Massiver mit wummernden Bässen geht’s zu bei Frieder Butzmann. Der hat einen Gruß ans Generalbasszeitalter sich ausgedacht. Für eine "barocke Party" hat er Samples aus schon etwas betagter Musik zusammengestellt, die er zerhackt, spreizt, mischt.
Ich kann jetzt so’n paar Rechtfertigungen geben, dass man Musik auch nicht so wie im 19.Jahrhundert im Konzertsaal genossen hat. Das waren auch gleichzeitig Räume, wo man auch getrunken und gegessen hat.
"Sonic Arts Lounge" nennt sich eine Abteilung des Berliner Festivals für "aktuelle" Musik, MaerzMusik. Mit dem Titel bezieht man sich auf Versuche in den 60iger Jahren mit Live-Elektronik. Durch die Remix-Bewegung im Pop hat das Feld neue Aufmerksamkeit gefunden. Und man widmete sich dem sogar in einem eigenen Symposion.
Musik über Musik – so neu ist das Phänomen freilich auch nicht. Johann Sebastian Bach hat durch Umarbeitungen etwa sich die Musik seines Zeitgenossen Antonio Vivaldi angeeignet. Strawinsky filterte aus der Adaptation des spätbarocken Kollegen Pergolesi seine Pulcinella-Suite. Karlheinz Stockhausen etablierte mit seiner Telemusik eine neue Art von Weltmusik.
Kompliziert wird der Fall, wenn es um urheberrechtlich geschützte Werke geht, die "remixt" werden sollen. Kleinste geschützte Einheit ist die Melodie. Deren Bearbeitungsrechte liegen ausschließlich beim Autor beziehungsweise dem Verlag. Christian von Borries, der sich mit seinen ironisch "Musikmissbrauch" genannten Konzerten schon manche blutige Nase geholt hat, gefällt der Begriff nicht sonderlich. Er plädiert für Veränderung.
Der Begriff aus der Popmusik, der bezeichnet letztendlich – also im Extremfall kann ich mir ein Schnipsel von einem Bruchteil der Sekunde suchen und kann daraus ein völlig neues Stück machen und kann es Remix nennen – der ist mir zu unpräzise und ich glaube, den sollte man nicht mehr verwenden. Also als ich eine Platte gemacht habe, wo es um Neuinterpretationen ging, die man im Popbereich auch Remix nennen könnte, da haben wir den Begriff Replay – man hört sich’s noch mal an – dann ist man in der Nähe des Zitats: Um diese Techniken alle zu beschreiben, habe ich gedacht der Begriff "alias", den wir aus der Software kennen, der so einen Verweis bezeichnet, den ich aber als Verweis deutlich mache, das könnte ein Begriff sein, der unvorbelastet ist.
Borries macht seine Umarbeitungen nicht nur elektronisch sondern gerade auch mit Konzertmusik.
Ich greife in die Zeitstruktur ein. Also wenn ich bei Wagner feststelle, der hat andeutungsweise Musik "geloopt", wie man jetzt bei der elektronischen Musik sagen würde, also hatte er sozusagen einen Sampler im Kopf als Komponist, dann kann ich mir vorstellen, den Vorgang treibe ich weiter, weil wir heute eine andere Hörerfahrung haben mit Dingen, die geloopt sind, die sich wiederholen.
Loopings wie hier am Beispiel von Debussys L’après-midi kann man bei dem Festival allerdings auch vom Altmeister des Looping, Robert Ashley, original hören. Celestial Excursions heißt ein Werk, das er zur Uraufführung mitgebracht hat aus New York und an dem er selbst in einer Art geläutertem Rap-Gesang mitwirkt.
Mit seinen "himmlischen Exkursionen" will er eine Imitations-Technik des "Jagens", wie er es nennt, exemplifizieren. Die Texte, die da quasi-rezitativisch gesungen werden, lässt er begleiten von live veränderter Tonbandmusik. Es handelt sich um Lebensbeichten von Außenseitern und Obdachlosen.
