"Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien." Der Satz stammt von dem Systemtheoretiker Niklas Luhmann – neben Max Weber und Jürgen Habermas der dritte unter den großen Säulenheiligen der deutschen Soziologie. Durch diese Massenmedien erfahren wir aber auch, wie es zugeht in der Welt der Gesellschaftswissenschaftler: nämlich keineswegs leidenschaftlich an der Sache orientiert, sondern des öfteren wohl aufgeblasen, elitär, staubtrocken und obendrein gewissermaßen stutenbissig – selbst wenn es auch im Zeitalter der Emanzipation noch vorwiegend Hengste sein dürften, die auf den saftigen Weiden der akademischen Besoldungsgruppe C4 grasen.
Oder sollte es sich doch nur um Wallache handeln? Der Verdacht keimt auf, wenn man die Vorwürfe liest, die der Politikwissenschaftler Franz Walter in der Tageszeitung "Die Welt" an die Adresse seiner Fachkollegen gerichtet hat – Zitat: "Kaum etwas verachtet der Ordinarius stärker als journalistischen Stil und feuilletonistische Eleganz. Denn schließlich ist er selbst ganz überwiegend ein knochentrockener Formulierer, dem partout kein lebendiger, farbenfroher, ausdrucksstarker Satz gelingen will." Und weiter kritisiert Walter: "95 Prozent der deutschen Sozialwissenschaftler schweigen, tauchen in den intellektuellen Auseinandersetzungen dieses Landes nirgendwo auf."
Der Göttinger Politologe kann sich diese Kollegenschelte leisten. Denn er gehört zu der Handvoll Wissenschaftler, die oft und gerne eingreifen in die öffentlichen Debatten, die pointiert formulieren und sich auch Leuten mit Normalabitur verständlich machen können. Das ist nachgerade zum Markenzeichen der "Göttinger Schule der Parteienforschung" geworden, die Franz Walter und sein Lehrer Peter Lösche begründet haben.
Doch dabei ist es dem Politologen in der niedersächsischen Provinz ergangen wie dem Kabriofahrer in der Bierwerbung, der von drei Ostfriesen den Weg zum Strand erfragen möchte und auf ihr eisernes Schweigen hin vom Hochdeutschen ins Englische, dann ins Französische verfällt: "Der Mann kann sogar Fremdsprachen!", kommentiert das Ostfriesen-Trio, "aber genutzt hat’s ihm nix!" Jedenfalls nicht an der heimischen Universität in Göttingen: Denn dort möchte der Präsident, ein Biochemiker, das politikwissenschaftliche Seminar auf die Hälfte eindampfen und die verbleibenden Professuren zu den Soziologen verschieben. Begründung: In der Göttinger Ausprägung leide das Fach an Profillosigkeit. Eine Einschätzung, die entweder Ignoranz oder Boshaftigkeit verrät. Auf Letzteres deutet die Bemerkung hin, die Göttinger Politikwissenschaftler seien "Feuilletonprofessoren".
Womit wir wieder bei den Medien wären. Denn die produzieren ähnliche Beißreflexe wie der Biochemiker im Göttinger Rektorat. Taucht da nämlich ein Sozialwissenschaftler auf, der sein Fach ebenso eloquent wie fachkundig vertritt, dann wird der solange durch die Mühle der Interview- und Expertenrunden gedreht, bis er dem Publikum vertrauter ist als die Stirnfalten von Ulrich Wickert. Hernach heißt es in den Redaktionen, der Mann halte (a) sein Gesicht vor jede Kamera, sei (b) ein gefürchteter Vielschreiber und könne (c) bei dieser häufigen Medienpräsenz wissenschaftlich nun wirklich nichts mehr drauf haben. Das nenne ich einen gesunden Zynismus. < Den teilt die Journaille übrigens mit den Politikern, die dem Rätewesen verfallen sind. Auch da wird in Kommissionen und Beiräten ständig nach wissenschaftlicher Expertise verlangt. Fragt sich nur, ob diese Form der Politikberatung eine andere Funktion hat, als von der Ideenlosigkeit und der Entscheidungsschwäche der Auftraggeber abzulenken. Aber auch zu diesem Problem soll demnächst ein Arbeitskreis gegründet werden.
