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Zwischen allen Stühlen

Beitrag als Real-Audio.

Astrid Himberger |
    Es ist jeden Tag eine gewisse Anspannung. Was kommt heute auf mich zu? Die ganzen Gesetze, die es gibt, die ganzen Auflagen, die Sie einhalten müssen, es kommt ja jeden Tag was dazu, jeden Tag kommt eine Schreckensmeldung. Dann wird wieder die Sozialversicherung erhöht, dann müssen sie das wieder ihren Leuten erzählen, dann kommen die wieder zu ihnen und sagen: Mensch, ich möchte das ja wieder haben, weil meine Miete ist wieder erhöht worden. Chef ich brauche ein bisschen mehr. Sie stehen aber bei ihrem Kunden da und der sagt, er will weniger bezahlen. Sie stehen in der Mitte und sagen irgendwann bin ich mal hilflos, weil ich nicht mehr weiter weiß.

    So wie Rüdiger Dilg, Mittelständler aus Neufahrn bei München, geht es vielen. In den vergangenen Jahren hat sich die Situation für die rund 2,6 Millionen mittelständischen Unternehmen dramatisch verschlechtert: Die Konjunktur lahmt, die Banken geizen mit Krediten, die Politik schwankt zwischen Steuerentlastungsprogrammen und Bürokratiewahn. Rein rechnerisch trudelt alle 13 Minuten eine deutsche Firma in die Pleite. Auch dieses Jahr rechnet Walter Mendisch, bayerischer Landesgeschäftsführer des Verbandes der mittelständischen Wirtschaft, wieder mit 40 000 Insolvenzen. Und das trifft vor allem den Mittelstand:

    99,7 Prozent aller Unternehmen sind mittelständische Betriebe, die damit, auch das hier noch mal in Zahlen ausgedrückt, ungefähr 83 Prozent aller Auszubildenden stellen und 70 Prozent der gesamten Beschäftigungszahlen rekrutieren. Der Mittelstand ist sozusagen das Rückgrat unserer Gesellschaft. Wir laufen nur mittlerweile Gefahr das dieses Rückgrat allmählich einen chronischen Bandscheibenvorfall kriegt.

    Gegen diese betrieblichen Rückenprobleme kämpft auch Rüdiger Dilg. Die Feinmechanik-Firma, die sein Vater vor mehr als 30 Jahren aufgebaut hat, ist das Lebenswerk der ganzen Familie. Schon früh hat auch Sohn Rüdiger mit geholfen. Weil der Vater ihm beibringen wollte, wo das Geld herkommt:

    Ich kann mich noch erinnern an meine erste Arbeit. Da musste ich also so Aluminiumplatten die Löcher entgraten, beim Bohren entsteht ein Grat und der musste entgratet werden. Das ist eigentlich eine sehr einfache Arbeit und da hatte er 2000 Platten gehabt und dann hat er gesagt für jede Platte bekomme ich einen Pfennig und das waren für mich damals 20 Mark und 20 Mark war ja viel Geld und da habe ich mich dann dahinter geklemmt. Ich weiß bloß, dass er dann, als wir miteinander ins Fußballstadion gegangen sind und die Karte hat 12 Mark gekostet und die hat er mir gleich abgezogen von diesen 20 Mark.

    Rüdiger Dilg hat die Arbeit Spaß gemacht und er entschied sich, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. 1984 stieg er in das Familiengeschäft mit ein, in den Feinmechanik Betrieb Otto Dilg. Gelernt hat er allerdings nicht zu Hause, dafür war die Firma zu klein. Stattdessen hat er bei BMW eine Lehre als Werkzeugmacher absolviert. Diese Begabung fürs eher "Praktische" stieß zu Hause nicht unbedingt auf Gegenliebe:

    Das ist jetzt so eine Geschichte. Ich war nicht der Typ für die Schule. Wenn es nach meinem Vater gegangen wäre, hätte ich Abitur machen sollen und studieren. Was er mir auch immer wieder vorschmeißt. Weil ich ja heute sag, ja gut, ich hätte keinen mechanischen Beruf lernen sollen, sondern ich hätte eigentlich BWL studieren sollen. Das wäre eigentlich für mich viel wichtiger gewesen, wie es sich jetzt im Moment herausstellt. Weil dieses mechanische Wissen ist für mich nicht so wichtig wie BWL Wissen. Und drum muss ich mir das jetzt in den ganzen Kursen, die ich halt schon gemacht habe, und wo ich noch dabei bin, muss ich mir das halt irgendwo wieder zusätzlich erarbeiten.

