eskalation nicht ausgeschlossen werden kann. Im Atomstaat Pakistan greifen Fundamentalisten nach der Macht. Nordkorea führt Atomwaffentests durch. Der Iran wird verdächtigt, unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms heimlich Atomwaffen zu bauen.

    In Fachkreisen stellt man sich deshalb die bange Frage, ob nicht auch Terrororganisationen wie El Kaida technisch in der Lage wären, einen Atomangriff zu starten. Und das sei nur die Spitze des Eisbergs. Atomwaffenverbreitung sei ein schleichender Prozess, warnt der Sicherheits-Experte Oliver Thränert von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik.

    "Die Gefahr ist eigentlich schon seit vielen Jahren akut, angefangen von der ganzen Problematik Indien und Pakistan über Nordkorea, das schon zuvor, Anfang der 90er-Jahre, sein Kernwaffenprogramm entgegen dem Willen der Vereinigten Staaten und anderen fortgeführt hat. Und jetzt kommt natürlich ganz massiv Iran dazu: Wenn die auf ihrem Weg zur Bombenfähigkeit nicht gestoppt werden können, dann besteht eben die Gefahr, dass im Nahen und Mittleren Osten weitere Länder den Weg zur Atombombe beschreiten. Das heißt also, Ägypten, das schon mal unter Nasser ein Atomwaffenprogramm hatte, dann Saudi-Arabien möglicherweise, das das pakistanische Kernwaffenprogramm massiv mitfinanziert hat. Und dann auch möglicherweise sogar die Türkei."

    Während die westlichen Industriestaaten Abrüstung proklamieren, werden in vielen Schwellenländern Atombomben hoffähig als Bestandteil der nationalen Verteidigungsstrategie. Doch muss dadurch die Gefahr einer nuklearen Eskalation zwangsläufig wachsen? Warum sollte die nukleare Abschreckung nicht auch heute noch funktionieren? Denn tatsächlich hat sie ja während des Kalten Krieges weitere Atombombeneinsätze verhindert.

    "Ich denke aber, um auf die Initiative von Präsident Obama, von seiner Prager Rede im April 2009 zu kommen, dass dieses Ziel ein wichtiges und richtiges Ziel ist, weil ich glaube, dass die Menschheit mit der Bombe nicht auf Dauer leben können wird, ohne dass sie nicht doch einmal eingesetzt wird."

    Obamas Vision von einer Welt ohne Atomwaffen bricht mit den alten Grundsätzen der internationalen Sicherheitspolitik. Bislang galt der Atomwaffensperrvertrag, der von fast 200 Staaten ratifiziert wurde, als Garant der Nichtverbreitung. Dieser teilt die internationale Staatengemeinschaft ein in diejenigen Staaten, die Atomwaffen besitzen dürfen, und die anderen, denen das verwehrt ist – oder, wie es im Polit-Slang heißt: er erzeugt eine Zweiklassengesellschaft aus "haves" und "have nots": aus Habenden und Habenichtsen.

    Die fünf legitimen Atomwaffenstaaten – USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien – haben sich zur Abrüstung verpflichtet. Alle anderen müssen ihre Nuklearanlagen unter die Aufsicht der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) stellen. Verlässlich funktioniert hat dieses System allerdings noch nie. Indien, Pakistan, Nordkorea und Israel sind trotzdem in die elitäre Riege der Kernwaffenbesitzer aufgestiegen. Denn der Atomwaffensperrvertrag hat den Besitz der Bombe zum Statussymbol gemacht.

    Die Pugwash-Konferenz. Anfang Juli fand das renommierte Wissenschaftler-Treffen in Berlin statt. Das berühmte Manifest von Albert Einstein und Bertrand Russel gegen Atomwaffen hatte einst den Anstoß gegeben für die Einrichtung dieser internationalen Tagungen – als Gesprächsplattfom, wo Repräsentanten verfeindeter Mächte in ungezwungener Atmosphäre ihre Positionen austauschen können. Im Kalten Krieg wurden alle wichtigen Abrüstungsverträge auf Pugwash-Konferenzen vorbereitet.