Optisch erweitert werden sie durch die per Video vervielfachte Performance einer Tänzerin. Was da entsteht, ist ein freilich fast schon wieder magisch zu nennender Andachts-Raum.
Link: mehr ...
948.html
Ich kann jetzt so’n paar Rechtfertigungen geben, dass man Musik auch nicht so wie im 19.Jahrhundert im Konzertsaal genossen hat. Das waren auch gleichzeitig Räume, wo man auch getrunken und gegessen hat.
"Sonic Arts Lounge" nennt sich eine Abteilung des Berliner Festivals für "aktuelle" Musik, MaerzMusik. Mit dem Titel bezieht man sich auf Versuche in den 60iger Jahren mit Live-Elektronik. Durch die Remix-Bewegung im Pop hat das Feld neue Aufmerksamkeit gefunden. Und man widmete sich dem sogar in einem eigenen Symposion.
Musik über Musik – so neu ist das Phänomen freilich auch nicht. Johann Sebastian Bach hat durch Umarbeitungen etwa sich die Musik seines Zeitgenossen Antonio Vivaldi angeeignet. Strawinsky filterte aus der Adaptation des spätbarocken Kollegen Pergolesi seine Pulcinella-Suite. Karlheinz Stockhausen etablierte mit seiner Telemusik eine neue Art von Weltmusik.
Kompliziert wird der Fall, wenn es um urheberrechtlich geschützte Werke geht, die "remixt" werden sollen. Kleinste geschützte Einheit ist die Melodie. Deren Bearbeitungsrechte liegen ausschließlich beim Autor beziehungsweise dem Verlag. Christian von Borries, der sich mit seinen ironisch "Musikmissbrauch" genannten Konzerten schon manche blutige Nase geholt hat, gefällt der Begriff nicht sonderlich. Er plädiert für Veränderung.
Der Begriff aus der Popmusik, der bezeichnet letztendlich – also im Extremfall kann ich mir ein Schnipsel von einem Bruchteil der Sekunde suchen und kann daraus ein völlig neues Stück machen und kann es Remix nennen – der ist mir zu unpräzise und ich glaube, den sollte man nicht mehr verwenden. Also als ich eine Platte gemacht habe, wo es um Neuinterpretationen ging, die man im Popbereich auch Remix nennen könnte, da haben wir den Begriff Replay – man hört sich’s noch mal an – dann ist man in der Nähe des Zitats: Um diese Techniken alle zu beschreiben, habe ich gedacht der Begriff "alias", den wir aus der Software kennen, der so einen Verweis bezeichnet, den ich aber als Verweis deutlich mache, das könnte ein Begriff sein, der unvorbelastet ist.
Borries macht seine Umarbeitungen nicht nur elektronisch sondern gerade auch mit Konzertmusik.
Ich greife in die Zeitstruktur ein. Also wenn ich bei Wagner feststelle, der hat andeutungsweise Musik "geloopt", wie man jetzt bei der elektronischen Musik sagen würde, also hatte er sozusagen einen Sampler im Kopf als Komponist, dann kann ich mir vorstellen, den Vorgang treibe ich weiter, weil wir heute eine andere Hörerfahrung haben mit Dingen, die geloopt sind, die sich wiederholen.
Loopings wie hier am Beispiel von Debussys L’après-midi kann man bei dem Festival allerdings auch vom Altmeister des Looping, Robert Ashley, original hören. Celestial Excursions heißt ein Werk, das er zur Uraufführung mitgebracht hat aus New York und an dem er selbst in einer Art geläutertem Rap-Gesang mitwirkt.
Mit seinen "himmlischen Exkursionen" will er eine Imitations-Technik des "Jagens", wie er es nennt, exemplifizieren. Die Texte, die da quasi-rezitativisch gesungen werden, lässt er begleiten von live veränderter Tonbandmusik. Es handelt sich um Lebensbeichten von Außenseitern und Obdachlosen.
Optisch erweitert werden sie durch die per Video vervielfachte Performance einer Tänzerin. Was da entsteht, ist ein freilich fast schon wieder magisch zu nennender Andachts-Raum.
Link: mehr ...
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