Koloniale Fassaden und Kopfsteinpflaster: In der Altstadt liegen die verwinkelten Häuser eng beieinander. In den Kneipen und Bars pulsiert das Nachtleben. Bogota hat zahlreiche Universitäten und es ist Wochenende. Heute ist "La rumba" angesagt, erzählt die kleine dunkelhaarige Studentin Sonia:
"Rumba, das ist tanzen gehen und noch einmal tanzen gehen, die Nacht genießen, mit Freunden etwas Trinken gehen."
Hier lässt es sich leben, neben den modernen Diskotheken im Norden der Stadt ist die Altstadt "La Candelaria" das beliebteste Vergnügungsviertel der kolumbianischen Hauptstadt. Candelaria heißt die Altstadt wegen einer Muttergottes "La Virgen de la Candelaria".
"Bogota ist für junge Leute eine Stadt, wo es einfach viel zu machen gibt. Es gibt viel Kultur, viel Nachtleben, Rumba und eine absolut gute Küche."
Hier in Altstadt finden sich aber auch die traditionellen Restaurants, Feinschmeckerlokale - in den großen Innenhöfen der kolonialen Paläste wie "Casa Vieja" - oder einfache Hausmacherkost. Örtliche Spezialitäten sind etwa die kräftige Suppe "Ajiaco Santafereño" aus verschiedenen Kartoffelsorten, Hühnerfleisch, Maiskolben und Kräutern, oder der "Puchero" - der Eintopf aus Rinder und Schweinefleisch, manchmal ist auch Huhn dabei und Kartoffeln, Bananen und Kürbis. Aber der Neugierige findet immer neue kulinarische Überraschungen:
"Hier sehen sie einige typische Speisen. Frittiertes, die kreolischen Kartoffeln, Süßkartoffeln und Kartoffeln nach Havanna Art. Rote Wurst, Kuhlunge, Bananen mit Käse und die Arrepas, die Maisfladen, und der Maiskolben, der darf auch nicht fehlen und die Eingeweide der Kuh, die sind auch lecker."
Der kleine Platz "El chorro de Quevedo" soll der älteste Ort der Stadt sein. Santa Fé de Bogota wurde hier 1538 gegründet. Ein deutscher Mitbegründer, Nikolaus Federmann vom Bankhaus Welser aus Augsburg, war auch dabei, erzählt Milena. Die junge Frau mit mandelförmigen Augen hat ihre Studentenzeit schon hinter sich. Jetzt arbeitet sie als Stadtführerin. Immer wieder führt sie Touristen in die verwinkelten Gassen der Altstadt mit ihren alten Traditionen:
"Hier die kleine Strasse - immer noch die Hexengasse. Hier standen immer viele allein stehende Frauen, Straßenmädchen. Die schauten den Männern nach, ob sie noch zu haben wären. Deren Ehefrauen kannten sich aus und sagten 'Ah, gehst du wieder zu den Hexen in die Hexenstraße?' Aber heute ist das ein sehr schöner und sicherer Teil der Altstadt."
In der Altstadt trinkt man Bier oder Billigeres, etwa "La chicha". Die vergorene Maissuppe wurde hier schon getrunken bevor die Spanier das Land eroberten:
"Hier das Haus auf der linken Seite, hier wurde früher die Chicha verkauft. Aber die Spanier verboten das Getränke, zum einen sagten sie es würde die Indios berauschen und ihre Arbeitskraft schwächen, zum anderen sei es unhygienisch. Man sagte, die Unterwäsche der Jungfrauen oder die Knochen der Toten würden dem Getränk erst den richtigen Geschmack geben. Heute wird das natürlich nicht mehr so gemacht."
Heute ist das vergorene Maisgetränk über alle Zweifel erhaben und wegen des Preis-Leistungsverhältnisses besonders bei den weniger betuchten Studenten beliebt. Wie viele der dunklen Geschichten aus engen Altstadtgassen allerdings auf den Genuss vergorenen Mais und anderer Rauschmittel zurückzuführen sind, weiß niemand.
