Das maisgelb gestrichene Flughafengebäude von Iqaluit wirkt im Inneren wie ein gemütliches Empfangszimmer, in dem die Schalter zum Einchecken, die Gepäckkontrolle und selbst das Kofferband für die ankommenden Fluggäste untergebracht sind, die hier auch gleich von Verwandten und Freuden herzlich begrüßt werden. Iqaluit hat 7000 Einwohner und ist die Hauptstadt des seit zehn Jahren autonomen Gebietes Nunavut. Nunavut, das ist eine baumlose Tundra in der Arktis Kanadas mit 27 isoliert lebenden kleinen Gemeinden. Straßen führen nicht dorthin. Alle Orte in Nunavut sind nur mit dem Schiff oder dem Flugzeug zu erreichen. Die Bewohner von Nunavut, die Inuit, haben nach Jahrhunderten der Kolonisierung für ihre Selbstbestimmung gekämpft und sind heute stolz auf das Erreichte.
Das Hotel "Frobisher Inn" ist ein Riesengebäude, das wie eine Landmarke auf einem Hügel mitten in Iqaluit erbaut wurde. An den Tischen des Hotel-Pubs sitzen fast ausschließlich Weiße und trinken ihr Bier. Auf Riesenbildschirmen laufen weitgehend unbeachtet verschiedene Fernsehprogramme. Ab und zu geht ein Inuit von Tisch zu Tisch und bietet schüchtern kleine Kunstgegenstände zum Verkauf an. Weißen gehören die Hotels, Weißen die meisten Einkaufsläden in Iqaluit. Von wirtschaftlicher Eigenständigkeit der Inuit ist noch wenig festzustellen. Auch der weiße Kanadier Doug Workman, Präsident der Nunavut Arbeiter Gewerkschaft, hat seine Zweifel.
"Ich glaube nicht, dass die Inuit wirklich Autonomie haben. Schon von Anfang an waren sie auf den Rat von Nicht-Iniut aus anderen kanadischen Provinzen angewiesen. Aber die sind nicht gekommen, um Ratschläge zu geben, sondern sie kamen und haben die Sache selbst übernommen. Solche Leute sind nicht nach Nunavut gekommen, um hier zu investieren, sondern sie verfolgen ganz eigene Interessen. Die haben ihre eigene Agenda."
Nunavuts Probleme sind gewaltig. Es sind die Wohnungsnot, die hohe Kindersterblichkeit, die geringe Lebenserwartung, der Drogenkonsum und die hohe Suizidrate. Daran haben auch zehn Jahre Selbstverwaltung nichts geändert. Im Parlamentsgebäude in Iqaluit regiert seit Herbst 2008 eine Frau, auf der nun alle Hoffnungen ruhen: Die recht mütterlich wirkende Eva Aariak. Kritik möchte sie erst einmal nicht gelten lassen:
"Eines möchte ich klarstellen und Nunavut verteidigen, Sie sehen doch selbst diese wundervolle Stadt, unser schönes Land und das große Potential, das wir haben. Natürlich gibt es auch Herausforderungen, natürlich gibt es Arbeitslosigkeit und all diese negativen Dinge, weil die Journalisten etwas zu schreiben haben wollen. Sie vergessen dabei alles Schöne und wer wir Iniut sind."
Obst und Gemüse, Backwaren, Milch, Schuhe und Kleidungsstücke, alles, was in den Kühltruhen und Regalen der Supermärkte in Iqaluit angeboten wird, kommt mit dem Flugzeug aus dem Süden Kanadas. Viel Übles wird den Inuit dort unterstellt: Sie lebten auf Kosten von Subventionen, heißt es.
Die Inuit sind heute tatsächlich von den Lieferungen aus dem Süden abhängig, dabei waren sie einst Selbstversorger, lebten von dem, was das Land ihnen bot: Von Fischen und Robben, dem Fleisch der Karibus, von Beeren. Im Sommer wohnten sie in Zelten aus Fellen und im Winter in Iglus. Kleine Familiengruppen wanderten durch die Arktis und versammelten sich nur zu besonderen Anlässen.