    Sein mechanisches Wissen ist heute zwar durchaus von Nutzen, wenn es darum geht, dass beispielsweise eine Maschine repariert werden muss. Doch das sind nicht die wirklichen Probleme eines mittelständischen Betriebes, so Walter Mendisch vom Verband der Mittelständischen Wirtschaft:

    Es gibt drei wesentliche Punkte, die man hier anführen muss: Zum einen, alles was mit Kosten zusammen hängt, sei es Lohnkosten, sei es Beschaffungskosten, Personalkosten, alles, was in diesem Kontext zusammen spielt ist natürlich ein riesiger Punkt für kleine- und mittelständische Unternehmen. Ein zweiter wesentlicher Punkt ist alles was zum Thema Finanzierung zu sagen ist. Also ich denke jetzt zum einen natürlich an die Situation Bankenfinanzierung, aber auch darüber hinaus durchaus alternative Finanzierungen, die zunehmend mehr eine Rolle spielen werden in den kommenden Jahren. Und hier öffnen sich auch immer mehr Mittelständler dahingehend, dass sie sich Informationen besorgen, welche vielleicht auch alternativen Gesellschaftsmodelle gibt es, um hier gegebenenfalls einen Teilhaber, sei es aktiv oder still, mit ins Boot zu holen, ohne aber dabei die Eigenständigkeit zu verlieren. Der dritte Punkt ist sicherlich alles was mit bürokratischen Regulierungen, Überregulierungen usw. steht.

    Bei den Kosten kennt sich der bayerische Junior Chef Dilg aus. Besonders wenn es darum geht, Maschinen zu kaufen. Unter 125 000 Euro sind moderne Werkzeugmaschinen, mit denen in Neufahrn Metallteile bearbeitet werden, nicht zu haben. Fast wehmütig betrachtet Rüdiger Dilg die alte Bohrmaschine, die sein Vater vor 30 Jahren für nur 650 Mark gekauft hat:

    Die wird heute noch verwendet, für kleinere Bohrarbeiten auch die Drehbank ist noch aus der Zeit. Das war auch eine der ersten Erwerbungen, die mein Vater aus dem verdienten Geld investiert hat. Maschinen läuft heute noch. Wenn man damals eine Maschinen gekauft hat für 20, 30 000 Mark da kriegt man heute noch 10 000 Mark dafür. Wenn sie aber heute eine Anlage kaufen für 300 000 Mark, die ist nach fünf Jahren vielleicht noch 30 000 wert.

    Mit den Maschinen stellen Dilgs das her, was man eigentlich nicht sieht, zumindest nicht auf den ersten Blick. Es sind beispielsweise Teile für die Lastwagen von MAN. Wenn man den Kotflügel eines LKW hoch klappt, könnte man sehen, dass Schrauben und Bleche im Inneren den Kotflügel festhalten - und die stammen aus dem Hause Dilg. Bei einem Computerdrucker ist es ähnlich, vieles von dem, was ihn zusammenhält, wird ebenfalls im Erdgeschoss der 4teiligen Halle in Neufahrn produziert. Und natürlich kosten die Teile Geld. Das wollen viele Kunden aber nicht so sehen, erzählt Gerhard Hahn. Er ist für den Maschinenbau verantwortlich, denn in Neufahrn werden auch Filteranlagen und Bürstmaschinen entwickelt, die beispielsweise Leiterplatten putzen. Die Verhandlungen mit den Kunden seien oft schwierig:

    Das Anforderungsprofil vom Kunden her wird immer höher, aber nicht gleichzeitig auch die Bereitschaft, das zu honorieren. Das ist das große Problem dabei. Man will sozusagen einen Mercedes S-Klasse fahren, aber einen Polo bezahlen, und das beißt sich einfach, und das ist manchmal echt schwierig zu vermitteln. Es ist ja nicht so, dass wir das nicht machen wollen, nur wir können es nicht umsonst machen.