"Man sagt, dass man hier nachts viele Gespenster sieht, Hunde ohne Kopf, man hört Schreie, Ketten rasseln. Hier in dieses Gassen sind viele Menschen gewaltsam gestorben, in Revolutionen, Unabhängigkeitskriegen, hier wurde unsere Geschichte geboren und daher hört man viele Gespenster. Mich gruselt es immer bei diesen Geschichten."
Auch ohne Gespenster kann die Nacht lang sein in Bogota, aber tagsüber bietet die Altstadt ein ganz anderes Bild.
Klöster und Kirchen der drei großen katholischen Orden, der Jesuiten, der Franziskaner, der Dominikaner - im Zentrum der Altstadt liegt die Plaza Bolivar, die klassizistische Kathedrale, das Kapitol und das Rathaus.
An einem Ende des Platzes liegt ein modernes klobiges Gebäude: der Justizpalast. Die blutige Geschichte des Landes ist immer präsent. Am 6. November 1986 besetzte die Guerilla den damaligen Justizpalast erzählt Alejandro:
"Wir sind hier am neuen Justizpalast. Vor zwanzig Jahren besetzte die Guerilla den alten Justizpalast und die Regierung drang mit Panzern ein, um ihn zurückzuerobern. Dabei gab es viele, sehr viele Tote. Viele sind auch immer noch vermisst. Und bei manchen ist das ganz seltsam, weil man in den Fernsehberichten sehen konnte, wie sie lebend das Gebäude verließen, aber dann sind sie verschwunden und weder tot noch lebendig wieder aufgetaucht. Darunter auch Leute, die in der Cafeteria oder an anderen Stellen im Palast gearbeitet haben."
Die Stadt hat zahlreiche solcher Geschichten, voller Gewalt und Gegengewalt, von Verschwundenen, Entführten und Ermordeten. In den 1990er Jahren wurde Bogota zum Ziel der Drogenkartelle. Viele Terrorattentate wurden in der Stadt verübt, die Hunderte Unbeteiligte in den Tod rissen.
Bogota ist aber auch eine Kulturstadt. Im "Museo Botero" sind außer einer Vielzahl von Werken von Fernando Botero auch die anderer Künstler wie Pablo Picasso, Miró, Edgar Degas und Claude Monet zu sehen. Botero wurde 1932 in Medellin geboren, der größte Skulpturenpark befindet sich dort. Aber seine persönliche Gemäldesammlung stiftete er dem Museum in Bogota. Die grotesken Rundungen der Modelle des kolumbianischen Meisters erscheinen in den verschiedenen Varianten. Eine Mona Lisa, aber auch ein Stillleben mit Bananen tragen die unveränderliche Handschrift des Malers. So zeigt er die Doppelbödigkeit der bürgerlichen Familie in einem Familienporträt beim Sonntagsausflug:
"Gut hier sehen wir die Familie, wir sehen eine Schlange die sich offensiv an die Dame des Dauses richtet. Wir gehen damit wieder zu Adam und Eva zurück, der Apfel, die Schlange, die Sünde. Wir sehen die kleine Tochter, die dem Vater so gar nicht ähnlich sieht. Sie wird wohl aus einem Seitensprung mit dem Briefträger, dem Milchmann, was weiß ich wem entstammen. Aber wir sehe, dass auch der Vater kein Heiliger ist, denn er trägt gleich zwei Eheringe an der Hand und wird wohl auch eine zweite Familie irgendwo haben."
Weniger idyllisch als Boteros Familienausflug ist der Verkehr in Bogota. Manchmal geht nichts mehr, der dichte Verkehr gehört zum Alltag der Millionenstadt. Die hohe Luftverschmutzung ist ein gravierendes Problem der Hochgebirgsstadt. Bei Regen füllen sich die Schlaglöcher mit Wasser. Die Stadt platzt aus den Nähten. Die klapperigen alten Busse bleiben im Stau stecken, und sogar mit dem Taxi braucht man Stunden.
