Rote Erde ist vor dem Theaterhaus Jena aufgeschüttet. Auf diesem verbrannten Schlachtfeld des 21.Jahrhunderts ist die Moderne zu archaischen Kampfarten zurückgekehrt. Fast 100 Jahre währt der Krieg zwischen England und Frankreich bereits.
Es beginnt mit einem Massaker an friedlichen, weißgekleideten Ziegenhirten, von denen nur die kleine Johanna mit ihrem Vater entkommt. Johanna gibt es gleich drei Mal: Regisseur Markus Heinzelmann und Dramaturg Marcel Klett haben die Figur aufgespaltet in Johanna die Gläubige, Johanna die Naive und Johanna die Kämpferische. Sie kommen wie drei böse Engel für einen König Karl daher, der als bucklig hässlicher Dauphin zunächst ein Fürst der Liebe sein und die Welt mit Rittergesängen verschönen will. Doch der später in einer Art Papa-Mobil aufs Kampffeld Fahrende entwickelt sich zur austauschbaren, gewalttätigen Machtcharge.
In Videosequenzen werden die Figuren als unterschiedliche Kampftypen vorgestellt, und Johannas Vision kommt als mit Kapuze vermummter El-Kaida-Kämpfer daher. Alle Figuren sind auf Typen und Haltungen reduziert. Sie sind Comics und reale Zitate aus den Kriegen unserer Gegenwart. Wenn die drei erwachsenen Johannas später von Thibaut die Gesetze des Kampfes eingeprägt bekommen, und sich die drei mit Sätzen aus Schillers "Wilhelm Tell" zu ihrem weniger hehren als rachedurstigen Kampf bereit machen, dann wirkt das wie die Initiation von Selbstmordattentäterinnen. Einen guten oder schlechten Krieg gibt es in dieser Inszenierung nicht, nur eine ewige Kriegsmaschinerie. Immer wieder bekämpfen sich in unterschiedlichste Uniformen gekleidete Kriegermassen mit den verschiedensten Kampfstilen. Dabei kommt Kriegskunst auch als Martial Arts mit viel Qualm und Pyrotechnik daher. Da gibt es Judo oder Taekwando, Lara-Croft- und Matrix-Zitate, Kämpfer mit Nummern im Gesicht oder Johannas, die solange eine blinde Mordmaschine sind, bis sie einen Menschen wahrnehmen, indem sie ihm ins Gesicht schauen. Bei allen Kämpfen aus Historie und Comic-Geschichte gibt es nie eine Begründung für den Krieg. Er ist da als das Thema unserer Zeit und: Er geht immer weiter. Es wird gekämpft und getötet, darauf räumen Sanitäter die Leichen fort, und alles beginnt wieder von vorn. Auch der Erzbischof ist nur ein Machtkrüppel im Rollstuhl, dessen verzerrte Stimme keinerlei Ideale zu vermitteln vermag. Friedensbewegte Menschen haben vor dem Verhandlungstisch der Führer keine Chance: ob jemand zu Diskussionen aufruft oder von "ein bisschen Frieden" singt, ob er als Jesus die Arme ausbreitet oder als Performer Gewalt geißelt: sie alle werden sofort erschossen.
Die Musik von Vicki Schmatolla, die unterschiedlichste Stilrichtungen aus Klassik und Elektronik, Pop und Jazz zu einer Art modernem Sakralsound zu verschmelzen sucht, gibt der Aufführung ihren atmosphärischen Rahmen. Ein Sprech- und ein Gesangschor, ein Pianist, eine Schlagzeugerin sowie zwei DJs sind für den musikalischen Mix verantwortlich.
Der Krieg verformt die Menschen und macht sie kaputt: das ist die zitatenreiche Aussage der Johanna-Version von Jena. Bei der die Johannas unter Abu-Ghraib-Kapuzen abgeführt werden und Königin Isabeau zum Schluss das Volk wie eine amoralische Kriegsgöttin anfeuert: "lasst sie brennen". Doch die drei neben einem riesigen, rot glühenden Kreuz gefesselten Johannas befreien sich zu einem für alle tödlichen Kampf. Auch wenn die Verdreifachung der Johanna nicht, wie gewünscht, drei Haltungen einer Figur sinnlicher verdeutlicht, so öffnet Markus Heinzelmanns Inszenierung doch eine Fülle von Assoziationen: zu Idealen und Fundamentalismus, und, ohne je zu moralisieren, zu Moral und Wahrheit. Und da es gelingt, in den vielen Massenszenen die Laienspieler und die Schauspieler in choreographische Spannung zu setzen, ist Schillers "Johanna" in Jena in einem Freilichtspektakel voll kräftiger Effekte als intelligentes und modernes Theaterspiel zu erleben.