    Es ist nicht nur alles teuerer geworden, sondern auch komplizierter. Rein statistisch muss ein deutsches Unternehmen rund 47 000 Einzelvorschriften beachten. Wiederum statistisch wendet ein Mittelständler 92 Arbeitstage für die Bewältigung der Bürokratie auf. Dazu gehört das Ausfüllen von Fragebögen für die Statistikämter, die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften und die zahlreichen Regelungen beim Kündigungsschutz. Das ist nicht einfach für den Junior Chef:

    Wir hatten drei Leute in der Konstruktion, und es war ein großer Auftrag da, und der war abgearbeitet und kein neuer Auftrag kam nach. Also es waren einfach zu viele, einer musste gehen. Man wählt denjenigen, mit dem die Leute am meisten Probleme gehabt haben. Der war aber leider länger als der andere. Also war diese Kündigung nicht gerechtfertigt und ich musste zahlen, und zwar 10 000 Euro. Das müssen wir alle wieder verdienen.

    Häufig führt die Bürokratie auch dazu, dass gut gemeinte Ideen, wie die zahlreichen Förderprogramme, die Kapital für den Mittelstand frei machen sollen, sich in der Realität als ziemlich kompliziert erweisen. Walter Mendisch vom Mittelstandsverband kennt das:

    Es gibt ca. 1440 Förderprogramme. Nun liegt es hier sicherlich auf der Hand, da kann kein Mensch mehr einen Überblick haben, schon gar nicht der Laie und schon gar nicht der Unternehmer, der sein Tagesgeschäft ja damit verbringt, dass er Umsatz generiert und sich hier nicht um Fördermaßnahmen kümmern muss, schon gar nicht in diesem Ausmaß. Das Abstruse dabei ist, es kommt dabei manchmal nur auf eine Formulierung drauf an, dass man überhaupt in den Genuss von Förderprogrammen kommt. Dass erleichtert die Sache natürlich nicht, aber so ist die gängige Praxis.

    Wer nun die richtige Formulierung nicht kennt, ist auf seine Hausbank angewiesen. Doch von der einen Kredit zu bekommen ist schwierig geworden, besonders seit der Begriff Basel II die Runde macht. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat, aufgrund der Asienkrise vor wenigen Jahren, neue Regeln für die Vergabe von Krediten erlassen. Früher mussten die Finanzinstitute ihre Darlehen mit acht Prozent Eigenkapital unterlegen. Die neue Richtlinie verlangt jetzt, dass die Eigenkapitalquote gemäss der Ausfallwahrscheinlichkeit des Kredits angepasst wird. Das heißt, um so wahrscheinlicher der Schuldner die Raten nicht zurückbezahlt, um so mehr Eigenkapital muss die Bank dafür hinterlegen. Und mit diesem Geld kann die Bank in der Zwischenzeit nichts verdienen. Sie kann es weder an einen anderen verleihen, noch beispielsweise damit an der Börse spekulieren. Und das ist natürlich nicht gut für das Finanzinstitut. Also wird die Bank wohl in Zukunft nur noch den guten Kunden Geld geben, weil sie dafür wenig Eigenkapital hinterlegen muss. Deshalb versuchen jetzt viele Unternehmen gute Kunden zu werden. Wie das geht, wird unter anderem in einem Seminar vom TÜV Süddeutschland in Passau gelehrt. Und dahin fährt auch Rüdiger Dilg:

    Als Endziel ist von dem Seminar selbst vorgegeben, dass wir, wenn wir fertig sind, Planzahlen für 2004 für die Bank. Das ist auch das, was die Banker interessiert. Was der Plan ist für das nächste Jahr? Das ist ja ganz wichtig, denn die Banken wollen in Zukunft einfach mehr und immer schneller wissen. Wie steht es um die Firma? Was ist geplant? Bauen sie auf Expansion? Wie ist der Geldbedarf?

