Die Forschung weiß noch nicht viel über den Verlauf der Evolution: Wann entwickelte sich zum Beispiel der aufrechte Gang? Wo trat erstmals die moderne Form des Menschen auf? Aber am wenigsten weiß man in Afrika selbst darüber.
" Wenn man in Deutschland erzählt, dass Afrika die Wiege der Menschheit ist, dann wird man manchmal noch seltsam angeschaut - wenn man das in Afrika erzählt, dann wird man noch viel seltsamer angeschaut, denn dort ist dieses Wissen überhaupt nicht verbreitet. "
Daran will Schrenk etwas ändern. Er versucht, das Wissen über die Evolution in Afrika zu verbreiten und so den Ländern etwas zurückzugeben, in denen er seit vielen Jahren das Material für seine Forschung findet.
Zur Zeit untersucht er insbesondere, wie frühe Menschen begannen, Werkzeug zu benutzen - ein großer Schritt in der Evolution, ausgelöst durch einen Klimawandel: Als vor rund 2,6 Millionen Jahren im Norden der Erde die Eiszeiten begannen, wurde es in Afrika sehr trocken. Die Regenzeiten blieben fast völlig aus, viele Nahrungspflanzen bekamen harte Fasern und eine harte Schale. Um die Nahrung weiterhin verzehren zu können, entwickelte ein Teil der Vor-Menschen daraufhin sehr große, harte Zähne - sie erhielten in der Forschung den Spitznamen "Nussknacker"-Menschen. Der andere Teil unserer Vorfahren jedoch begann, die Pflanzen mithilfe von Steinen zu zerkleinern - das war der Anfang der Werkzeug-Kultur.
Das gesamte Umfeld dieser Entwicklung, also auch das regionale Klima, die Tier- und Pflanzenwelt untersucht Friedemann Schrenk in Nord-Malawi. Damit die Menschen dort die Ergebnisse kennen lernen und etwas über ihre eigene Vor-Geschichte erfahren können, hat er sich vor Ort für den Bau eines Kultur- und Museumszentrums engagiert. Vor etwa anderthalb Jahren wurde es in Karonga, in der Nähe einer großen Fossilien-Fundstelle, eröffnet. Schrenk:
" Allerdings ist es kein Museum im üblichen Sinne, es gibt zwar eine Ausstellung, aber der Sinn des Ganzen ist, dass man von dort aus dann ins Gelände geht, also an die Fundstellen. Wir haben zum Beispiel ein Grabungscamp, da kommen Schüler hin und können da mitgraben, das heißt, es ist eigentlich mehr so was wie regionales Lernen, also eine Erfahrung, eine Lernerfahrung. "Außerschulische Lernstandorte" würde man bei uns wohl sagen. Das ist etwas, was in Afrika wo gut wie nirgends vorkommt, die Schulbücher kommen aus Kanada und man erfährt überhaupt nichts über seine eigene Lebensumwelt."
Die Paläologen bemühen sich, auch die wissenschaftliche Ausbildung zu regionalisieren: Sie haben inzwischen so viele einheimische, vor allem kenianische Forscher ausgebildet, dass neue Mitarbeiter nicht mehr nach Deutschland geschickt werden, sondern ihr Training im Nachbarland Kenia bekommen. Schrenk versucht, neben dem "Nord-Süd-Netzwerk" ein "Süd-Süd-Netzwerk" aufzubauen - auch in einem anderen Projekt:
Für seine Initiative "Hominiden machen Schule" hat er sowohl das Nationalmuseum Kenias in Nairobi als auch das Kulturzentrum Karonga gewonnen. Durch dieses Programm sollen afrikanische Schulen endlich Material für den Unterricht über die Evolution erhalten, vor allem Abgüsse der Schädel früher Menschen. Schrenk:
" Wir suchen deutsche Schulen, die einen solchen Schädel - meinetwegen den Schädel des Tokanaboys, ein zwei Millionen Jahre alter, 14-jähriger Junge aus Kenia - kaufen. Und zwar ist es so, dass für den Preis, den diese Schule dann bezahlt, drei Abgüsse hergestellt werden können: Ein Abguss geht dann an die deutsche Schule und zwei Abgüsse gehen an afrikanische Schulen, uns zwar sowohl in Kenia als auch in Malawi."
350 Euro muss die deutsche Schule für den Schädel bezahlen, 150 Euro, wenn sie nur den Abguss eines Unterkiefers kauft. Ein Koffer mit Lehrmaterial mit mitgeliefert, vor allem aber eröffnet der Kontakt zu den afrikanischen Schulen die Chance auf einen intensiveren Austausch.