Aber es war schon einmal schlimmer, so die Hochschuldozentin Isleni Cruz:
"Ich kann mich noch erinnern, dass den Statistiken zufolge die Durchschnittsgeschwindigkeit in Bogota zwischen fünf und zehn Stundenkilometern lag. Also, um die zehnte Strasse vom Anfang bis zum Ende zu fahren, brauchte man locker drei Stunden. Bei Regen natürlich noch mehr. Die Strassen waren voller Schlaglöcher. Die ganze Stadt war ein einziges Loch."
Ein neues Verkehrsmittel, der "Transmilenio" hat den Dauerstau gelindert. Von außen sieht es aus wie eine S-Bahn oder eine Tram. Aber es ist ein Autobus der die Stadt, auf einer festgelegten Trasse mit befestigten Haltestellen durchquert. Aber "Transmilenio", der das Jahrtausend durchquert, wurde im spöttischen Volksmund längst zum "Trasmiserio" - der, der das Elend durchquert - umbenannt.
In der Fußgängerzone finden sich nur noch wenige Straßenmusiker. Immer wieder zeigt sich Bogota als Stadt extremer Gegensätze: die Mischung der Architekturen, der Stil, Wolkenkratzer, englische Vorstadthäuschen aus rotem Backstein., im Norden, die Wohnviertel der Reichen und Wohlhabenden. Der Süden mit seinen Massen- und Elendvierteln: Landflucht, Bürgerkrieg - 15 Prozent Leben in völliger Armut.
Polizei, Militärpolizei und Soldaten - letztere besonders schwer bewaffnet - sind in der ganzen Stadt, besonders aber im Zentrum, massiv vertreten und nicht zu übersehen. Aber auch unabhängig der spektakulären Entführungsfälle ist die tägliche Kriminalität extrem hoch.
Raubüberfälle und Diebstähle gehören längst zu den alltäglichen urbanen Legenden der Millionenstadt, denn die Kriminalität betrifft Touristen und Einheimische gleichermaßen. So greifen angesichts der steigenden Taxiüberfälle viele gleich lieber zum sicheren Funktaxi mit vereinbartem Code. Denn häufig führt das auf der Strasse angehaltene Taxi zur "Millionärsreise" - schon wenige Kreuzungen steigt ein Komplize ein und raubt den Fahrgast aus.
Aber auch der Weg in die heile Natur ist nicht ungefährlich, erzählt Graham aus Los Angeles. Er ging gemeinsam mit einem Freund aus Kalifornien in einen bewachten Nationalpark mitten in Bogota, aber am Ende des Wanderweges wartete eine Überraschung - ein Raubüberfall mit Simultanübersetzung:
"Der Kerl hatte eine Pistole und eine Skimaske auf, und mir wurde schnell klar, dass er kaum zum Skifahren gekommen war, ich musste immer auf die Waffe schauen. Das war wie so ein böses Erwachen, wo man alles überdeutlich wahrnimmt. Jason fing an mit ihm spanisch zu reden und versuchte auch immer wieder mich zu beruhigen. Der Mann mit der Skimaske antwortete ihm in sehr schnellem Spanisch und Jason sagte mir nur: Er will all unsere Sachen. Wir gaben unsere Kameras, die Ringe, als ich kurz aufstand wurde er immer nervöser und machte schon klar, wer hier die Waffe hatten."
Trotzdem hat sich Bogota in den letzten Jahren extrem verändert - vom extrem Schlechten zum weniger Schlechten sagen viele.
Natürlich, die schlimmsten Zeiten sind vorbei, die Zeiten als die Gewalt so große Ausmaße annahm, dass sogar die Helme für motorisierte Zweiradfahrer verboten wurden.
Fußgängerzonen wurden eingerichtet, Fassaden gestrichen. Die Gewalt ist zurückgegangen, das direkte Elend in der Innenstadt tagsüber nicht mehr zu sehen. Reine Kosmetik sagen die Kritiker, wie der Soziologe Orlando Aguiler:
"Ja, in den letzten acht Jahren haben sie im Zentrum und im Norden viel Schminke aufgelegt. Warum? Ganz einfach, weil da die Touristen sind."