    Aber auch heute mangelt es nicht an Konfliktthemen: US-Raketenabwehr, Iran-Sanktionen, Libyen-Krieg oder NATO-Osterweiterung – in diesen sicherheitspolitischen Fragen gibt es tiefe Zerwürfnisse zwischen den Weltmächten. Und auch die Rüstungsspirale dreht sich weiter, warnt Reiner Braun, der die Konferenz mit organisiert hat. Er ist der Geschäftsführer von IALANA, einer internationalen Juristenvereinigung, die sich dem Kampf gegen Atomwaffen verschrieben hat.

    "Die Militärausgaben von heute übersteigen die Militärausgaben des Kalten Krieges bei Weitem. Ungefähr um 20 Prozent darüber. Das hat im Wesentlichen etwas zu tun, was nach dem 11. September Bush an gigantischer Aufrüstung der USA entwickelt hat. Das USA-Budget liegt heute zwischen 700 und 800 Milliarden. Das war in der Hochzeit des Kalten Kriegs zwischen 400 und 500 Milliarden, immer in Dollar."

    So sehr auch Obamas Abrüstungsinitiative von sich reden macht: Die Verteidigungsausgaben der USA sind unverhältnismäßig hoch, und sie steigen weiter. Die Kriege in Irak und Afghanistan, geführt mit modernsten Hightech-Waffen, reißen immense Löcher in den US-amerikanischen Staatshaushalt.

    Das russische Verteidigungsbudget nimmt sich dagegen winzig aus. Russlands Streitkräfte stecken bis heute in einer schweren Finanzierungskrise. Diese Schwäche versucht Moskau nun durch die Modernisierung seines Nuklear-Arsenals auszugleichen. Denn Atombomben scheinen geradezu billig zu sein, im Vergleich zu einer modernen Armee, wo Tausende gut ausgerüsteter und ausgebildeter Soldaten mit ihrem Sold Familien versorgen und Pensionsansprüche aufbauen. Das mag zwar eine Milchmädchenrechnung sein, die viele Folgekosten nicht berücksichtigt, aber sie macht Atombomben auch für wirtschaftlich angeschlagene Staaten attraktiv. IALANA- Geschäftsführer Reiner Braun:

    "Wir haben heute noch eine Hiroshima-Vernichtungskapazität von 961.000. So viele Hiroshima-Atomwaffen lagern auf dieser Erde. Wir hatten schon deutlich über einer Million an Vernichtungskapazität – wir liegen heute noch über 900.000. Das braucht kein Mensch, um die Erde zu vernichten."

    Über 900.000 Mal Hiroshima: Das atomare Vernichtungspotenzial ist auch heute noch absurd hoch – und es liegt fast vollständig in den altbekannten Händen. Russland soll heute noch an die 13.000 Nuklearsprengköpfe besitzen, die USA immerhin noch knapp 10.000. Eine solche Massenvernichtungspotenz lässt jeden anderen Staat zum militärischen Zwerg schrumpfen. Solange die USA und Russland nicht ernst machen mit der Abrüstung, glaubt Reiner Braun, wird die Strahlkraft der Bombe als Statussymbol und Machtinstrument ungebrochen bleiben.

    "Das alte System der Habenden und der Habenichtse, also die Fünf, die dürfen, und die andern durch den Atomwaffensperrvertrag sagen, sie verzichten auf sie, nicht mehr funktionieren wird angesichts der Veränderung der globalen Kräftekonstellationen auf der Welt. Ein Land wie Brasilien oder ein Land wie Argentinien wird sich auf Dauer nicht ins zweite Glied stellen lassen als Großmacht, sondern wird nur auf Atomwaffen selber verzichten, wenn die anderen Mächte abrüsten, auch gen Null auf sie verzichten. Da das nicht erkennbar ist, bereiten beide Länder über zivile Programme im Prinzip ihren Schritt auf Atomwaffen vor. Der brasilianische Außenminister hat klipp und klar erzählt, eine Großmacht Brasilien braucht natürlich auch Atomwaffen."