Es beginnt mit einem Massaker an friedlichen, weißgekleideten Ziegenhirten, von denen nur die kleine Johanna mit ihrem Vater entkommt. Johanna gibt es gleich drei Mal: Regisseur Markus Heinzelmann und Dramaturg Marcel Klett haben die Figur aufgespaltet in Johanna die Gläubige, Johanna die Naive und Johanna die Kämpferische. Sie kommen wie drei böse Engel für einen König Karl daher, der als bucklig hässlicher Dauphin zunächst ein Fürst der Liebe sein und die Welt mit Rittergesängen verschönen will. Doch der später in einer Art Papa-Mobil aufs Kampffeld Fahrende entwickelt sich zur austauschbaren, gewalttätigen Machtcharge.
In Videosequenzen werden die Figuren als unterschiedliche Kampftypen vorgestellt, und Johannas Vision kommt als mit Kapuze vermummter El-Kaida-Kämpfer daher. Alle Figuren sind auf Typen und Haltungen reduziert. Sie sind Comics und reale Zitate aus den Kriegen unserer Gegenwart. Wenn die drei erwachsenen Johannas später von Thibaut die Gesetze des Kampfes eingeprägt bekommen, und sich die drei mit Sätzen aus Schillers "Wilhelm Tell" zu ihrem weniger hehren als rachedurstigen Kampf bereit machen, dann wirkt das wie die Initiation von Selbstmordattentäterinnen. Einen guten oder schlechten Krieg gibt es in dieser Inszenierung nicht, nur eine ewige Kriegsmaschinerie. Immer wieder bekämpfen sich in unterschiedlichste Uniformen gekleidete Kriegermassen mit den verschiedensten Kampfstilen. Dabei kommt Kriegskunst auch als Martial Arts mit viel Qualm und Pyrotechnik daher. Da gibt es Judo oder Taekwando, Lara-Croft- und Matrix-Zitate, Kämpfer mit Nummern im Gesicht oder Johannas, die solange eine blinde Mordmaschine sind, bis sie einen Menschen wahrnehmen, indem sie ihm ins Gesicht schauen. Bei allen Kämpfen aus Historie und Comic-Geschichte gibt es nie eine Begründung für den Krieg. Er ist da als das Thema unserer Zeit und: Er geht immer weiter. Es wird gekämpft und getötet, darauf räumen Sanitäter die Leichen fort, und alles beginnt wieder von vorn. Auch der Erzbischof ist nur ein Machtkrüppel im Rollstuhl, dessen verzerrte Stimme keinerlei Ideale zu vermitteln vermag. Friedensbewegte Menschen haben vor dem Verhandlungstisch der Führer keine Chance: ob jemand zu Diskussionen aufruft oder von "ein bisschen Frieden" singt, ob er als Jesus die Arme ausbreitet oder als Performer Gewalt geißelt: sie alle werden sofort erschossen.
Die Musik von Vicki Schmatolla, die unterschiedlichste Stilrichtungen aus Klassik und Elektronik, Pop und Jazz zu einer Art modernem Sakralsound zu verschmelzen sucht, gibt der Aufführung ihren atmosphärischen Rahmen. Ein Sprech- und ein Gesangschor, ein Pianist, eine Schlagzeugerin sowie zwei DJs sind für den musikalischen Mix verantwortlich.
Der Krieg verformt die Menschen und macht sie kaputt: das ist die zitatenreiche Aussage der Johanna-Version von Jena. Bei der die Johannas unter Abu-Ghraib-Kapuzen abgeführt werden und Königin Isabeau zum Schluss das Volk wie eine amoralische Kriegsgöttin anfeuert: "lasst sie brennen". Doch die drei neben einem riesigen, rot glühenden Kreuz gefesselten Johannas befreien sich zu einem für alle tödlichen Kampf. Auch wenn die Verdreifachung der Johanna nicht, wie gewünscht, drei Haltungen einer Figur sinnlicher verdeutlicht, so öffnet Markus Heinzelmanns Inszenierung doch eine Fülle von Assoziationen: zu Idealen und Fundamentalismus, und, ohne je zu moralisieren, zu Moral und Wahrheit. Und da es gelingt, in den vielen Massenszenen die Laienspieler und die Schauspieler in choreographische Spannung zu setzen, ist Schillers "Johanna" in Jena in einem Freilichtspektakel voll kräftiger Effekte als intelligentes und modernes Theaterspiel zu erleben.