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Zwischen Tierschutz und Exportsubvention

"Morgens Frankfurt, mittags Rom, abends tot" überschreibt der Deutsche Tierschutzbund ein Flugblatt mit Informationen über Tiertransporte.

Ursula Wissemann | 29.10.2003
    25 Pferde, zusammengepfercht in einem Transporter, fügen sich gegenseitig durch Bisse und Tritte schwere Verletzungen zu. Ein völlig überladener Laster mit Schafen, verfrachtet auf drei Etagen übereinander, erreicht den italienischen Grenzort Gorizia in drückender Hitze. Die Tiere blöken in der Enge um Wasser und Futter, doch niemand kümmert sich um sie. Ein paar Schweine, die tot auf dem LKW liegen bleiben, wenn sie den Schlachthof nach einem langen Tag auf der Straße endlich erreicht haben. Misshandlungen beim Verladen durch Tritte, Schläge oder Elektroschocks sind an der Tagesordnung. Viele Tiere brechen entkräftet und erschöpft zusammen.

    Meldungen wie diese, Bilder von geschundenen oder toten Kreaturen haben Bürger wie Politiker in den vergangenen Jahren immer wieder schockiert. Doch Entsetzen und Empörung änderten wenig an den Missständen.

    Etwa 360 Millionen lebende Tiere werden nach Auskunft von Tierschutzverbänden jedes Jahr quer durch den europäischen Kontinent gekarrt, viele von ihnen erleiden dabei unendliche Torturen. Gleichgültigkeit, Unwissenheit und Gewinnstreben lassen den Schutz der Tiere buchstäblich auf der Strecke bleiben. Langstreckentransporte – das sind nach geltendem EU-Recht Fahrten, die länger als acht Stunden dauern, haben immer wieder für Proteste gesorgt. Ihr Anteil am gesamten Transportaufkommen macht allerdings nach Angaben der EU-Kommission gerade einmal 10 Prozent aus.

    Um die Schmerzen und Qualen dieser Tiere zu beenden, will EU-Verbraucherschutzkommissar David Byrne die seit 1997 geltende EU-Richtlinie, die den Transport von lebenden Tieren regelt, durch eine Verordnung ersetzen und grundlegend verändern:

    Der Vorschlag bedeutet eine radikale Generalüberholung der europäischen Bestimmungen für Tiertransporte. Er enthält sehr viel strengere Regeln für Lebendviehtransporte, die länger als neun Stunden dauern, ohne Rücksicht darauf, ob sie grenzüberschreitend oder nur innerhalb eines Mitgliedslandes stattfinden. Gleichzeitig stellt die Verordnung die Kette derer fest, die an einem Transport beteiligt sind und definiert klar, wer für was verantwortlich ist.

    In Brüssel haben die politisch Verantwortlichen inzwischen erkannt, dass die bestehenden Regeln kaum eingehalten werden. Das Europäische Parlament, einige Mitgliedsstaaten und zahlreiche Nicht-Regierungs-Organisationen fordern seit langem eine Verschärfung der bestehenden Vorschriften.

    Hiltrud Breyer sitzt für die Grünen im europäischen Abgeordnetenhaus. Sie sieht im Vorstoß von EU-Kommissar Byrne einen Erfolg des Europäischen Parlaments, das bereits im März einen Aufruf an die Kommission geschickt hatte, in dem strengere Auflagen für Lebendviehtransporte angemahnt wurden. 333 Europaabgeordnete aus allen Fraktionen hatten ihre Unterschrift unter das Papier gesetzt.

    Wir haben als Parlament eine Resolution verabschiedet – diesen Sommer - die quasi als Weckruf für die Kommission fungiert hat, wo wir genau die Pläne der Kommission noch in verschärfter Form gefordert haben. Und dafür hatten wir eine absolute Mehrheit der Stimmen. Ich denke, wir werden mit Nachdruck noch einmal die Pläne der Kommission verbessern, aber auch da unterstützen, wo sie gut sind.

    War es bislang möglich, lebende Tiere bis zu 29 Stunden ohne Pause über den Kontinent zu karren, soll jetzt nach neun Stunden Schluss sein. Es folgt eine Ruhepause von zwölf Stunden. Erst danach kann die Reise fortgesetzt werden. Von dieser Neun-Stunden-Regelung verspricht sich Byrne eine bessere Akzeptanz bei den Spediteuren, weil die gleichen Lenk- und Ruhezeiten auch für die Lastwagenfahrer gelten.

