Aus dem Kampf der Natur, aus Hunger und Tod (geht) unmittelbar das Höchste hervor, das wir uns vorstellen können: die Erzeugung immer höherer und vollkommenerer Wesen.
... so beschrieb Charles Darwin die Entwicklung des Lebens von der primitivsten Zelle bis hin zum komplexesten Lebewesen - zum Menschen. Bis heute ruft ein solch prosaischer Blick auf Werden und Vergehen Widerspruch hervor, wie der Evolutionsbiologe Professor Thomas Junker aus Frankfurt ausführt.
"Darwin scheint irgendetwas Emotionales im Menschen anzusprechen. Freud hat sich ja auch schon Gedanken darüber gemacht; und er hat gesagt, das liegt daran, dass das animalische Erbe in uns noch da ist. Und ich denke, das ist wirklich der Punkt, dass Darwin, wenn wir ihn anwenden auf die Menschen, dass er uns sagt, dass wir sehr stark noch von diesem tierischen Erbe geprägt sind."
Zufällige Mutationen bestimmen die Formen des Lebens. Im Kampf um die knappen Ressourcen setzt sich der Fitteste durch. Und jedes Lebewesen handelt nach dem Motto: fressen, um zu überleben und sich fortzupflanzen. Auch wenn der Mensch dabei vielleicht etwas mehr Kultur und Raffinesse an den Tag legt, als sein nächster Verwandter: der Schimpanse. Ist das wirklich alles?
"Es gibt Stimmen in den Naturwissenschaften, die die Behauptung aufstellen, allein die Naturwissenschaften könnten die Wirklichkeit beschreiben - und sie seien auch ausreichend, um die Wirklichkeit zu beschreiben. Das ist die naturalistische Engführung, ein reduktionistischer Ansatz. Den teilen wir hier nicht, denn sonst erübrigt sich ein interdisziplinärer Diskurs."
"Beyond Darwin" -"Über Darwin hinaus" war der Titel der interdisziplinären Bonner Tagung im Haus der Evangelischen Akademie des Rheinlands. Ist der Mensch wirklich nur das, was Darwin über ihn gesagt hat? Gesteuert durch seine naturgeschichtliche Prägung mehr als durch Vernunft oder Freiheit? Oder kann der Mensch doch mehr, als zur biologischen Erhaltung seiner Art notwendig ist? Doktor Frank Vogelsang, Leiter der Bonner Akademie und Mitveranstalter der Tagung:
"Allein die Frage zeigt, dass er mehr kann. Wenn der Mensch fragt, was kann der Mensch mehr und was macht den Menschen aus, dann zeigt sich da schon eine Qualität und eine Fähigkeit, sich selbst zu reflektieren und nach sinnhaften Antworten zu suchen, die über das hinausgeht, was man aus der Evolutionsbiologie ableiten könnte. Die Evolutionstheorie ist eine Weise, zu verstehen, woher der Mensch kommt und wie er sich entwickelt hat. Aber es ist nicht die Einzige."
Immer standen Religion und Evolutionslehre in einem Spannungsverhältnis zueinander. Darwins natürliche Erklärung der Abstammung der Arten machte die Idee eines Schöpfergottes überflüssig. Die Religion geriet auf den Rückzug. Allerdings konnte die Evolutionsbiologie bis heute zentrale Fragen ihrer Theorie nicht beantworten; zum Beispiel wie vor circa 3,5 Milliarden Jahren überhaupt Leben aus Anorganischem entstand; oder, wie es zu Artensprüngen kommen konnte, wie etwa aus Fischen Landtiere, aus wirbellosen Tieren Wirbeltiere wurden.
Manche Vertreter der Religion konterten deshalb: Durch zufällige Mutationen sind solche Entwicklungen nicht zu klären - hier war ein intelligenter Designer, sprich: Gott, am Werk. Doch - obwohl selbst Theologe - weist Doktor Hubert Meisinger, ebenfalls Veranstalter der Bonner Tagung, eine solche Idee zurück.
"Das ist das alte Problem des Lückenbüßergottes. Der Begriff Gott wird nur verwendet, wenn eine naturwissenschaftliche Lücke da ist. Diese Art Theologie zu betreiben, die ist schon längst ad acta gelegt worden. Die gibt es eigentlich gar nicht mehr, denn es ist schlechte Theologie. Denn sobald diese Lücke gefüllt wird, dann ist dieses Gottesverständnis wieder ein Stück weit aus dem Leben herausgedrängt worden."
Aber welche Rolle bleibt Gott dann noch, wenn er sich aus der Erschaffung der Welt und des Lebens zurückgezogen hat? Drängt sich nicht der Verdacht auf, dass jede Zeit sich ihren eigenen Gott erschafft?
"Es ist notwendig, dass wir unser Gottesbild modifizieren. Theologie ist eine dynamische Wissenschaft; die bleibt nicht stehen, sondern entwickelt sich fort; und die Art und Weise, wie wir Gott beschreiben, hat sich verändert über die Jahrtausende. Die Schöpfungsidee muss heute neu formuliert werden. In der Prozesstheologie würde man sagen, dass Gott schon immer mit im Werden des Kosmos dabei ist. Es gibt einen Ansatz des Pantheismus; auch da nimmt Gott an der Schöpfung teil, ist aber auch strukturgebendes Moment."
