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Zwischen Figuren, Ahornschalen und Lindenholz

Das Erzgebirge ist für seine Weihnachtsfiguren bekannt. Aber wer selbst einmal ein Stück Lindenholz bearbeiten will, der kann hier auch Kurse belegen. Ob Anfänger oder Fortgeschrittene. Bei Volker Krämer lernt man den Umgang mit dem Naturstoff.

Von Franz Lerchenmüller |
    Kursleiter Volker Krämer hält ich nicht all zu lange mit einer Vorrede auf. Er weiß: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wollen so schnell wie möglich selbst Hand anlegen - die nötige Theorie lernen sie am besten während der Arbeit. Deshalb stellt er nur noch einmal kurz klar, was sie erwarten können und was nicht.

    "In den drei Tagen lernen Sie das Einmaleins des Schnitzens. Es gibt ja welche, die ganz, ganz neu anfangen, die fangen an mit ganz einfachen Figuren, dass sie erstmal das Holz kennenlernen, das Werkzeug kennenlernen, und überhaupt erst mal rausfinden können: Ist dieses Handwerk des Schnitzens überhaupt denkbar für mich als Hobby?"

    Die Hälfte der acht Männer, Frauen und Jugendlichen aus ganz Deutschland hat schon einmal einen Kurs bei ihm mitgemacht - und offensichtlich Spaß daran gefunden. Jetzt darf jeder sich ein Stück Lindenholz aussuchen und überlegen, woran er sich in den nächsten drei Tagen abarbeiten will.

    "Ich möchte eine Gesichterleiste machen. Ich denke, das ist die Grundlage, wenn man später mal Figuren machen möchte, was ich auch vorhabe, aber erst mal mit dem Kleinen anfangen, bevor man das Riesenteil macht."

    "Nen dicken Mann. Eine einfache Figur ja, die mir der Volker da geraten hat. Ich hoffe, dass ich damit klarkomme, dann."

    "Ne Schale, die wie ein Ahornblatt aussieht. Erstmal nen Rand malen. Dann halt eine Kuhle rein, erst oben, und dann umdrehen und unten."

    "Ich war schon mal hier, wir waren vorges Jahr schon mal hier. Ich mach eine Frau zu meinem Mann - das war der dicke Mann, mit den Händen in der Tasche - weil er noch eine Frau braucht."

    "Einen Pilz. Ich hab schon mal einen Pilz geschnitzt, aber den hab ich mit den Händen geschnitzt"

    Zunächst einmal werden die ausgewählten Figuren grob aus Lindenholz ausgesägt, dann beginnt an den einzelnen Hobelbänken das eigentliche Schnitzen. Überall werden Ecken gerundet, Flächen geglättet, Konturen geschärft und Höhlungen vertieft.

    Und bald zeigen sich auch die ersten Probleme.

    "Ich hab zu heftig geschnitten. Und was man weggeschnitten hat, das kann man dann nicht mehr draufhaben. Dann ist es weg, die Nase weg oder so - das ist schlecht. "

    "Man vertut sich mit den Proportionen so einfach. Man weiß auf einmal nicht mehr, wo die Nasenspitze ist, oder wo die Augen genau hin müssen - überhaupt, wie das ganze Gesicht so aufgebaut ist."

    Volker Krämer, der Lehrer ist überall. Glättet hier ein paar widerborstige Stellen in der Ahornschale, verpasst dort dem dicken Mann eine Hose mit Gürtel, und erklärt den beiden Frauen, wozu ein Schnitzer so unterschiedliche Werkzeuge braucht.

    "Zum Anlegen des Gesichtes nehm ich relativ große Werkzeuge, dass die schön glatt werden. Umso tiefer die Werkzeuge ausgearbeitet sind, umso tiefer werden die Rillen hier und umso älter wirkt das Gesicht. Ich brauch viel schöne rund Eisen, also diese Bohrer, Geißfüße haben am Gesicht so gut wie überhaupt nichts zu suchen, das ganze Glätten, die Augen ausarbeiten, mach ich alles mit dem Messer."

    Er geht herum und lobt...

    "Jaah!. Hier schlummern Talente, die wussten es bloß noch nicht, dass sie gut schnitzen können."

    Er erklärt genau, was schief gelaufen ist:

    "Mit der Nase hast du dich noch nicht getraut, das hier unten wegzuschneiden. Dadurch ist die Nase zu lang, der Mund ist dadurch zu weit unten und dadurch hat er nicht viel Kinn."

    Und wenn es mal gar nicht klappen will, verrät er auch die beliebtesten Ausreden, die Schnitzer immer parat haben müssen:

    "Das wollt`ich so. Oder: Schlechtes Holz erwischt. Oder: es gibt auch solche - höre ich auch sehr oft."

    In der lichten weiten Werkstatt herrscht eine freundliche, fast meditative Atmosphäre - und am Ende sind die drei Tage viel zu schnell vergangen. Alle nehmen etwas mit nach Hause. Manfred etwa seinen dicken Mann mit den Händen in der Hosentasche. Und dazu ein paar handwerkliche Kniffe:

    "Na, mit dem Werkzeug umzugehen. Und das Holz einzuschätzen, wie die Faser läuft."

    Daniela hat eine Leiste, auf der sich höchst unterschiedliche Gesichter aneinanderreihen:

    "Ich hab Gesichterstudie gemacht, die verschiedenen Schritte, wie ein Gesicht entsteht, schaut ein bisschen leichter aus, als es ist - aber so richtig zufrieden bin ich mit meinen Leistungen noch nicht wirklich - aber kommt schon noch."

    Auch Jens, dessen hölzerne Frau am Ende einen Stock erhält, hat Altes perfektioniert und Neues gelernt:

    "Die Haare haben wieder gut geklappt, finde ich. Die Hände, da habe ich jetzt das erste Mal gesehen, wie die gefertigt werden, und das Gesicht, hab ich gesehen, wie es geht."

    So richtig zufrieden ist Niels mit seiner Ahornschale

    "Ich schneide jetzt grad noch die Kanten ab. Ich hab schon gedacht, dass ich eine Schale rauskrieg. Aber dass sie so cool aussieht, hätte ich nicht gedacht."

    Bekanntlich ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Und sein Geld muss ja auch keiner der Teilnehmer mit dem Verkauf selbst gemachter Engel und Krippenfiguren verdienen. Aber ein tolles Hobby, da sind sich alle sich einig, könnte das Schnitzen durchaus für sie werden.
    Volker Krämer bringt Schülern das Schnitzen in Workshops bei.
    Volker Krämer bringt Schülern das Schnitzen in Workshops bei. (Franz Lerchenmüller)