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Zwischen Schifffahrtsinteressen und Naturschutzbelangen

Die Donau ist eine internationale Wasserstraße, die auf über 2500 Kilometer schiffbar ist. Der Fluss ist aber auch Abwasserrinne für Großstädte und Industrieanlagen. Er wird belastet durch die Landwirtschaft und in seinem Lauf durch unzählige Stauprojekte behindert. Gleichzeitig ist die Donau für Millionen Menschen Trinkwasserlieferant und verhilft vielen zu Arbeit und Einkommen. Und die Donau und ihre Ufer sind Lebensraum für vielfätige Arten. Es sind also vielfältige Interessen im Spiel, wenn es um die Zukunft der Donau geht, so wie jetzt auf einer Donau-Anrainer-Konferenz in Ungarn, in Dunapatay, südlich von Budapest.

Von Ralph Ahrens |
    Die Donau ist an vielen Stellen nicht nur für Fische und Vögel, sondern auch für Angler, Fischer und Touristen ein Paradies – noch. Denn der Fluss bietet sich als Verkehrsader von Ost nach West und zurück geradezu an. Und Verkehrsstrategen der EU denken daher darüber nach, die Donau massiv auszubauen. Ulrich Eichelmann vom WWF:

    "Das klingt auch alles super: Man kann den Westen mit dem Osten verbinden und die Nordsee mit dem Schwarzen Meer, Völker verbindend, das passt auch alles. Aber was da nicht bei passt, ist, dass die Schifffahrt die Donau extrem ausbauen will auf eine neue Tiefe, die bislang nirgendwo garantiert war bei Niederwasser. Und das ist ein Generalangriff auf die Donau. "

    Denn es wird darüber diskutiert, dass das ganze Jahr über Schiffe mit einem Tiefgang von 2 Meter 50 auf der ganzen Donau fahren sollen. Diese Wassertiefe aber bedroht wertvolle Biotope entlang der Donau. Ein Beispiel: Die Grenzstrecke zwischen Rumänien und Bulgarien ist 480 Kilometer lang und zu einem großen Teil nicht reguliert und hat bei Niedrigwasser nur eine Wassertiefe von einen 1 Meter 50. Würde die Donau dort ausgebaggert, so Ulrich Eichelmann, ...

    "...zerstöre ich die Inseln, die dort sind, die Laichhabitate der Störe, für diese Kaviarproduzenten, für viele, viele Vogelarten wie die Pelikane, die es gibt dort unten und für Fischotter und ungeahnte mehr. "

    Nicht nur Umweltverbände wie der WWF sind skeptisch. Auch viele ungarische Gemeinden an der Donau wehren sich gegen einen ungehemmten Ausbau. Dreißig von ihnen haben sich zum "Donau-Kreis" zusammengeschlossen. Gjörgj Droppa ist der Präsident von "Duna-kör":

    "Wir unterstützen die Schifffahrt. Aber das führt zu Schwierigkeiten. Denn es gibt "Flaschenhälse" – das sind die Stellen, an denen bei Niedrigwasser manche Schiffe Probleme bekommen. Auf der anderen Seite sind diese Flaschenhälse oftmals die "Hot Spots" der biologischen Vielfalt. Das heißt, wir müssen hier gemeinsam eine Lösung finden. "

    Und Umweltschützer und die ungarischen Gemeinden sehen dafür eine gute Chance. Denn mit der Osterweiterung der EU und weil Rumänien und Bulgarien bald zur EU gehören sollen, bietet es sich nahezu an, die Donau als Ganzes zu betrachten. Ulrich Eichelmann:

    "Man muss sich jetzt mal die gesamte Donau anschauen, muss sagen, was gibt es für Ansprüche der Schifffahrt tatsächlich in welchen Regionen, weil in der oberen Donau, das ist schiffsmäßig ganz anders zu betrachten als die untere Donau beispielsweise. Und ökologisch gibt es auch ganz andere Betrachtungsweise. Und das ist eben dieser gesamtheitliche Plan. "

    Schon heute müssten bei grenzüberschreitenden Projekten auch die Umweltauswirkungen über die Grenzen hinweg geprüft werden. Und die europäische Wasserrahmenrichtlinie besagt, dass sich die Qualität von Flüssen und Seen nicht verschlechtern, sondern immer nur verbessern darf.
    Den Flussexperten ging es auf ihrem Treffen in Ungarn aber auch um ganz pragmatische Ansätze. Gjörgj Droppa:

    "Die Donau-Kommission sagt, die Schifffahrt braucht eine Fahrrinne von 120 bis 180 Metern Breite – und wir sagen, die Fahrrinne sollte nicht breiter als 85 Meter sein. Dann brauchen die Schiffe auch insgesamt weniger Wasser. "

    Zudem müsse die Schiffflotte modernisiert werden, so Ulrich Eichelmann:

    "Die Schifffahrt folgt ihrem alten Anspruch, passt den Fluss an die Schiffe an und kaufen immer neue Schiffe. Und die werden immer größer die Schiffe, müssen immer mehr Tonnage haben, müssen immer tiefer sein. Und das ist genau der falsche Weg. Wir sagen "ja" zu einer Schifffahrt auf der Donau, die aber ökologisch vollkommen sich an die Bedingungen anpassen muss. "

    Das heißt: Schiffe mit weniger Tiefgang. Auch hier bietet sich eine historische Chance. Denn die meisten Schiffe, die auf der Donau fahren, sind veraltet, sind 20 bis 40 Jahre alt. Hier könnte die EU ganz konkret helfen, indem sie die Modernisierung der Schiffe oder den Kauf neuer Schiffe subventioniert. Das hätte sogar einen monetären Vorteil: Denn auf diese Weise könnte das Geld für das Ausbaggern eingespart werden.