    Seit langem beklagen Tierschützer, dass die bereits jetzt geltenden Fütter- und Ruhezeiten häufig nicht eingehalten wurden. Viele Tiere blieben hungrig und durstig auf dem Wagen, Rollzeiten von über einem Tag waren keine Seltenheit.

    Dabei gerieten auch die Veterinäre in die Kritik, die bei der Abfertigung oft die Durchführbarkeit der geplanten Transporte gar nicht erst prüften. Auch das soll sich ändern, weil künftig klar geregelt wird, wer für welchen Transportabschnitt verantwortlich ist.

    In Zukunft sollen die Tiere in den Pausen auf den Transportern bleiben. Vorgeschrieben wird ohnehin, dass die Fahrzeuge mit Tränk- und Füttervorrichtungen ausgestattet werden, auch das Platzangebot soll größer werden. Damit die Tiere sich hinlegen können, dürfen sie nicht mehr festgebunden werden. Aber nicht nur deshalb sieht die CDU-Abgeordnete Hedwig Keppelhoff-Wiechert in der Vorlage eine Verbesserung für den Tierschutz:

    Was wir in der Vergangenheit ja immer diskutiert werden, das es heißt, nur bestimmte Zeiten darf das Tier gefahren werden und dann müssen Ruhezeiten her. Da hat man in der Vergangenheit von Ein- und Ausladen gesprochen, also die Tiere abladen, draußen tranken und füttern, davon ist man total abgekommen. Das macht auch keinen Sinn. Stellen Sie sich einmal vor, an bestimmten Ladeplätzen aus ganz Europa treffen sich alle Tier aus der Europäischen Gemeinschaft, das ist wirklich blanke Theorie. Und man weiß auch, dass Auf- und Abladen für die Tiere der stressigste Moment überhaupt ist und von daher sagen wir: Ladezeiten, Fahrtzeiten, Ruhezeiten, das muss alles

    Abgesehen davon, dass das Auf- oder Abladen bei Pferd, Schwein, Rind oder Schaf erheblichen Stress auslöst, waren die Seuchen der vergangenen Jahre ursächlich für das Umdenken bei den verantwortlichen Politikern: Kaum glaubte man in Brüssel, die BSE-Krise überstanden zu haben, da bedrohte die Maul- und Klauenseuche die Landwirte.

    Gerade zentrale Ladeplätze, an denen die Tieren rasten sollten, wären ideale Stätten der Übertragung von Krankheiten. Infektionen könnten sich in Windeseile über den europäischen Kontinent ausbreiten. Die Schäden für Erzeuger wie Verbraucher wären nicht mehr zu kalkulieren. Das war ein Grund für die EU-Kommission, sich für Ruhezeiten auf den Transportern auszusprechen.

    Innerhalb der Europäischen Union sind jährlich knapp vier Millionen Rinder, etwa ebenso viele Schafe und rund zwölf Millionen Schweine unterwegs. Das Verbraucherverhalten bestimmt die Menge der gehandelten Tiere.

    In Italien zum Beispiel ist die Nachfrage nach heimischen Rindfleisch höher als die Menge, die im Land erzeugt wird. Deshalb werden aus Frankreich jährlich etwa 900.000 junge Rinder importiert, die in Italien gemästet werden. Nach dem Schlachten wird das Fleisch der aus Frankreich stammenden Tiere auf dem italienischen Markt als heimisches Rindfleisch angeboten.

    Ähnlich verfahren die Spanier mit einer Million Schweinen, die Transporteure pro Jahr in den Niederlanden verladen, damit sie auf dem Weg über die Pyrenäen auf die iberische Halbinsel befördert werden.

    Diese Länder werden es sein, die im Agrar-Ministerrat und im Europäischen Parlament eine hitzige Debatte über die geplante EU-Richtlinie zum Tiertransport anstoßen werden. Vor allem die Exportländer Niederlande oder Irland fürchten höhere Kosten und wollen die Durchsetzung der Kommissionspläne verhindern. EU-Verbraucherkommissar Byrne sieht den Anstieg der Kosten durch die Umsetzung der geplanten Maßnahmen als nicht besonders gravierend an:

    Die Schätzung, die wir gemacht haben, ist, dass sich die Kosten für ein Schlachttier um etwa 0,9 bis zum 1,5 Prozent verteuern. Die Kosten werden bis zu einem gewissen Grad steigen, aber nicht nennenswert. Für Langstreckentransporte hängt das von den Beihilfen ab die gewährt werden und von der Fahrtroute. Es wird Erhöhungen geben etwa im Bereich von 20 Prozent aufwärts.
    Auch die Regierungen in Rom und Madrid werden gegen die Pläne der EU-Kommission Widerstand leisten, weil sie für ihre Bauern durch die Erhöhung der Kosten höhere Preise für die Importe fürchten. Hohe Preise könnte manchem Italiener oder Spanier den Appetit auf seinen Rinderbraten vergällen.