Allerdings sieht Frank Vogelsang in der Evolutionsbiologie auch nicht nur die nüchterne Naturwissenschaft, die sie vorgibt zu sein. Denn was bedeutet eigentlich: Jedes Leben will sich durchsetzen, jedes Leben will sich fortpflanzen? Die Biologen sehen in diesem Willen nur eine Metapher für einen chemisch-physikalischen Vorgang, der schon jede Zellteilung bestimmt. Für Frank Vogelsang lässt sich ein solcher Wille aber nicht naturgesetzlich bestimmen.
"Das Problem ist, wenn man das Leben analytisch betrachtet, als zellulären Prozess an dem biochemische Prozesse stattfinden, dann wird man niemals auf ein Einheit Wille kommen; auch nicht auf Leben, das etwas will oder das etwas für sich versteht oder für sich selbst sorgen will. Also all diese Prozesse würde man nicht sehen, aber man braucht sie. Und meiner Ansicht nach ist also die kausale Beschreibung der Lebensformen eine notwendige Beschreibung, aber keine vollständige. Man braucht andere Beschreibungsformen. Man braucht Lebewesen, die etwas wollen."
Mitten in Darwins Lehre, meint Frank Vogelsang, taucht so also selbst "Sinn" auf. Ein "Sinn des Lebens" - dem nämlich, weiterzuleben und sich zu vermehren, um die eigene Art zu erhalten. "Sinn" aber sei eine philosophische oder auch eine theologische Kategorie. Entsteht so also nicht schon mitten in der Biologie Philosophie? Gehört zum Leben also nicht beides: Natur und Geist, Körper und Seele, Sein und Bewusstsein? Kommt es nicht einfach auf die Perspektive an?
"Wenn man ein Kippbild anschaut, so mit der Vase, was eben auch zwei Gesichter sind, je nachdem wie man das betrachtet, dann ist das natürlich eine Wirklichkeit. Aber man kann dieses Bild unter verschiedenen Aspekten betrachten. Entweder sagt man, ich sehe jetzt nur die Vase oder nur die beiden Gesichter. Ein Künstler würde aber auch noch einmal über die Schattierungen sprechen, über die Farben. Ein Psychologe würde vielleicht deuten, was der dabei gedacht hat, der das entworfen hat. Und das heißt, wir haben einen multiperspektivischen Zugang auf die Wirklichkeit - und da dürfen und müssen sich alle einbringen."
... so beschrieb Charles Darwin die Entwicklung des Lebens von der primitivsten Zelle bis hin zum komplexesten Lebewesen - zum Menschen. Bis heute ruft ein solch prosaischer Blick auf Werden und Vergehen Widerspruch hervor, wie der Evolutionsbiologe Professor Thomas Junker aus Frankfurt ausführt.
"Darwin scheint irgendetwas Emotionales im Menschen anzusprechen. Freud hat sich ja auch schon Gedanken darüber gemacht; und er hat gesagt, das liegt daran, dass das animalische Erbe in uns noch da ist. Und ich denke, das ist wirklich der Punkt, dass Darwin, wenn wir ihn anwenden auf die Menschen, dass er uns sagt, dass wir sehr stark noch von diesem tierischen Erbe geprägt sind."
Zufällige Mutationen bestimmen die Formen des Lebens. Im Kampf um die knappen Ressourcen setzt sich der Fitteste durch. Und jedes Lebewesen handelt nach dem Motto: fressen, um zu überleben und sich fortzupflanzen. Auch wenn der Mensch dabei vielleicht etwas mehr Kultur und Raffinesse an den Tag legt, als sein nächster Verwandter: der Schimpanse. Ist das wirklich alles?
"Es gibt Stimmen in den Naturwissenschaften, die die Behauptung aufstellen, allein die Naturwissenschaften könnten die Wirklichkeit beschreiben - und sie seien auch ausreichend, um die Wirklichkeit zu beschreiben. Das ist die naturalistische Engführung, ein reduktionistischer Ansatz. Den teilen wir hier nicht, denn sonst erübrigt sich ein interdisziplinärer Diskurs."
"Beyond Darwin" -"Über Darwin hinaus" war der Titel der interdisziplinären Bonner Tagung im Haus der Evangelischen Akademie des Rheinlands. Ist der Mensch wirklich nur das, was Darwin über ihn gesagt hat? Gesteuert durch seine naturgeschichtliche Prägung mehr als durch Vernunft oder Freiheit? Oder kann der Mensch doch mehr, als zur biologischen Erhaltung seiner Art notwendig ist? Doktor Frank Vogelsang, Leiter der Bonner Akademie und Mitveranstalter der Tagung:
"Allein die Frage zeigt, dass er mehr kann. Wenn der Mensch fragt, was kann der Mensch mehr und was macht den Menschen aus, dann zeigt sich da schon eine Qualität und eine Fähigkeit, sich selbst zu reflektieren und nach sinnhaften Antworten zu suchen, die über das hinausgeht, was man aus der Evolutionsbiologie ableiten könnte. Die Evolutionstheorie ist eine Weise, zu verstehen, woher der Mensch kommt und wie er sich entwickelt hat. Aber es ist nicht die Einzige."