    Darüber hinaus achten die Banken in Zukunft auch stärker darauf, dass die Unternehmen eine gute Eigenkapitalquote haben, qualifiziertes Personal beschäftigen, sie im Falle eines Falles die Nachfolge geregelt haben und natürlich gute Geschäfte machen. All diese Punkte werden in einem sogenannten "Rating" bewertet. Am Ende bekommt dann das Unternehmen, wie bei einem Schulaufsatz, eine Note. In der Bankenwelt sind die Noten Buchstaben: AAA ist sozusagen eine 1 plus und D eine 6. Allerdings steht D bei den Bankern schon für Konkurs, so dass man bei D kein Geld mehr kriegen wird. Bei C übrigens auch nicht. Nur die Unternehmen, die A oder schlechtestens BB- haben, bekommen einen Kredit. Also gilt es nun für die mittelständischen Unternehmen ihren Betrieb auf eine hohe Punktzahl zu bringen.

    Doch es werden nicht nur Unternehmen bewertet, sondern auch Branchen. Und da dürfte das Rating beispielsweise für die Baubranche schlecht ausfallen, denn die hat mit vielen Problemen zu kämpfen: Die öffentliche Hand hat kaum noch Geld, um Baumassnahmen zu vergeben und auch viele Privatleute werden sich überlegen ein Häuschen zu bauen, wenn die Eigenheimzulage wegfällt. Zudem droht mit der Osterweiterung der Europäischen Union eine weitere Verschärfung des Wettbewerbs im Bausektor. Also dürfte das Rating für die Baubranche irgendwo zwischen B und C liegen.

    Die Bewertung des Unternehmens ist wichtig, aber auch der richtige Umgang mit den Banken. Bisher seien die Firmen immer nur dann zu den Banken gegangen, wenn sie einen Kredit gebraucht hätte, sagt Walter Mendisch vom Mittelstandsverband. Aber Banken seien wie Kunden, und um die würde man sich ja auch kümmern, auch wenn sie gerade nichts kaufen. Banker gelte es, wie Kunden, von dem Produkt, also der Firma, zu überzeugen. Und dazu gehören nicht nur Fakten, sondern manchmal auch Butterbrezen, sagt Ursula Simmet aus Passau. Sie ist verheiratet mit einem Mittelständler und mit im Geschäft. Und weiß wie man Banker um den Finger wickelt:

    Wenn wir zum Beispiel die Bilanzvorstellung haben, dann laden wir den Banker ein in unser Haus. Mein Mann geht dann durch die Firma zeigt alles her und stellt die Bankleute vor. Dann haben wir einen schönen ausgebauten Raum, da gibt es dann Cafe, Kuchen oder Butterbrezen, ein bisserl etwas fürs gemütliche Beisammensein. Unser Wirtschaftsprüfer ist dabei. Vorab bekommt aber der Banker schon mal die Gewinn und Verlustrechnung, Bilanz vor allem und alles was dazu gehört vorab schon mindestens 1 Woche vorher ins Haus geschickt, damit er sich einlesen kann. Ja, dann kommt er und dann wird das alles besprochen. Der eine Banker hat gesagt, so eine Präsentation, wie wir das heuer gehabt haben, das findet er nicht oft.

    Bei Rüdiger Dilg gab es so eine Betreuung bisher nicht, aber in Zukunft soll das anders werden:

    Ich habe die Banker nicht eingeladen, also die, die freiwillig kommen wollten, die habe ich schon kommen lassen. Aber die, die gesagt haben, schicken sie mir erst mal Unterlagen, habe ich mich darauf eingelassen. Auf so was hätte ich mich nicht einlassen dürfen, ich hätte sagen müssen, Sie, passen Sie auf, ich mag Ihnen nicht nackte Zahlen da rum schicken, sondern ich möchte in einem persönlichen Gespräch mit einem Entscheider darüber unterhalten, was wir machen, was wir tun, mich einfach präsentieren.

