Bislang kannte man Fernand Léger eher als Sideman, als Begleitkünstler in Überblicksausstellungen: für fast jede Phase zwischen 1910 und den 1950iger Jahren, zwischen Kubismus und Pop-Art, kann man ein Léger-Bild als irgendwie originelle Referenz an die Wand nageln - wobei der Mann sich erstaunlich treu bleibt: immer sind es diese aus abstrakten räumlichen Elementen und Farbflächen gebauten Bilder, die Léger erkennbar machen. Und die dann entlang der zeittypischen Moden variiert werden.
Das ist, zugegebenermaßen, auch ein bisschen langweilig: da sind keine großen Sprünge und inneren Konflikte zu verzeichnen, eher eine Entwicklung hin zum Gefälligen und Bunten, ein Spielzeugladen der Formen, in dem das Passende zusammenmontiert wird. Denn Fernand Léger hat sich, anders als die meisten Künstlerkollegen, nicht vom Gegenständlichen zum Abstrakten entwickelt, sondern er begann schon als Abstrakter, um dann eine (allerdings meist plakative) Gegenständlichkeit zurückzugewinnen und sie in seinem geometrischen Setzkasten auch wieder verschwinden zu lassen. Akrobaten und Frauen und freundliche Taucher, die im Schwimmbad seiner Bilder schweben, Stillleben und arrangierte Körperteile bilden ein wenig bedrohliches, irgendwie verbindliches Emblem moderner Zerrissenheit.
In der "Fondation Beyeler" haben wir nun das eher seltene Ereignis, dass die Ausstellung möglicherweise besser ist als der Künstler selber. Man zeigt die frühen, Assemblage-artigen Verschachtelungen des Léger-Kubismus, Légers Begeisterung für Geschwindigkeit und Großstadt, die merkwürdige Nähe zu den zylindrischen, klassizistischen Picasso-Frauen der 1920iger Jahre, die dekorativ vor bunten Farbflächen stehenden Figuren der 1940iger Jahre, als Léger (bis 45) im amerikanischen Exil war ("Paris - New York" heißt die Ausstellung). Aber im Grunde ist die Schau auf ein einziges Ziel ausgerichtet, wie der Kurator Philippe Büttner gerne zugibt: Légers Einfluss auf die Pop-Art.
- "Man kann ironischerweise fast sagen: Léger hat die Amerikaner beeinflusst, aber in unserer Wahrnehmung beeinflussen die Amerikaner Léger. Weil: mit den Amerikanern im Blick sehen wir den Léger anders. Dadurch wird es plötzlich frisch, es passiert jetzt, es ist neu, und das ist in meinen Augen visuell eine großartige Geschichte."
Das heißt natürlich auch, wenn man es kritisch wendet: der Formenkanon von Léger ist so überschaubar, dass man die Vitalzelle der Pop-Art braucht, um das Ganze aufzupeppen - am Ende gibt es einen ganzen Saal Roy Lichtenstein, der die amerikanische Oberflächenkultur praktisch mit Léger-Elementen erzählt.
Wie ist es dazu gekommen, dass Léger sich von einem Abstrakten, der die Destruktion im Fortschritt durchaus spürte, zu einem gefälligen Formenspieler (wie etwa Miró) entwickelte? Philippe Büttner erklärt es mit der Politik.
- "Der große Einschnitt ist der Erste Weltkrieg, den er als Soldat in den Schützengräben erlebt. Da hat er diesen furchtbaren Satz geprägt: der Krieg ist etwas sehr Kubistisches, da wird der Mensch in seine Einzelteile zerlegt."
Nach diesem Trauma macht sich bei Léger eine Sehnsucht nach Übersichtlichkeit breit, es gibt die "éléments mécaniques", aber auch metallisch wirkende Frauenkörper, die Industrialisierung kommt zeichenhaft über rohrartige Systeme, Tubi, in die Bilder: Tubisme statt Cubisme. Vor dem zweiten Weltkrieg rettet sich Léger in die USA und malt schwimmende Frauen mit klobigen Picasso-Fingern. Danach, in Frankreich, tritt er in die kommunistische Partei ein - und zeigt stilisierte proletarische Feierabend-Idyllen. Die Schablonenhaftigkeit dieser Formen wiederum zog junge amerikanische Maler an, die zum Teil als Gis in Frankreich weilten, und die die Ausstellung nun ebenfalls als Zeugen aufruft: Kenneth Noland, Ellsworth Kelly, Farbfeldmalerei, Hard Edge. Das ist, neben der Lichtenstein-Pop-Art-Ecke, eine schöne Art, den doch auch einflussreichen Léger aufzuwerten.