Immer standen Religion und Evolutionslehre in einem Spannungsverhältnis zueinander. Darwins natürliche Erklärung der Abstammung der Arten machte die Idee eines Schöpfergottes überflüssig. Die Religion geriet auf den Rückzug. Allerdings konnte die Evolutionsbiologie bis heute zentrale Fragen ihrer Theorie nicht beantworten; zum Beispiel wie vor circa 3,5 Milliarden Jahren überhaupt Leben aus Anorganischem entstand; oder, wie es zu Artensprüngen kommen konnte, wie etwa aus Fischen Landtiere, aus wirbellosen Tieren Wirbeltiere wurden.
Manche Vertreter der Religion konterten deshalb: Durch zufällige Mutationen sind solche Entwicklungen nicht zu klären - hier war ein intelligenter Designer, sprich: Gott, am Werk. Doch - obwohl selbst Theologe - weist Doktor Hubert Meisinger, ebenfalls Veranstalter der Bonner Tagung, eine solche Idee zurück.
"Das ist das alte Problem des Lückenbüßergottes. Der Begriff Gott wird nur verwendet, wenn eine naturwissenschaftliche Lücke da ist. Diese Art Theologie zu betreiben, die ist schon längst ad acta gelegt worden. Die gibt es eigentlich gar nicht mehr, denn es ist schlechte Theologie. Denn sobald diese Lücke gefüllt wird, dann ist dieses Gottesverständnis wieder ein Stück weit aus dem Leben herausgedrängt worden."
Aber welche Rolle bleibt Gott dann noch, wenn er sich aus der Erschaffung der Welt und des Lebens zurückgezogen hat? Drängt sich nicht der Verdacht auf, dass jede Zeit sich ihren eigenen Gott erschafft?
"Es ist notwendig, dass wir unser Gottesbild modifizieren. Theologie ist eine dynamische Wissenschaft; die bleibt nicht stehen, sondern entwickelt sich fort; und die Art und Weise, wie wir Gott beschreiben, hat sich verändert über die Jahrtausende. Die Schöpfungsidee muss heute neu formuliert werden. In der Prozesstheologie würde man sagen, dass Gott schon immer mit im Werden des Kosmos dabei ist. Es gibt einen Ansatz des Pantheismus; auch da nimmt Gott an der Schöpfung teil, ist aber auch strukturgebendes Moment."
Allerdings sieht Frank Vogelsang in der Evolutionsbiologie auch nicht nur die nüchterne Naturwissenschaft, die sie vorgibt zu sein. Denn was bedeutet eigentlich: Jedes Leben will sich durchsetzen, jedes Leben will sich fortpflanzen? Die Biologen sehen in diesem Willen nur eine Metapher für einen chemisch-physikalischen Vorgang, der schon jede Zellteilung bestimmt. Für Frank Vogelsang lässt sich ein solcher Wille aber nicht naturgesetzlich bestimmen.
"Das Problem ist, wenn man das Leben analytisch betrachtet, als zellulären Prozess an dem biochemische Prozesse stattfinden, dann wird man niemals auf ein Einheit Wille kommen; auch nicht auf Leben, das etwas will oder das etwas für sich versteht oder für sich selbst sorgen will. Also all diese Prozesse würde man nicht sehen, aber man braucht sie. Und meiner Ansicht nach ist also die kausale Beschreibung der Lebensformen eine notwendige Beschreibung, aber keine vollständige. Man braucht andere Beschreibungsformen. Man braucht Lebewesen, die etwas wollen."
Mitten in Darwins Lehre, meint Frank Vogelsang, taucht so also selbst "Sinn" auf. Ein "Sinn des Lebens" - dem nämlich, weiterzuleben und sich zu vermehren, um die eigene Art zu erhalten. "Sinn" aber sei eine philosophische oder auch eine theologische Kategorie. Entsteht so also nicht schon mitten in der Biologie Philosophie? Gehört zum Leben also nicht beides: Natur und Geist, Körper und Seele, Sein und Bewusstsein? Kommt es nicht einfach auf die Perspektive an?
"Wenn man ein Kippbild anschaut, so mit der Vase, was eben auch zwei Gesichter sind, je nachdem wie man das betrachtet, dann ist das natürlich eine Wirklichkeit. Aber man kann dieses Bild unter verschiedenen Aspekten betrachten. Entweder sagt man, ich sehe jetzt nur die Vase oder nur die beiden Gesichter. Ein Künstler würde aber auch noch einmal über die Schattierungen sprechen, über die Farben. Ein Psychologe würde vielleicht deuten, was der dabei gedacht hat, der das entworfen hat. Und das heißt, wir haben einen multiperspektivischen Zugang auf die Wirklichkeit - und da dürfen und müssen sich alle einbringen."