Friedemann Schrenk besucht auch in Deutschland gern Schulklassen - um seine Arbeit vorzustellen und um aus den Schülerfragen neue Anregungen zu gewinnen. Er vermittelt seine Forschung nicht mithilfe spektakulärer Fernsehbilder oder aufwendiger Multimedia-Shows:
Schrenk:
" Mein Interesse ist, mit anderen Individuen zu kommunizieren. Ich glaube, ich bin besser in einer Kommunikation mit Schülern oder mit Menschen ganz direkt. Ich denke, da kann man auch sehr viel bewirken. Es geht mir wirklich um einzelne Menschen. Nicht dass ich jeden von dem überzeugen will, von dem ich überzeugt bin, sondern es geht mir nur darum, dass eine Ebene geschaffen wird, wo man nicht nur Ergebnisse der Wissenschaft vermittelt, sondern auch, wie diese Wissenschaft betrieben wird."
Dem Forscher liegt nichts daran, mit einzelnen, Aufsehen erregenden Entdeckungen oder gewagten Thesen populär zu werden. Ihm geht es um ein ganzheitliches Bild seiner Wissenschaft: Was macht die Paläontologie aus? Dass sie nur auf Bruchstücke aufbaut, die Knochen und Zähne früher Menschen. Über ihre Haut, ihre Haare, ihr Lachen, ihr Sozialverhalten kann man daraus nur wenig ablesen. Schülern sagt Schrenk daher oft:
" Habt doch mal bisschen Phantasie! Wenn wir nur einen einzigen Zahn haben, und wir kucken den an und haben nichts, mit dem wir das vergleichen können - ja, dann können wir doch nur noch unsere Phantasie einsetzen, um etwas zu interpretieren."
Die fachlichen Ergebnisse sind daher nicht eindeutig richtig oder falsch, betont der Paläontologe, sondern bleiben immer Gedankenspiele, Vermutungen.
Als nächstes würde Schrenk am liebsten eine richtige, interaktive Kommunikation in Museen aufbauen. Unter "interaktiv" versteht er nicht die Kommunikation zwischen Besuchern und Computern, sondern zwischen Menschen. Er denkt etwa an eine Online-Verbindung zwischen dem Naturforschungsmuseum Senckenberg in Frankfurt und dem Kulturzentrum Karonga in Malawi. Wenn man an beiden Orten eine Webcam aufstellte, am besten neben den Dinosauriern, könnten sich die Besucher durchs Internet sehen und mit einander unterhalten, so Schrenk:
" Und nun ist ja da keine großartige Zeitverschiebung. Das heißt also, dort sind Schulklassen und hier sind Schulklassen. Die nun zu verknüpfen, die mit einander kommunizieren zu lassen, über diese Fossilien, über das, was man dazu denkt, das würde ich gern in Zukunft noch etablieren."
" Wenn man in Deutschland erzählt, dass Afrika die Wiege der Menschheit ist, dann wird man manchmal noch seltsam angeschaut - wenn man das in Afrika erzählt, dann wird man noch viel seltsamer angeschaut, denn dort ist dieses Wissen überhaupt nicht verbreitet. "
Daran will Schrenk etwas ändern. Er versucht, das Wissen über die Evolution in Afrika zu verbreiten und so den Ländern etwas zurückzugeben, in denen er seit vielen Jahren das Material für seine Forschung findet.
Zur Zeit untersucht er insbesondere, wie frühe Menschen begannen, Werkzeug zu benutzen - ein großer Schritt in der Evolution, ausgelöst durch einen Klimawandel: Als vor rund 2,6 Millionen Jahren im Norden der Erde die Eiszeiten begannen, wurde es in Afrika sehr trocken. Die Regenzeiten blieben fast völlig aus, viele Nahrungspflanzen bekamen harte Fasern und eine harte Schale. Um die Nahrung weiterhin verzehren zu können, entwickelte ein Teil der Vor-Menschen daraufhin sehr große, harte Zähne - sie erhielten in der Forschung den Spitznamen "Nussknacker"-Menschen. Der andere Teil unserer Vorfahren jedoch begann, die Pflanzen mithilfe von Steinen zu zerkleinern - das war der Anfang der Werkzeug-Kultur.
Das gesamte Umfeld dieser Entwicklung, also auch das regionale Klima, die Tier- und Pflanzenwelt untersucht Friedemann Schrenk in Nord-Malawi. Damit die Menschen dort die Ergebnisse kennen lernen und etwas über ihre eigene Vor-Geschichte erfahren können, hat er sich vor Ort für den Bau eines Kultur- und Museumszentrums engagiert. Vor etwa anderthalb Jahren wurde es in Karonga, in der Nähe einer großen Fossilien-Fundstelle, eröffnet. Schrenk:
" Allerdings ist es kein Museum im üblichen Sinne, es gibt zwar eine Ausstellung, aber der Sinn des Ganzen ist, dass man von dort aus dann ins Gelände geht, also an die Fundstellen. Wir haben zum Beispiel ein Grabungscamp, da kommen Schüler hin und können da mitgraben, das heißt, es ist eigentlich mehr so was wie regionales Lernen, also eine Erfahrung, eine Lernerfahrung. "Außerschulische Lernstandorte" würde man bei uns wohl sagen. Das ist etwas, was in Afrika wo gut wie nirgends vorkommt, die Schulbücher kommen aus Kanada und man erfährt überhaupt nichts über seine eigene Lebensumwelt."