Das ist, zugegebenermaßen, auch ein bisschen langweilig: da sind keine großen Sprünge und inneren Konflikte zu verzeichnen, eher eine Entwicklung hin zum Gefälligen und Bunten, ein Spielzeugladen der Formen, in dem das Passende zusammenmontiert wird. Denn Fernand Léger hat sich, anders als die meisten Künstlerkollegen, nicht vom Gegenständlichen zum Abstrakten entwickelt, sondern er begann schon als Abstrakter, um dann eine (allerdings meist plakative) Gegenständlichkeit zurückzugewinnen und sie in seinem geometrischen Setzkasten auch wieder verschwinden zu lassen. Akrobaten und Frauen und freundliche Taucher, die im Schwimmbad seiner Bilder schweben, Stillleben und arrangierte Körperteile bilden ein wenig bedrohliches, irgendwie verbindliches Emblem moderner Zerrissenheit.
In der "Fondation Beyeler" haben wir nun das eher seltene Ereignis, dass die Ausstellung möglicherweise besser ist als der Künstler selber. Man zeigt die frühen, Assemblage-artigen Verschachtelungen des Léger-Kubismus, Légers Begeisterung für Geschwindigkeit und Großstadt, die merkwürdige Nähe zu den zylindrischen, klassizistischen Picasso-Frauen der 1920iger Jahre, die dekorativ vor bunten Farbflächen stehenden Figuren der 1940iger Jahre, als Léger (bis 45) im amerikanischen Exil war ("Paris - New York" heißt die Ausstellung). Aber im Grunde ist die Schau auf ein einziges Ziel ausgerichtet, wie der Kurator Philippe Büttner gerne zugibt: Légers Einfluss auf die Pop-Art.
- "Man kann ironischerweise fast sagen: Léger hat die Amerikaner beeinflusst, aber in unserer Wahrnehmung beeinflussen die Amerikaner Léger. Weil: mit den Amerikanern im Blick sehen wir den Léger anders. Dadurch wird es plötzlich frisch, es passiert jetzt, es ist neu, und das ist in meinen Augen visuell eine großartige Geschichte."
Das heißt natürlich auch, wenn man es kritisch wendet: der Formenkanon von Léger ist so überschaubar, dass man die Vitalzelle der Pop-Art braucht, um das Ganze aufzupeppen - am Ende gibt es einen ganzen Saal Roy Lichtenstein, der die amerikanische Oberflächenkultur praktisch mit Léger-Elementen erzählt.
Wie ist es dazu gekommen, dass Léger sich von einem Abstrakten, der die Destruktion im Fortschritt durchaus spürte, zu einem gefälligen Formenspieler (wie etwa Miró) entwickelte? Philippe Büttner erklärt es mit der Politik.
- "Der große Einschnitt ist der Erste Weltkrieg, den er als Soldat in den Schützengräben erlebt. Da hat er diesen furchtbaren Satz geprägt: der Krieg ist etwas sehr Kubistisches, da wird der Mensch in seine Einzelteile zerlegt."
Nach diesem Trauma macht sich bei Léger eine Sehnsucht nach Übersichtlichkeit breit, es gibt die "éléments mécaniques", aber auch metallisch wirkende Frauenkörper, die Industrialisierung kommt zeichenhaft über rohrartige Systeme, Tubi, in die Bilder: Tubisme statt Cubisme. Vor dem zweiten Weltkrieg rettet sich Léger in die USA und malt schwimmende Frauen mit klobigen Picasso-Fingern. Danach, in Frankreich, tritt er in die kommunistische Partei ein - und zeigt stilisierte proletarische Feierabend-Idyllen. Die Schablonenhaftigkeit dieser Formen wiederum zog junge amerikanische Maler an, die zum Teil als Gis in Frankreich weilten, und die die Ausstellung nun ebenfalls als Zeugen aufruft: Kenneth Noland, Ellsworth Kelly, Farbfeldmalerei, Hard Edge. Das ist, neben der Lichtenstein-Pop-Art-Ecke, eine schöne Art, den doch auch einflussreichen Léger aufzuwerten.