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Zwischen Medaillen- und Doping-Schlagzeilen

Die deutschen Reiter waren bei Olympischen Spielen immer für Medaillen gut – zuletzt gab es aber auch Doping-Schlagzeilen. Nun hat die Deutsche Reiterliche Vereinigung in Warendorf ihren Olympiafahrplan präsentiert. Am 8. Juli wird die Mannschaft nominiert.

Von Andrea Schültke |
    Bis dahin haben die Bundestrainer in den Olympischen Disziplinen Springen, Dressur und Vielseitigkeit ein Luxus-Problem: Denn alle haben mehr erstklassige Reiter im Kader als Startplätze.

    Eine der Anwärterinnen auf eine Fahrkarte zu den Spielen ist Kristina Sprehe. 25 Jahre alt, Dressurreiterin aus dem Oldenburger Land. Die BWL-Studentin und ihr Hengst Desperados wirbeln gerade die Szene durcheinander. Zum Beispiel vor drei Wochen in Dortmund. Bei einem hochklassig besetzten internationalen Turnier siegten sie vor der Vize-Weltmeister Laure Bechtolsheimer aus Großbritannien. "A Star is born", titelte die internationale Presse. Kristina Sprehe lächelt bescheiden, weiß aber, wo sie hin will:

    "Ein großes Ziel, oder Lebenstraum eigentlich ist natürlich, in London reiten zu dürfen, ob einem das gelingt, muss man abwarten. Wir versuchen jetzt, die Leistung zu halten und das auf den nächsten Turnieren wieder abrufen zu können."

    Denn dann muss sie sich beweisen. Ihre Konkurrenten um die Startplätze sind zum Beispiel Olympiasiegerin Isabell Werth oder Matthias Rath und Totilas, der oft als Wunderpferd titulierte Hengst. Vor anderthalb Jahren in den Niederlanden gekauft, soll er in London Gold gewinnen für Deutschland. Von diesem Ziel schien Totilas weit entfernt, nach der verpatzten EM im letzten Sommer. Kritik von allen Seiten. Die ist angekommen und offenbar umgesetzt. Dressur-Bundestrainer Holger Schmezer berichtet vom Totilas-Training:

    "Ich bin da sehr zuversichtlich, wenn er das so zeigen kann, ist das der Totilas, den wir alle gerne sehen wollen, den die Öffentlichkeit gern sehen will, den ich mir so wünsche und vorstelle, dass er so durchs Prüfungsviereck geht."

    Und wenn die vier deutschen Dressur-Reiter in London wunschgemäß durchs Viereck gehen, dann hält Holger Schmezer bei seinen letzten Spielen vor der Rente vier Medaillen für möglich: Eine in der Mannschaft und drei im Einzel.

    Auch die Vielseitigkeitsreiter gehen motiviert nach London. Doppel-Olympia-Sieger Hinrich Romeike hat sein Gold-Pferd Marius gerade in den Ruhestand verabschiedet. Aber mit dem amtierenden Weltmeister Michael Jung und Sam stehen die potenziellen Nachfolger schon bereit.

    Die deutschen Springreiter waren zuletzt äußerst erfolgreich: als amtierender Mannschafts-Welt- und Europameister geht die Equipe nach London. Da glaubt Bundestrainer Otto Becker, die Erwartungen dämpfen zu müssen:

    "Sicherlich wenn die Pferde gesund bleiben, gehören wir mit zu den Favoriten und den Teams, die in der Lage sind, 'ne Medaille zu holen, aber wir müssen ne optimale Woche erwischen, um das verwirklichen zu können."

    Otto Becker wird in der Olympiaqualifikation auch Christian Ahlmann wieder eine Chance geben. Der Weltcupsieger war bei den Spielen vor vier Jahren des Dopings überführt worden. Auch Ahlmanns Mannschaftskollege Marco Kutscher geriet in die Schlagzeilen: sein Pferd war während der Spiele ohne offizielle Genehmigung behandelt worden. Das Tier kollabierte in seiner Box, musste aber am Folge-Tag wieder springen. Marco Kutscher wurde disqualifiziert und zu einer Geldstrafe verurteilt. Jetzt er ist wieder im Olympia-Kader und blickt lieber nach vorn. Die verbotene Behandlung vor vier Jahren sei analysiert und abgehakt:

    "Wir haben da ziemlich intensive Ursachenforschung betrieben, habe einige Sachen geändert, trotzdem sind immer Menschen am Werk, die auch Fehler machen können, aber davon gehen wir natürlich nicht aus, dass so was wieder vorkommen wird."

    Versucht Marco Kutscher eine Erklärung. Der neue Chef-Funktionär der deutschen Olympiareiter, Dennis Peiler wird da ein wenig konkreter:

    "Ich hoffe, dass uns ein zweites Hongkong erspart bleibt. Der Verband hat ja nach Hongkong eine Menge unternommen. Zwei Schwerpunkte wurden gesetzt. Das eine ist die Prävention, um die Reiter optimal zu informieren, damit sie nicht in die Falle verbotene Medikation oder Doping tappen. Das Zweite ist, wir haben unser Kontrollsystem und unser Sanktionspaket dem Regelwerk angepasst, schärfer gemacht, damit diejenigen, die manipulieren wollen, wenn sie denn erwischt werden, hart sanktioniert werden."

    Konkret: Zwei Jahre Sperre bei einem Dopingfall. Eine hundertprozentige Sicherheit sei das nicht, sagt Otto Becker, aber:

    "Die Reiter wissen, was die Stunde geschlagen hat und wir gehen davon aus, dass sich alle an die Regeln halten."

    Das hatte zuletzt bei Olympia nicht funktioniert. Vor acht Jahren, bei den Spielen von Athen war das Pferd von Ludger Beerbaum mit einer verbotenen Salbe behandelt worden. Das Mannschaftsgold war weg. Vier Jahre später: Reiten gegen Regeln auch in Hongkong. Der neue Mannschaftsführe, Dennis Peiler, kehrt erst dann zufrieden aus London zurück....

    "…wenn ich am Ende sagen kann, wir hatten erfolgreiche und saubere Spiele."