Aber trotzdem wurden auf kommunaler Ebene viele Reformen eingeleitet, Gratiskonzerte für die Bevölkerung in den Stadtparks und auch das Netz an Fahrradwegen wurde eingerichtet. Am Wochenende werden die Hauptachsen für Autofahrer gesperrt und für Radfahrer und Fußgänger geöffnet.
"Die Stadt ist heute viel besser organisiert als noch vor Jahren, sie ist ruhiger geworden, es gibt weniger Aggressivität. Aber manchmal kommt mir die neue Sauberkeit verdächtig vor. Ich frage mich manchmal, was aus all den Leuten geworden ist, den Bettlern, den Obdachlosen, den kleinen Taschendieben. Ich vermute, dass es sich hier, wie so oft bin Kolumbien, um ein Staatsgeheimnis handelt."
Über der Stadt liegen die beiden höchsten Gipfel, der Montserrat, ein erloschener Vulkan und der Gipfel der "Virgen de Guadalupe". Die Wolken hängen tief fast unter dem Gipfel. Hier spürt man den Luftdruck noch stärker als in der Stadt. Hier oben wird noch einmal deutlich, warum Bogota der "Kühlschrank Kolumbiens" genannt wird. Für klimatische Überraschungen ist immer gesorgt, so der große Hagel im November 2007. Aber auch sonst können die vier Jahreszeiten innerhalb von wenigen Minuten wechseln, die Sonnenstrahlen wärmen und wenn dunkle Wolken die Sonne verhüllen, pfeift ein eisiger Wind.
Der Blick auf die umgebende Landschaft ist beeindruckend, 3100 Meter über dem Meeresspiegel. Unten liegt die Stadt, mit ihren vielen unterschiedlichen Gesichtern: eine Metropole mit einer ungewissen Zukunft. Immer am Rande des Zusammenbruchs mit seinen unlösbaren sozialen Konflikten. Eine Stadt voller Reize und Widersprüche.
"Rumba, das ist tanzen gehen und noch einmal tanzen gehen, die Nacht genießen, mit Freunden etwas Trinken gehen."
Hier lässt es sich leben, neben den modernen Diskotheken im Norden der Stadt ist die Altstadt "La Candelaria" das beliebteste Vergnügungsviertel der kolumbianischen Hauptstadt. Candelaria heißt die Altstadt wegen einer Muttergottes "La Virgen de la Candelaria".
"Bogota ist für junge Leute eine Stadt, wo es einfach viel zu machen gibt. Es gibt viel Kultur, viel Nachtleben, Rumba und eine absolut gute Küche."
Hier in Altstadt finden sich aber auch die traditionellen Restaurants, Feinschmeckerlokale - in den großen Innenhöfen der kolonialen Paläste wie "Casa Vieja" - oder einfache Hausmacherkost. Örtliche Spezialitäten sind etwa die kräftige Suppe "Ajiaco Santafereño" aus verschiedenen Kartoffelsorten, Hühnerfleisch, Maiskolben und Kräutern, oder der "Puchero" - der Eintopf aus Rinder und Schweinefleisch, manchmal ist auch Huhn dabei und Kartoffeln, Bananen und Kürbis. Aber der Neugierige findet immer neue kulinarische Überraschungen:
"Hier sehen sie einige typische Speisen. Frittiertes, die kreolischen Kartoffeln, Süßkartoffeln und Kartoffeln nach Havanna Art. Rote Wurst, Kuhlunge, Bananen mit Käse und die Arrepas, die Maisfladen, und der Maiskolben, der darf auch nicht fehlen und die Eingeweide der Kuh, die sind auch lecker."
