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Zwischen Auskunftsrecht und Auskunftswille

Unvorteilhafte Informationen für einen Minister oder ein Ministerium werden gerne zurückgehalten. Doch Journalisten haben das Recht auf Offenlegung und Transparenz von Behördeninformationen. Manchmal geht das aber nur über den Rechtsweg. Aber nicht immer lohnt dieser.

Von Michael Meyer |
    Transparenz in Behörden - man könnte meinen, damit ist es heute besser bestellt, immerhin gilt das Informationsfreiheitsgesetz seit 2006. Und in dieser Woche ging eine Beta-Version des Portals "GovData" an den Start - auf diesen Seiten wollen Behörden eine Vielzahl von Daten präsentieren. Also alles gut im Staate Deutschland? Keineswegs, monieren Journalisten: Allzu oft mauern Behörden, wenn es um die Übermittlung von Zahlen und Daten geht. Michael Meyer hat sich in Berlin umgehört, wie es Journalisten ergeht, die von Behörden Informationen erfragen.

    "Nach meiner Erfahrung erzählen einem Behörden immer dann gerne was, wenn sie gut dabei wegkommen."

    Sagt Sebastian Heiser, Recherche-Redakteur bei der "taz" und nebenbei Blogger

    "Also wenn es eine Geschichte, die positiv für sie läuft, wenn sie bei Kontrollen irgendwas finden, wo sie ihre Arbeit gut machen, wo sie Erfolg haben, ihre Ziele gut umsetzen, da erzählen sie immer gerne von, auch immer viel mehr als sie müssten. Andersrum ist es der Fall, wenn Behörden den Eindruck haben, bei dieser Geschichte kommen sie schlecht weg, dann ist es immer sehr schwer, an Informationen heranzukommen, dann mauern die sehr gerne und sind nicht bereit, einem diese Informationen zu geben."

    Immer wieder komme es vor, dass er und seine Zeitung, die "taz", sich vor Gericht Informationen erstreiten müssten, erzählt Heiser. Da meist sehr gute Chancen auf ein für die Journalisten positives Urteil bestehen, geschehe das schon drei, vier Mal im Jahr. Er habe da einen gewissen sportlichen Ehrgeiz entwickelt. Manchmal werden auch Informationen verweigert bei Themen, die eigentlich relativ harmlos anmuten. Heiser gibt ein Beispiel:

    "Wir wollten mal vom Bundeskanzleramt wissen, was für Strom dort eigentlich genutzt wird, wie wird er produziert, was kostet er und wie viel CO2 stößt er aus. Das wollten die uns zuerst nicht sagen, aus angeblichen vergaberechtlichen Gründen, dann sind wir vor das Verwaltungsgericht gezogen und dann war das Kanzleramt bereit uns diese Informationen zu geben, und was dabei herauskam: Die haben den billigsten Strom eingekauft, den sie europaweit kriegen konnten, und der war besonders klimaschädlich und hatte bedeutend mehr CO2 als der Bundesdurchschnittsstrom. Dabei hätten sie auch die Möglichkeit gehabt, Ökostrom einzukaufen, wie das andere Ministerien gemacht haben. Und das war die Geschichte, die wir dank dieser Auskunftsrechte für Journalisten recherchieren konnten, allerdings hat das ein halbes Jahr gedauert, bis sie am Ende doch dazu bereit waren."

    Den Klageweg zu beschreiten, das kennen auch Journalisten im Axel-Springer-Verlag zu Genüge. Informationen aus den Geheimdiensten, zur Nutzung des Flughafens Berlin-Tempelhof und vieles andere mehr konnten erst auf dem Klageweg erstritten werden. Die Rechtsabteilung im Haus hat gut zu tun. Hans-Wilhelm Saure, Chefreporter bei "Bild", der auch den Prozess angestrengt hat, dessen Urteil diese Woche erging, meint, dass es bislang nur ein zaghaftes Umdenken in den Behörden gebe:

    "Es ist ja in Deutschland so, dass wir das Amtsgeheimnis haben, das haben sehr viele Beamte verinnerlicht, jetzt müssen sie umlernen, es ist noch ein weiter Weg, bis das passiert ist, aber der Anfang ist zumindest gemacht. Ein Beispiel, das mich besonders ärgert, ist die BaFin, die Bankenaufsicht, ich wollte Anfang 2009 etwas wissen über die Pleitebank HRE, die Prüfberichte wollte ich gerne einsehen, dieses Verfahren zieht sich bis heute, das Bundesfinanzministerium und die BaFin haben wirklich alles getan, um dagegen zu halten, wir haben verschiedene Prozesse gewonnen und dennoch wurden uns die Unterlagen nicht vorgelegt."
    In Investigativ-Ressorts wie bei "Bild" oder der "Welt" hat man schon mal Zeit und Muße, einen solchen Prozess durchzufechten - allerdings kann sich das trotz Eilantrag schon mal mehrere Monate hinziehen, und dann ist immer die Frage, ob die jeweilige Geschichte am Ende dann aus Aktualitätsgründen gestorben ist. Und dennoch lohnen sich solche Klagen manchmal, meint Hans-Wilhelm Saure:

    "Wenn wir klein beigegeben hätten, dann wären wir zum Beispiel in Brandenburg nicht weitergekommen, dort gibt es schon seit Längerem ein sogenanntes Akteninformationsgesetz, und wir wollten vom damaligen Minister Speer mal Spesenabrechnungen sehen, das Ganze hat auch lange gedauert, ich glaube, zwei Jahre oder so was ungefähr, jedenfalls am Ende konnten wir Einsicht nehmen in seine Restaurantquittungen unter anderem, und Herr Speer hat dort weder eingetragen, mit wem er sich zum Essen getroffen hat noch warum, das hat zu einer kleinen Spesenaffäre in Brandenburg geführt, es hat dazu geführt, dass die Bestimmungen verschärft wurden und das war wirklich mal ein Fall im Sinne des Gesetzes, das man durch Akteneinsicht etwas aufdecken konnte, hier ist Transparenz geschaffen worden, und es wurde auch ein Missstand abgestellt."

    Sebastian Heiser von der "taz" meint, dass es zwar in den Behörden heutzutage ein stärkeres Bewusstsein für Transparenz gebe, aber an der Grundproblematik ändere das, trotz der gültigen Gesetze auf Bundes- und Landesebene, nichts:

    "Behörden beginnen tatsächlich von sich aus, Berichte zu veröffentlichen, Statistiken zu veröffentlichen, Rohdaten zu veröffentlichen, aber immer dann, wenn es heikel wird, mauern sie wie eh und je, wenn sie befürchten, dass sie nicht gut wegkommen bei der Information, die man haben will, dann geben sie einem die nicht, egal ob sie müssen oder nicht und das hat sich auch nicht verändert, ich glaube, das wird sich auch nicht verändern, sie sehen es einfach nicht ein, warum sie einem Informationen geben sollen, bei denen sie nicht gut wegkommen."