    Atomwaffen-Verzicht für alle oder Atomwaffen-Verbreitung in alle Welt. Reiner Braun sieht die internationale Staatengemeinschaft am Scheideweg. Denn der Großteil der bestehenden Atomwaffenarsenale stammt noch aus den Zeiten des Kalten Krieges, ihre Betriebsdauer geht zu Ende. Und so drängt die Entscheidung schon aus technischen Gründen: abrüsten oder modernisieren? Henry Kissinger, als ihm in Berlin diese Frage gestellt wurde, beantwortete sie so:

    "Wir werden oft als die "Gang der Vier" bezeichnet, die eine atomwaffenfreie Welt durchsetzen wollen. Was wir aber tatsächlich gesagt haben, ist: 'Wir wollen die Vision dieser Welt. Wir wissen nicht, wie wir dahin kommen sollen. Aber wir wollen an den Schritten arbeiten, die uns in diese Richtung führen'."

    Die Vision der atomwaffenfreien Welt ist entworfen – der Weg dahin aber unklar. Das zeigt sich auch im neuen START-Abrüstungsvertrag mit Russland. Von politischen Beobachtern im Westen wurde dieser als großer Erfolg gewertet – wenngleich die Obergrenzen für die Zahl der zulässigen Trägersysteme und Sprengköpfe darin so hoch angesetzt sind, dass beide Seiten nur ihren ohnehin veralteten Bombenschrott aussortieren müssen. Mehr noch: Der Modernisierung von Atomwaffen schiebt der START-Vertrag keinen Riegel vor – mit gutem Grund.

    Denn Präsident Obama musste, um den START-Vertrag im eigenen Land durchsetzen zu können, erhebliche Zugeständnisse an die Hardliner im US-amerikanischen Senat machen: Am Ende bewilligte er über 80 Milliarden US-Dollar für die Modernisierung seiner nuklearen Streitkräfte – und damit hat er sogar mehr in Atomwaffen investiert als sein Vorgänger, der "Falke" George W. Bush. Diese Hintertür, die Obama im START-Abrüstungsvertrag wohl oder übel offenlassen musste, hat eine fatale Signalwirkung auf andere Staaten, befürchtet Reiner Braun.

    "Er hat diesen Vertrag durch das Parlament gekriegt oder durch den Senat gekriegt, indem er gleichzeitig einem Modernisierungsprogramm zugestimmt hat von 80 Milliarden US-Dollar über die nächsten zehn Jahre. Er modernisiert alle Sprengköpfe aller Atomwaffenkategorien – zur See, zu Wasser, zu Lande. Ob dieser Vertrag diesen Preis wert war – also die Einläutung einer neuen Aufrüstungsrunde, gigantischer Modernisierung plus neuer Forschungslabors?"

    War der START-Vertrag mit Russland diesen Preis wert? Auch die US-Pläne für ein Raketenabwehrsystem, an denen die Regierung Obama gegen heftigen Widerstand aus Russland festhält, sprechen für die These, dass die USA die Rüstungsspirale eher herauf- als herunterdreht. Welcher Weg aber nun am schnellsten in die atomwaffenfreie Welt führt - politisches Taktieren oder radikales Abrüsten - darüber gibt es auch in der Fachwelt unterschiedliche Meinungen. Oliver Thränert, der Sicherheitsexperte von der Stiftung Wissenschaft und Politik, sieht in Obamas Verteidigungspolitik durchaus realpolitische Raison.