Der kleine Platz "El chorro de Quevedo" soll der älteste Ort der Stadt sein. Santa Fé de Bogota wurde hier 1538 gegründet. Ein deutscher Mitbegründer, Nikolaus Federmann vom Bankhaus Welser aus Augsburg, war auch dabei, erzählt Milena. Die junge Frau mit mandelförmigen Augen hat ihre Studentenzeit schon hinter sich. Jetzt arbeitet sie als Stadtführerin. Immer wieder führt sie Touristen in die verwinkelten Gassen der Altstadt mit ihren alten Traditionen:
"Hier die kleine Strasse - immer noch die Hexengasse. Hier standen immer viele allein stehende Frauen, Straßenmädchen. Die schauten den Männern nach, ob sie noch zu haben wären. Deren Ehefrauen kannten sich aus und sagten 'Ah, gehst du wieder zu den Hexen in die Hexenstraße?' Aber heute ist das ein sehr schöner und sicherer Teil der Altstadt."
In der Altstadt trinkt man Bier oder Billigeres, etwa "La chicha". Die vergorene Maissuppe wurde hier schon getrunken bevor die Spanier das Land eroberten:
"Hier das Haus auf der linken Seite, hier wurde früher die Chicha verkauft. Aber die Spanier verboten das Getränke, zum einen sagten sie es würde die Indios berauschen und ihre Arbeitskraft schwächen, zum anderen sei es unhygienisch. Man sagte, die Unterwäsche der Jungfrauen oder die Knochen der Toten würden dem Getränk erst den richtigen Geschmack geben. Heute wird das natürlich nicht mehr so gemacht."
Heute ist das vergorene Maisgetränk über alle Zweifel erhaben und wegen des Preis-Leistungsverhältnisses besonders bei den weniger betuchten Studenten beliebt. Wie viele der dunklen Geschichten aus engen Altstadtgassen allerdings auf den Genuss vergorenen Mais und anderer Rauschmittel zurückzuführen sind, weiß niemand.
"Man sagt, dass man hier nachts viele Gespenster sieht, Hunde ohne Kopf, man hört Schreie, Ketten rasseln. Hier in dieses Gassen sind viele Menschen gewaltsam gestorben, in Revolutionen, Unabhängigkeitskriegen, hier wurde unsere Geschichte geboren und daher hört man viele Gespenster. Mich gruselt es immer bei diesen Geschichten."
Auch ohne Gespenster kann die Nacht lang sein in Bogota, aber tagsüber bietet die Altstadt ein ganz anderes Bild.
Klöster und Kirchen der drei großen katholischen Orden, der Jesuiten, der Franziskaner, der Dominikaner - im Zentrum der Altstadt liegt die Plaza Bolivar, die klassizistische Kathedrale, das Kapitol und das Rathaus.
An einem Ende des Platzes liegt ein modernes klobiges Gebäude: der Justizpalast. Die blutige Geschichte des Landes ist immer präsent. Am 6. November 1986 besetzte die Guerilla den damaligen Justizpalast erzählt Alejandro:
"Wir sind hier am neuen Justizpalast. Vor zwanzig Jahren besetzte die Guerilla den alten Justizpalast und die Regierung drang mit Panzern ein, um ihn zurückzuerobern. Dabei gab es viele, sehr viele Tote. Viele sind auch immer noch vermisst. Und bei manchen ist das ganz seltsam, weil man in den Fernsehberichten sehen konnte, wie sie lebend das Gebäude verließen, aber dann sind sie verschwunden und weder tot noch lebendig wieder aufgetaucht. Darunter auch Leute, die in der Cafeteria oder an anderen Stellen im Palast gearbeitet haben."
Die Stadt hat zahlreiche solcher Geschichten, voller Gewalt und Gegengewalt, von Verschwundenen, Entführten und Ermordeten. In den 1990er Jahren wurde Bogota zum Ziel der Drogenkartelle. Viele Terrorattentate wurden in der Stadt verübt, die Hunderte Unbeteiligte in den Tod rissen.