    Außer der richtigen Präsentation hat der bayerische Mittelständler aber noch einiges mehr gelernt. Zum Beispiel, wie er sich richtig auf ein Bankengespräch vorbereiten muss. Da muss er zwar seine Schwäche, die schlechte Eigenkapitalquote, einräumen, aber er weiß auch, dass er Stärken hat. Dazu gehört das Fachpersonal, das er beschäftigt. Seine Abteilungsleiter arbeiten weitestgehend selbstständig, so dass ihnen die beiden Dilg’ s nicht pausenlos über die Schulter gucken müssen. Dass zwei Generationen im Betrieb die Verantwortung tragen ist ein weiterer Pluspunkt. Denn wenn einem Dilg etwas passieren sollte, kann der andere einspringen. So fühlt sich der Junior Chef gerüstet für die nächsten Verhandlungen mit den Banken.

    Doch so einfach, wie die Theorie im Seminar in Passau aussah, ist die Praxis noch lange nicht. Das hat Peter Schuster erlebt, eigentlich ein Traumkandidat für einen Kredit. Im Vergleich zu vielen anderen hat er eine gesunde Eigenkapitalquote, aus der er sich auch derzeit finanziert. Finanzieren muss, denn Peter Schuster bekommt von den Banken keinen Kredit: Er stellt Glückspielautomaten auf, und das bringt derzeit wenig Glück:

    Das Problem ist einfach, dass das Branchenrating zu schlecht ist in unserer Branche, in der Automatenaufstellerbranche. Unsere Zahlen vom Unternehmen passen wunderbar, aber das Branchenrating ist einfach zu schlecht. Und die Banken bewerten das, und du kannst ihnen erzählen was du willst und sagen wie gut, dass das funktioniert. Die glauben es nicht, die sagen einfach das Risiko ist zu hoch und wir wollen das Risiko nicht eingehen.

    Und das, wo doch beim Glücksspiel am Ende immer die Bank gewinnt, so Peter Schuster. Die Finanzinstitute interessiert das wenig. Denn sie müssen auf ihr eigenes Konto achten und das sollte möglichst gut aussehen. Also vergeben die Banken ungern Kredite an Firmen in risikoreichen Branchen und bei anderen gefährlichen Wirtschaftszweigen wird darauf geachtet, dass man aus diesem Bereich nicht allzu vielen Firmen Geld gibt - um dem sogenannte Klumpenrisiko zu entgehen. Günther Picker, Geschäftsführer des bayerischen Bankenverbandes, erklärt, was es damit auf sich hat:

    Es gibt also eine Vorschrift, die da sagt, wie wir die Risiken im Kreditgeschäft zu steuern haben. Und da heißt es zum Beispiel: Wir dürfen nur so und so viel Kredite in einer Größenordnung von sagen wir mal 100 Millionen haben. Wir dürfen nur so und so viele Ratenkredite haben. Wir dürfen nur so und so viel Kredite an die Baubranchen ausleihen. So und so viele Kredite an den KfZ Handel ausleihen. Dieses dient dazu, dass sich bei uns keine Klumpenrisiken ansammeln. Das heißt, wenn es einer bestimmten Branche konjunkturell schlecht geht, das wir dann sozusagen besondere Schwierigkeiten bekommen.

    Der Konjunktur geht es gerade wirklich schlecht und damit auch vielen Unternehmen. Die brauchen nun Kredite, um die schwierigen Zeiten zu überbrücken. Doch die Banken verleihen derzeit ungern Geld, gibt Günther Picker vom Bankenverband zu. Die Mittelständler hätten besser vorsorgen müssen, sagt er, und müssten nun unternehmerisch handeln:

    Eigentlich müssten sie ihre Kosten senken, statt Kredite hochfahren. Kosten senken heißt Personal ausstellen, aber aufgrund unsere Arbeitsrechtes ist dieses sehr sehr schwierig. Und so versucht man dann durch öffentlichen Druck auf die Banken doch noch Kredit zu bekommen, was aber unseres Erachtens der falsche Weg ist.