Bis sie von der Regierung gezwungen wurden, ihr Nomadenleben aufzugeben und in feste Siedlungen zu ziehen. Unter diesem Schock leiden viele bis heute. Das Interesse der weißen Einwanderer galt niemals den Bewohnern, den Eskimos, wie sie früher genannt wurden, sondern den Rohstoffen, die sich in ihrem Boden befinden: Gold, Diamanten, Uran und Eisenerz. Trotz Selbstverwaltung bestimmen die Inuit bis heute nicht über diese Schätze. Premierministerin Eva Aariak:
"Was den Abbau von Bodenschätzen betrifft, sind wir wie überall auf dem Rückmarsch, aber wir schauen nach vorne, um in Verhandlungen endlich zu einer Regelung unserer eigenen Angelegenheiten zu kommen, was unsere Ressourcen betrifft. Diese Verhandlungen haben noch nicht begonnen. Aber wir hoffen doch, dass wir unsere wirtschaftliche Entwicklung durch Erlöse aus dem Bergbau, der Fischerei, dem Tourismus und unsere kulturellen Initiativen finanzieren können."
Welche Agenda die kommenden Jahre ihrer Regierung bestimmen wird, verrät Eva Aariak nicht. Sie möchte erst einmal die Ergebnisse einer Untersuchungskommission abwarten, die im Herbst vorliegen sollen. Besonders in der Bildung liegen die Inuit weit hinter den übrigen Kanadiern zurück: Über 60 Prozent der unter 25-Jährigen in Nunavut haben keinen Highschool-Abschluss, im übrigen Kanada sind es nur 14 Prozent. Die 23-jährige Jessie Mike, die im Jugendamt von Iqaluit arbeitet, wüsste schon, was sie als Premierministerin tun würde:
"Wäre ich die Premierministerin, würde ich die Lehrpläne ändern. Warum sollte hier jemand zur Schule gehen und beispielsweise etwas über Schweine, Bäume und all die Dinge im Süden lernen, die es hier nicht gibt. Oder Fremdsprachen, die keine Relevanz für uns haben. Jeder sollte wählen können, ob er nicht lieber Inuktitut, unsere eigene Sprache lernen will oder etwas über unsere heimischen Tiere, unsere Kultur und unsere Geschichte. Das Interesse an der Schule wäre größer, wenn es im Unterricht um die eigene Umwelt ginge und nicht eine völlig fremde."
Das Hotel "Frobisher Inn" ist ein Riesengebäude, das wie eine Landmarke auf einem Hügel mitten in Iqaluit erbaut wurde. An den Tischen des Hotel-Pubs sitzen fast ausschließlich Weiße und trinken ihr Bier. Auf Riesenbildschirmen laufen weitgehend unbeachtet verschiedene Fernsehprogramme. Ab und zu geht ein Inuit von Tisch zu Tisch und bietet schüchtern kleine Kunstgegenstände zum Verkauf an. Weißen gehören die Hotels, Weißen die meisten Einkaufsläden in Iqaluit. Von wirtschaftlicher Eigenständigkeit der Inuit ist noch wenig festzustellen. Auch der weiße Kanadier Doug Workman, Präsident der Nunavut Arbeiter Gewerkschaft, hat seine Zweifel.
"Ich glaube nicht, dass die Inuit wirklich Autonomie haben. Schon von Anfang an waren sie auf den Rat von Nicht-Iniut aus anderen kanadischen Provinzen angewiesen. Aber die sind nicht gekommen, um Ratschläge zu geben, sondern sie kamen und haben die Sache selbst übernommen. Solche Leute sind nicht nach Nunavut gekommen, um hier zu investieren, sondern sie verfolgen ganz eigene Interessen. Die haben ihre eigene Agenda."