Bogota ist aber auch eine Kulturstadt. Im "Museo Botero" sind außer einer Vielzahl von Werken von Fernando Botero auch die anderer Künstler wie Pablo Picasso, Miró, Edgar Degas und Claude Monet zu sehen. Botero wurde 1932 in Medellin geboren, der größte Skulpturenpark befindet sich dort. Aber seine persönliche Gemäldesammlung stiftete er dem Museum in Bogota. Die grotesken Rundungen der Modelle des kolumbianischen Meisters erscheinen in den verschiedenen Varianten. Eine Mona Lisa, aber auch ein Stillleben mit Bananen tragen die unveränderliche Handschrift des Malers. So zeigt er die Doppelbödigkeit der bürgerlichen Familie in einem Familienporträt beim Sonntagsausflug:
"Gut hier sehen wir die Familie, wir sehen eine Schlange die sich offensiv an die Dame des Dauses richtet. Wir gehen damit wieder zu Adam und Eva zurück, der Apfel, die Schlange, die Sünde. Wir sehen die kleine Tochter, die dem Vater so gar nicht ähnlich sieht. Sie wird wohl aus einem Seitensprung mit dem Briefträger, dem Milchmann, was weiß ich wem entstammen. Aber wir sehe, dass auch der Vater kein Heiliger ist, denn er trägt gleich zwei Eheringe an der Hand und wird wohl auch eine zweite Familie irgendwo haben."
Weniger idyllisch als Boteros Familienausflug ist der Verkehr in Bogota. Manchmal geht nichts mehr, der dichte Verkehr gehört zum Alltag der Millionenstadt. Die hohe Luftverschmutzung ist ein gravierendes Problem der Hochgebirgsstadt. Bei Regen füllen sich die Schlaglöcher mit Wasser. Die Stadt platzt aus den Nähten. Die klapperigen alten Busse bleiben im Stau stecken, und sogar mit dem Taxi braucht man Stunden.
Aber es war schon einmal schlimmer, so die Hochschuldozentin Isleni Cruz:
"Ich kann mich noch erinnern, dass den Statistiken zufolge die Durchschnittsgeschwindigkeit in Bogota zwischen fünf und zehn Stundenkilometern lag. Also, um die zehnte Strasse vom Anfang bis zum Ende zu fahren, brauchte man locker drei Stunden. Bei Regen natürlich noch mehr. Die Strassen waren voller Schlaglöcher. Die ganze Stadt war ein einziges Loch."
Ein neues Verkehrsmittel, der "Transmilenio" hat den Dauerstau gelindert. Von außen sieht es aus wie eine S-Bahn oder eine Tram. Aber es ist ein Autobus der die Stadt, auf einer festgelegten Trasse mit befestigten Haltestellen durchquert. Aber "Transmilenio", der das Jahrtausend durchquert, wurde im spöttischen Volksmund längst zum "Trasmiserio" - der, der das Elend durchquert - umbenannt.
In der Fußgängerzone finden sich nur noch wenige Straßenmusiker. Immer wieder zeigt sich Bogota als Stadt extremer Gegensätze: die Mischung der Architekturen, der Stil, Wolkenkratzer, englische Vorstadthäuschen aus rotem Backstein., im Norden, die Wohnviertel der Reichen und Wohlhabenden. Der Süden mit seinen Massen- und Elendvierteln: Landflucht, Bürgerkrieg - 15 Prozent Leben in völliger Armut.
Polizei, Militärpolizei und Soldaten - letztere besonders schwer bewaffnet - sind in der ganzen Stadt, besonders aber im Zentrum, massiv vertreten und nicht zu übersehen. Aber auch unabhängig der spektakulären Entführungsfälle ist die tägliche Kriminalität extrem hoch.
Raubüberfälle und Diebstähle gehören längst zu den alltäglichen urbanen Legenden der Millionenstadt, denn die Kriminalität betrifft Touristen und Einheimische gleichermaßen. So greifen angesichts der steigenden Taxiüberfälle viele gleich lieber zum sicheren Funktaxi mit vereinbartem Code. Denn häufig führt das auf der Strasse angehaltene Taxi zur "Millionärsreise" - schon wenige Kreuzungen steigt ein Komplize ein und raubt den Fahrgast aus.
