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Zwischen Minirock und Federhut

Zu spießig oder zu flippig, zu lang oder zu kurz, zu bieder oder zu ausgefallen: Wenn junge und ältere Menschen gegenseitig ihre Outfits beschreiben sollten, gäbe es sicher ganz unterschiedliche Ansichten. "Wie siehst du denn aus" ist darum das Motto der Studentengruppe "Laufwerk07" an der Hochschule Niederrhein, die Mode für Junge und Alte ein Stück näher zusammen bringen wollen. Mode kann Altersgrenzen überwinden, so das Credo der Studenten am Fachbereichs Textil- und Bekleidungstechnik. Auf der Seniorenmesse "vitactiv" in Essen hatten die Studenten und Senioren gemeinsam auf dem Laufsteg Premiere.

Von Hilke Janssen |
    " Kann die erste Gruppe bitte zum Anziehen kommen? "

    Noch eine Stunde bis zum Auftritt, hinter der Bühne in Halle 3 wird es hektisch. In der viel zu kleinen Garderobe ziehen sich zwischen Kleiderstangen und Schminkspiegeln 16 Models für die Modenschau um. Wer sich hier in Schale wirft, ist entweder noch an der Uni oder schon im Ruhestand. Die Studentinnen des Modenschau-Projekts der Hochschule Niederrhein wollen auf dem Laufsteg Jung und Alt zusammenbringen.

    Aus verschiedenen Modehäusern haben sie Kleider ausgeliehen und je nach Model kombiniert. Mit diesem Projekt wollen sie zeigen, wie einfach sich auch ältere Menschen schick anziehen können, wenn sie sich trauen. Die Geschmäcker zwischen den Generationen sind nämlich gar nicht so verschieden. Ältere Leute haben nur oft keine große Auswahl an schönen Sachen, meinen die Mode-Studentinnen Michaela Denschlag und Stefanie Volmer.

    Denschlag:
    " Typisch sind diese beige-grünlichen Mäntel in dieser klassischen Seniorenfarbe, wie uns aufgefallen ist, und das finden wir eigentlich nicht gut. Wir würden gern was anderes sehen, also schon jugendlich gekleidet. Allerdings, was auch ein krasses Gegenteil davon ist, ist wenn Ältere so total auf jung gestylt sind und die Klamotten passen aber einfach nicht, weil der Körper nicht mehr da rein passt in diese Größen."

    Volmer:
    " Es ist nicht so, dass wir sagen, wir stecken jetzt eine 60-Jährige in die Klamotten einer 20-Jährigen und das sieht dann super aus, sondern es soll wirklich tragbar sein und wir wollen ja auch, dass die Leute, die hier im Publikum sitzen, sich angesprochen fühlen. "

    Schnell noch ein paar Kekse oder einen Prosecco aus dem Plastikbecher zur Stärkung. Noch zehn Minuten bis zum Auftritt. Auf einem Laufsteg hat in dieser Gruppe kaum einer vorher gestanden. Die Studierenden und Senioren hatten nur zwei Wochen Zeit, die Choreographie und sich kennen zu lernen.

    " Es war lustig bei den Proben zum Beispiel, das war immer eine lockere Stimmung und man hat sich viel mehr zu erzählen, als man vielleicht so denkt.

    Na ja, ich denke mal, jeder aus dieser Gruppe hat seine eigene Geschichte und das war für mich sehr spannend. Und es ist eine Wohltat und erfrischend, das mitzuerleben.

    Also ich finde, sie sind sehr aufmerksam und sie sind sehr, wie soll ich sagen, auch auf uns eingehend. Dass man da also auch mit diesen Schwierigkeiten von der Figur oder so, dass man das auch einfach zugibt und sagt: ne.

    Ich meine, teilweise merkt man schon bei den Choreographien, dass die Älteren ein bisschen länger brauchen, aber doch Spaß daran haben.

    Es waren ja auch einige Mühen und wenn man dann auch noch kleine Gebrechen mitbringt mit 66 Jahren, dass die also ganz schnell überwunden waren und sind. Ich finde das Zusammenarbeiten mit den jungen Leuten ganz toll. "

    Um kurz vor eins sind alle nervös, aber bereit für ihren ersten Auftritt. Letzte Anweisungen bevor es auf die Bühne geht. Mit Trainingshose oder Abendkleid, Pelzweste oder Hosenanzug wandeln Junge und Alte gemeinsam über die Bühne. Auch wenn nicht jede Drehung perfekt klappt - am Schluss sind alle sehr zufrieden. Mit ihren Outfits übrigens auch, obwohl Studierende und Senioren beim Aussuchen der Kleider am Anfang nicht immer einer Meinung waren.

    " Ursprünglich waren die viel altmodischer, als meine eigenen es sind, da habe ich lauthals protestiert. Ich sah aus wie meine Tante Edeltrud.

    Oder ich sage zum Beispiel: Ich habe schon ein Faltenröckchen im Gesicht, ich muss nicht noch ein Knitterröckchen anhaben. "

    Die Studentinnen des Modenschau-Projekts können sich übrigens durchaus vorstellen, später für die Zielgruppe 50 plus zu arbeiten. Denen hat die Vorstellung jedenfalls gefallen:

    " Da waren einige Sachen bei, die ich jederzeit kaufen würde, besonders diese rötlich-lila Jacke, die etwas kürzere, fand ich ganz toll.

    An sich sind sehr tragbare Sachen gezeigt worden, ja, überraschenderweise. Die meisten Modenschauen sind so abgehoben, sind also nur für ganz besondere Anlässe und für diesen dicken Geldbeutel.

    Also ich habe nun hauptsächlich die festliche Mode gesehen, da habe ich nicht so die Gelegenheit. Ich habe nur eben gesagt, schade, dass ich es nicht zur Hochzeit meines ältesten Sohnes hatte.

    Sah auch klasse aus, wir trauen uns nur nicht. "