    "Obama hat in Prag gesagt, dass, solange es Atomwaffen gibt, muss Amerika eine eigene und zwar starke Abschreckungsfähigkeit haben. Das hat er in Prag gesagt, das haben nur manche überhört oder überlesen. Aber es ist völlig klar, dass natürlich Amerika nicht einseitig nuklear abrüsten wird, solange andere Staaten über Atomwaffen verfügen. Und schon gar nicht, wenn andere Staaten wie Iran jetzt neu als Atomwaffenbesitzer dazukommen. Oder wollen Sie in einer Welt leben, in der ein Herr Ahmadinedschad der einzige ist, der über Atomwaffen verfügt? Ich nicht!"

    Wie kann man 23.000 Kernwaffen von der Erde verschwinden lassen, bevor irgendein regionaler Konflikt in einem neuen Hiroshima endet? Wächst die Gefahr der Atombombenverbreitung mit der zivilen Kernkraftnutzung? Und: Ist es tatsächlich die Rolle der USA, den ersten Abrüstungsschritt zu tun, nur weil Präsident Barack Obama die "Global Zero"-Idee populär gemacht hat?

    Diese Fragen bewegten auch die Teilnehmer der Pugwash-Konferenz in Berlin. Als Referentin aus den USA war die Sicherheitsexpertin Kennette Benedict angereist, die Geschäftsführerin des renommierten "Bulletin of Atomic Scientists". In dem Fachjournal führen internationale Wissenschaftler seit Langem eine kontroverse Debatte über die US-amerikanische Sicherheitspolitik. Auch Benedict selber, die Obamas Politik eigentlich sehr befürwortet, zeigt sich in dieser Frage tief gespalten.

    "Präsident Obama ist angetreten mit dem Bekenntnis zu einer atomwaffenfreien Welt. Aber wie es so oft der Fall ist in der US-Politik, war er zu dem Kompromiss gezwungen, sogar die Labors für die Atomwaffenentwicklung weiterzufinanzieren. Darüber können wir nicht froh sein, weil es natürlich Kritik hervorruft, wenn wir auf der einen Seite sagen: Wir wollen eine Welt ohne Atomwaffen, und auf der anderen Seite halten wir selbst an der gesamten Infrastruktur fest."

    Die berühmte Weltuntergangsuhr, mit dem das "Bulletin of Atomic Scientists" seit dem Kalten Krieg den Sicherheitszustand der Welt bewertet, die "Doomsday-Clock", steht zurzeit auf sechs Minuten vor Zwölf: nicht akut kritisch, aber doch instabil. Die Sicherheitsexpertin Benedict jedenfalls hofft auf eine neue US-amerikanische Friedensbewegung, die Präsident Obama darin unterstützt, seine öffentlichkeitswirksame "Global Zero"-Idee nun auch realpolitisch durchzusetzen – und sei es aus finanziellen Gründen. Denn dass in dem hoch verschuldeten US-amerikanischen Staatshaushalt ausgerechnet 80 Milliarden Dollar für die Modernisierung der Atombomben übrig sind, glaubt Benedict, das dürfte den US-Bürgern kaum zu vermitteln sein.

    "Im Moment haben die Leute noch andere Dinge im Kopf, sie durchleben eine schreckliche Finanzkrise. Aber ich hoffe, wenn sich der Druck auf das Budget noch weiter erhöht, dann werden sie fragen: Warum brauchen wir diese ganze Atomwaffen-Infrastruktur, wenn das Geld nicht einmal für Schulen, Feuerwehren, Bildung oder das Gesundheitssystem reicht? Wenn die Kürzungen erst einmal beginnen, dann werden sie endlich wissen wollen, wie viel genau wir für Militär und für Rüstung ausgeben – was ja nun wirklich ein unproduktiver Teil der Wirtschaft ist."
    Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP, l-r) mit Sam Nunn, Henry Kissinger, George Shultz
    Sam Nunn (2.v.l.), Henry Kissinger und George Shultz setzen sich für eine atomwaffenfreie Welt ein (picture alliance / dpa / Rainer Jensen)
    US-Präsident Barack Obama und der russische Präsident Dimitri Medwedew im Kreml in Moskau
    Hintertür im START-Vertrag: Die Modernisierung der nuklearen Streitkräfte (AP)