Nunavuts Probleme sind gewaltig. Es sind die Wohnungsnot, die hohe Kindersterblichkeit, die geringe Lebenserwartung, der Drogenkonsum und die hohe Suizidrate. Daran haben auch zehn Jahre Selbstverwaltung nichts geändert. Im Parlamentsgebäude in Iqaluit regiert seit Herbst 2008 eine Frau, auf der nun alle Hoffnungen ruhen: Die recht mütterlich wirkende Eva Aariak. Kritik möchte sie erst einmal nicht gelten lassen:
"Eines möchte ich klarstellen und Nunavut verteidigen, Sie sehen doch selbst diese wundervolle Stadt, unser schönes Land und das große Potential, das wir haben. Natürlich gibt es auch Herausforderungen, natürlich gibt es Arbeitslosigkeit und all diese negativen Dinge, weil die Journalisten etwas zu schreiben haben wollen. Sie vergessen dabei alles Schöne und wer wir Iniut sind."
Obst und Gemüse, Backwaren, Milch, Schuhe und Kleidungsstücke, alles, was in den Kühltruhen und Regalen der Supermärkte in Iqaluit angeboten wird, kommt mit dem Flugzeug aus dem Süden Kanadas. Viel Übles wird den Inuit dort unterstellt: Sie lebten auf Kosten von Subventionen, heißt es.
Die Inuit sind heute tatsächlich von den Lieferungen aus dem Süden abhängig, dabei waren sie einst Selbstversorger, lebten von dem, was das Land ihnen bot: Von Fischen und Robben, dem Fleisch der Karibus, von Beeren. Im Sommer wohnten sie in Zelten aus Fellen und im Winter in Iglus. Kleine Familiengruppen wanderten durch die Arktis und versammelten sich nur zu besonderen Anlässen.
Bis sie von der Regierung gezwungen wurden, ihr Nomadenleben aufzugeben und in feste Siedlungen zu ziehen. Unter diesem Schock leiden viele bis heute. Das Interesse der weißen Einwanderer galt niemals den Bewohnern, den Eskimos, wie sie früher genannt wurden, sondern den Rohstoffen, die sich in ihrem Boden befinden: Gold, Diamanten, Uran und Eisenerz. Trotz Selbstverwaltung bestimmen die Inuit bis heute nicht über diese Schätze. Premierministerin Eva Aariak:
"Was den Abbau von Bodenschätzen betrifft, sind wir wie überall auf dem Rückmarsch, aber wir schauen nach vorne, um in Verhandlungen endlich zu einer Regelung unserer eigenen Angelegenheiten zu kommen, was unsere Ressourcen betrifft. Diese Verhandlungen haben noch nicht begonnen. Aber wir hoffen doch, dass wir unsere wirtschaftliche Entwicklung durch Erlöse aus dem Bergbau, der Fischerei, dem Tourismus und unsere kulturellen Initiativen finanzieren können."
Welche Agenda die kommenden Jahre ihrer Regierung bestimmen wird, verrät Eva Aariak nicht. Sie möchte erst einmal die Ergebnisse einer Untersuchungskommission abwarten, die im Herbst vorliegen sollen. Besonders in der Bildung liegen die Inuit weit hinter den übrigen Kanadiern zurück: Über 60 Prozent der unter 25-Jährigen in Nunavut haben keinen Highschool-Abschluss, im übrigen Kanada sind es nur 14 Prozent. Die 23-jährige Jessie Mike, die im Jugendamt von Iqaluit arbeitet, wüsste schon, was sie als Premierministerin tun würde:
"Wäre ich die Premierministerin, würde ich die Lehrpläne ändern. Warum sollte hier jemand zur Schule gehen und beispielsweise etwas über Schweine, Bäume und all die Dinge im Süden lernen, die es hier nicht gibt. Oder Fremdsprachen, die keine Relevanz für uns haben. Jeder sollte wählen können, ob er nicht lieber Inuktitut, unsere eigene Sprache lernen will oder etwas über unsere heimischen Tiere, unsere Kultur und unsere Geschichte. Das Interesse an der Schule wäre größer, wenn es im Unterricht um die eigene Umwelt ginge und nicht eine völlig fremde."