Die Paläologen bemühen sich, auch die wissenschaftliche Ausbildung zu regionalisieren: Sie haben inzwischen so viele einheimische, vor allem kenianische Forscher ausgebildet, dass neue Mitarbeiter nicht mehr nach Deutschland geschickt werden, sondern ihr Training im Nachbarland Kenia bekommen. Schrenk versucht, neben dem "Nord-Süd-Netzwerk" ein "Süd-Süd-Netzwerk" aufzubauen - auch in einem anderen Projekt:
Für seine Initiative "Hominiden machen Schule" hat er sowohl das Nationalmuseum Kenias in Nairobi als auch das Kulturzentrum Karonga gewonnen. Durch dieses Programm sollen afrikanische Schulen endlich Material für den Unterricht über die Evolution erhalten, vor allem Abgüsse der Schädel früher Menschen. Schrenk:
" Wir suchen deutsche Schulen, die einen solchen Schädel - meinetwegen den Schädel des Tokanaboys, ein zwei Millionen Jahre alter, 14-jähriger Junge aus Kenia - kaufen. Und zwar ist es so, dass für den Preis, den diese Schule dann bezahlt, drei Abgüsse hergestellt werden können: Ein Abguss geht dann an die deutsche Schule und zwei Abgüsse gehen an afrikanische Schulen, uns zwar sowohl in Kenia als auch in Malawi."
350 Euro muss die deutsche Schule für den Schädel bezahlen, 150 Euro, wenn sie nur den Abguss eines Unterkiefers kauft. Ein Koffer mit Lehrmaterial mit mitgeliefert, vor allem aber eröffnet der Kontakt zu den afrikanischen Schulen die Chance auf einen intensiveren Austausch.
Friedemann Schrenk besucht auch in Deutschland gern Schulklassen - um seine Arbeit vorzustellen und um aus den Schülerfragen neue Anregungen zu gewinnen. Er vermittelt seine Forschung nicht mithilfe spektakulärer Fernsehbilder oder aufwendiger Multimedia-Shows:
Schrenk:
" Mein Interesse ist, mit anderen Individuen zu kommunizieren. Ich glaube, ich bin besser in einer Kommunikation mit Schülern oder mit Menschen ganz direkt. Ich denke, da kann man auch sehr viel bewirken. Es geht mir wirklich um einzelne Menschen. Nicht dass ich jeden von dem überzeugen will, von dem ich überzeugt bin, sondern es geht mir nur darum, dass eine Ebene geschaffen wird, wo man nicht nur Ergebnisse der Wissenschaft vermittelt, sondern auch, wie diese Wissenschaft betrieben wird."
Dem Forscher liegt nichts daran, mit einzelnen, Aufsehen erregenden Entdeckungen oder gewagten Thesen populär zu werden. Ihm geht es um ein ganzheitliches Bild seiner Wissenschaft: Was macht die Paläontologie aus? Dass sie nur auf Bruchstücke aufbaut, die Knochen und Zähne früher Menschen. Über ihre Haut, ihre Haare, ihr Lachen, ihr Sozialverhalten kann man daraus nur wenig ablesen. Schülern sagt Schrenk daher oft:
" Habt doch mal bisschen Phantasie! Wenn wir nur einen einzigen Zahn haben, und wir kucken den an und haben nichts, mit dem wir das vergleichen können - ja, dann können wir doch nur noch unsere Phantasie einsetzen, um etwas zu interpretieren."
Die fachlichen Ergebnisse sind daher nicht eindeutig richtig oder falsch, betont der Paläontologe, sondern bleiben immer Gedankenspiele, Vermutungen.
Als nächstes würde Schrenk am liebsten eine richtige, interaktive Kommunikation in Museen aufbauen. Unter "interaktiv" versteht er nicht die Kommunikation zwischen Besuchern und Computern, sondern zwischen Menschen. Er denkt etwa an eine Online-Verbindung zwischen dem Naturforschungsmuseum Senckenberg in Frankfurt und dem Kulturzentrum Karonga in Malawi. Wenn man an beiden Orten eine Webcam aufstellte, am besten neben den Dinosauriern, könnten sich die Besucher durchs Internet sehen und mit einander unterhalten, so Schrenk:
" Und nun ist ja da keine großartige Zeitverschiebung. Das heißt also, dort sind Schulklassen und hier sind Schulklassen. Die nun zu verknüpfen, die mit einander kommunizieren zu lassen, über diese Fossilien, über das, was man dazu denkt, das würde ich gern in Zukunft noch etablieren."