    Mit den neuen Richtlinien zur Vergabe von Krediten habe das nichts zu tun, so der Verbandschef. Denn Basel II würde ja erst ab dem Jahr 2007 greifen. Die Mittelständler allerdings glauben, dass die Banken schon jetzt ihre Kreditrahmen anpassen. Wer auch immer recht hat, es werden weniger Kredite ausgegeben, und das räumen sogar die Finanzinstitute ein. Zugeben muss die Bankenwelt wohl auch, dass sie in den vergangenen Jahren selbst Fehler gemacht hat. Immerhin erhielt um die Jahrtausendwende jedes Start up Unternehmen, das eine mehr oder weniger gute Idee hatte, viel Geld. Damals wurden die Businesspläne der smarten Jungunternehmer nur ansatzweise so geprüft, wie heute jede Bilanz eines Mittelständlers. Günther Picker vom Bankenverband ficht das nicht an:

    Selbstverständlich werden wir zum Sündenbock gestempelt. Man wirft uns vor, dass wir nicht die Risiken übernehmen, die eigentlich die Wirtschaftsunternehmen selber tragen müssen. Man wirft uns vor, dass die Firmen eigentlich kein Eigenkapital gebildet haben und heute in einer schlechten Situation sind. Auf der anderen Seite muss ich aber auch sagen, es gibt sehr viele Mittelständler, die heute eine ganz solide Basis haben. Von diesen Mittelständlern hört man wenig, die melden sich nicht zu Wort. Diese Mittelständler finanzieren viele Dinge aus ihren eigenen Reserven, die haben also rechtzeitig vorgebaut, sie haben sich rechtzeitig den betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten angepasst und fahren eine sehr gesunde Politik, die dazu führt, das man ihnen auch selbstverständlich jederzeit Kredit gibt. Aber es sind wenige.

    Peter Schuster, der Mann mit den Glücksspielautomaten, mag das anders sehen. Doch wenn zwei sich streiten, haben vielleicht beide irgendwo recht und die Wahrheit mag in der Mitte liegen. Zum einen haben sicherlich nicht alle Mittelständler ihre Hausaufgaben gemacht, zum anderen sind die Banken derzeit vorsichtiger als es vielleicht nötig wäre. Denn die Aufgabe einer Bank ist es nicht, Geld zu sparen, sondern Geld zu verleihen. Christian Fürst ist bei der Unternehmensberatung "Pro Mittelstand" tätig und versucht zwischen Banken und Mittelstand zu vermitteln.

    Eine Bank ist ein Unternehmen, das mit einer Gewinnerzielungsabsicht arbeitet, genau wie jedes private Unternehmen. Und bei den entsprechenden Ausfällen ist man einfach viel stärker am Risiko, wie vor ein paar Jahren. Vor ein paar Jahren haben sie mit den Bankern nur über Zinsen verhandelt und Konditionen und heute sprechen sie nur über Risiko über Sicherheiten. Der Markt ist heute so und da muss man das beste draus machen.

    Doch das Beste ist heutzutage nicht so einfach. Was tun, wenn die Konjunktur lahmt und von der Politik nicht genug Hilfe kommt? Was tun, wenn die Lohnnebenkosten kaum in den Griff zu kriegen sind? Was tun, wenn man als Mittelständler zwischen den Kunden, den Banken und der Politik steht und manchmal, wie Rüdiger Dilg sagt, einfach hilflos ist?

    Für die Dilgs ist die Antwort dennoch klar: weiter machen. Denn den Familienbetrieb aufzugeben kann sich weder der Vater noch der Sohn vorstellen. Und auch wenn es rundherum düster aussieht, Vater Otto ist froh, dass sein Sohn jemanden an der Seite hat, der ihm das Leben erleichtert:

    Was das Ausschlaggebende war, das ist jetzt erst vor vier oder fünf Jahren passiert, er hat jetzt ein sehr geordnetes Familienverhältnis und eine große Liebe zu seiner jetzigen Partnerin. Und das ist für mich eines der wichtigsten Dinge im Leben. Man kann im Beruf nur was werden, wenn man den richtigen Partner an der Seite hat, es muss die Freude am Leben da sein.