Aber auch der Weg in die heile Natur ist nicht ungefährlich, erzählt Graham aus Los Angeles. Er ging gemeinsam mit einem Freund aus Kalifornien in einen bewachten Nationalpark mitten in Bogota, aber am Ende des Wanderweges wartete eine Überraschung - ein Raubüberfall mit Simultanübersetzung:
"Der Kerl hatte eine Pistole und eine Skimaske auf, und mir wurde schnell klar, dass er kaum zum Skifahren gekommen war, ich musste immer auf die Waffe schauen. Das war wie so ein böses Erwachen, wo man alles überdeutlich wahrnimmt. Jason fing an mit ihm spanisch zu reden und versuchte auch immer wieder mich zu beruhigen. Der Mann mit der Skimaske antwortete ihm in sehr schnellem Spanisch und Jason sagte mir nur: Er will all unsere Sachen. Wir gaben unsere Kameras, die Ringe, als ich kurz aufstand wurde er immer nervöser und machte schon klar, wer hier die Waffe hatten."
Trotzdem hat sich Bogota in den letzten Jahren extrem verändert - vom extrem Schlechten zum weniger Schlechten sagen viele.
Natürlich, die schlimmsten Zeiten sind vorbei, die Zeiten als die Gewalt so große Ausmaße annahm, dass sogar die Helme für motorisierte Zweiradfahrer verboten wurden.
Fußgängerzonen wurden eingerichtet, Fassaden gestrichen. Die Gewalt ist zurückgegangen, das direkte Elend in der Innenstadt tagsüber nicht mehr zu sehen. Reine Kosmetik sagen die Kritiker, wie der Soziologe Orlando Aguiler:
"Ja, in den letzten acht Jahren haben sie im Zentrum und im Norden viel Schminke aufgelegt. Warum? Ganz einfach, weil da die Touristen sind."
Aber trotzdem wurden auf kommunaler Ebene viele Reformen eingeleitet, Gratiskonzerte für die Bevölkerung in den Stadtparks und auch das Netz an Fahrradwegen wurde eingerichtet. Am Wochenende werden die Hauptachsen für Autofahrer gesperrt und für Radfahrer und Fußgänger geöffnet.
"Die Stadt ist heute viel besser organisiert als noch vor Jahren, sie ist ruhiger geworden, es gibt weniger Aggressivität. Aber manchmal kommt mir die neue Sauberkeit verdächtig vor. Ich frage mich manchmal, was aus all den Leuten geworden ist, den Bettlern, den Obdachlosen, den kleinen Taschendieben. Ich vermute, dass es sich hier, wie so oft bin Kolumbien, um ein Staatsgeheimnis handelt."
Über der Stadt liegen die beiden höchsten Gipfel, der Montserrat, ein erloschener Vulkan und der Gipfel der "Virgen de Guadalupe". Die Wolken hängen tief fast unter dem Gipfel. Hier spürt man den Luftdruck noch stärker als in der Stadt. Hier oben wird noch einmal deutlich, warum Bogota der "Kühlschrank Kolumbiens" genannt wird. Für klimatische Überraschungen ist immer gesorgt, so der große Hagel im November 2007. Aber auch sonst können die vier Jahreszeiten innerhalb von wenigen Minuten wechseln, die Sonnenstrahlen wärmen und wenn dunkle Wolken die Sonne verhüllen, pfeift ein eisiger Wind.
Der Blick auf die umgebende Landschaft ist beeindruckend, 3100 Meter über dem Meeresspiegel. Unten liegt die Stadt, mit ihren vielen unterschiedlichen Gesichtern: eine Metropole mit einer ungewissen Zukunft. Immer am Rande des Zusammenbruchs mit seinen unlösbaren sozialen Konflikten. Eine Stadt voller Reize und Widersprüche.