Oder sollte es sich doch nur um Wallache handeln? Der Verdacht keimt auf, wenn man die Vorwürfe liest, die der Politikwissenschaftler Franz Walter in der Tageszeitung "Die Welt" an die Adresse seiner Fachkollegen gerichtet hat – Zitat: "Kaum etwas verachtet der Ordinarius stärker als journalistischen Stil und feuilletonistische Eleganz. Denn schließlich ist er selbst ganz überwiegend ein knochentrockener Formulierer, dem partout kein lebendiger, farbenfroher, ausdrucksstarker Satz gelingen will." Und weiter kritisiert Walter: "95 Prozent der deutschen Sozialwissenschaftler schweigen, tauchen in den intellektuellen Auseinandersetzungen dieses Landes nirgendwo auf."
Der Göttinger Politologe kann sich diese Kollegenschelte leisten. Denn er gehört zu der Handvoll Wissenschaftler, die oft und gerne eingreifen in die öffentlichen Debatten, die pointiert formulieren und sich auch Leuten mit Normalabitur verständlich machen können. Das ist nachgerade zum Markenzeichen der "Göttinger Schule der Parteienforschung" geworden, die Franz Walter und sein Lehrer Peter Lösche begründet haben.
Doch dabei ist es dem Politologen in der niedersächsischen Provinz ergangen wie dem Kabriofahrer in der Bierwerbung, der von drei Ostfriesen den Weg zum Strand erfragen möchte und auf ihr eisernes Schweigen hin vom Hochdeutschen ins Englische, dann ins Französische verfällt: "Der Mann kann sogar Fremdsprachen!", kommentiert das Ostfriesen-Trio, "aber genutzt hat’s ihm nix!" Jedenfalls nicht an der heimischen Universität in Göttingen: Denn dort möchte der Präsident, ein Biochemiker, das politikwissenschaftliche Seminar auf die Hälfte eindampfen und die verbleibenden Professuren zu den Soziologen verschieben. Begründung: In der Göttinger Ausprägung leide das Fach an Profillosigkeit. Eine Einschätzung, die entweder Ignoranz oder Boshaftigkeit verrät. Auf Letzteres deutet die Bemerkung hin, die Göttinger Politikwissenschaftler seien "Feuilletonprofessoren".
Womit wir wieder bei den Medien wären. Denn die produzieren ähnliche Beißreflexe wie der Biochemiker im Göttinger Rektorat. Taucht da nämlich ein Sozialwissenschaftler auf, der sein Fach ebenso eloquent wie fachkundig vertritt, dann wird der solange durch die Mühle der Interview- und Expertenrunden gedreht, bis er dem Publikum vertrauter ist als die Stirnfalten von Ulrich Wickert. Hernach heißt es in den Redaktionen, der Mann halte (a) sein Gesicht vor jede Kamera, sei (b) ein gefürchteter Vielschreiber und könne (c) bei dieser häufigen Medienpräsenz wissenschaftlich nun wirklich nichts mehr drauf haben. Das nenne ich einen gesunden Zynismus. < Den teilt die Journaille übrigens mit den Politikern, die dem Rätewesen verfallen sind. Auch da wird in Kommissionen und Beiräten ständig nach wissenschaftlicher Expertise verlangt. Fragt sich nur, ob diese Form der Politikberatung eine andere Funktion hat, als von der Ideenlosigkeit und der Entscheidungsschwäche der Auftraggeber abzulenken. Aber auch zu diesem Problem soll demnächst ein Arbeitskreis gegründet werden.