    Deutschland gehört ebenfalls zu den Exportländern innerhalb der EU: Über 100.000 lebende Rinder mussten vergangenes Jahr die beschwerliche Reise über das Mittelmeer in den Libanon oder nach Ägypten antreten. Was ist für die Erzeuger attraktiv daran, lebende Tiere auf dem Land- und Wasserweg über Tage hinweg in den Nahen Osten oder nach Afrika zu transportieren?

    Einfach der ökonomische Grund, weil eben die Exporterstattungen so hoch sind, dass ich das rechnet. Das ist ein verrücktes System innerhalb dieser EU-Agrarpolitik. Und deshalb ist es schon eine längst überfällige Forderung. Wir haben leider das Problem, dass wir in diesem Bereich Einstimmigkeit haben, in der Europäischen Union und das macht es so schwierig diesen Unsinn zu stoppen.

    Das meint jedenfalls Hiltrud Breyer, grüne Abgeordnete im Europäischen Parlament. Doch die Abschaffung der Exportsubventionen für lebende Tiere ist derzeit
    Zukunftsmusik. Noch zahlt die EU großzügige Beihilfen für Exporte von lebenden Tieren.

    Für 100 Kilogramm Schlachtvieh gibt es zum Beispiel EUR 41,-. Passieren gar Zuchtrinder die Grenze eines Drittlandes, so klingeln für das gleiche Gewicht noch einmal EUR 12,- mehr in der Kasse. Die Unterscheidung zwischen Zucht- und Schlachttieren ist für Hedwig Keppelhoff-Wiechert, Mitglied des Agrarausschusses des Europäischen Parlaments, der Knackpunkt für die Notwendigkeit von Langstrecken-transporten:

    Bei den Zuchttieren kann es durchaus sein, wenn aufnehmende Länder Wert legen auf ganz bestimmte Tiere, dass man lange Transportzeiten zu optimalen Bedingungen wirklich hinbekommen muss. Bei Schlachttieren bin ich jemand, die sich dafür ausspricht, dass man möglichst kurze Zeiten hat, kurze Zeiten heißt bis zum nächsten Schlachthof und dann soll man gefrorene Hälften transportieren, das ist auch im Sinne des Tierschutzes sehr viel vernünftiger.

    Das wäre nur dann durchsetzbar, wenn die Europäische Union keine Ausfuhrprämien mehr für Schlachttiere zahlt. Zwar wird von Politikern angesichts leerer Kassen immer wieder der Abbau von Subventionen – gerade für die Landwirtschaft – gefordert. Doch spätestens dann, wenn konkrete Vorschläge auf dem Tisch liegen, mangelt es an der politischen Bereitschaft, unbequeme Kürzungen durchzusetzen. Einigkeit im Ministerrat in der Frage der Abschaffung von Exportzahlungen für lebende Tiere in Drittstaaten dürfte derzeit an den nationalen Interessen derer scheitern, die von den Zahlungen profitieren.

    Unter "kurzen Fahrtzeiten" verstehen die Landwirte eine Rollzeit von maximal vier bis fünf Stunden. Innerhalb dieses Zeitfensters sei überall in Europa – häufig auch in den zehn Beitrittsländern, die im Frühjahr nächsten Jahres in die Europäische Union aufgenommen werden – ein Schlachthof zu erreichen.

    Aber noch ist es gängige Praxis, zum Beispiel spanische Mutterschafe zum Schlachten über Frankreich und Italien nach Griechenland zu bringen. Warum, so die Frage an EU-Kommissar Byrne, werden lange Schlachttiertransporte nicht völlig verboten?

    Es gibt keine wissenschaftlich fundierte Begründung, um Tiertransporte generell zu verbieten – ob ich nun glaube, dass das wünschenswert ist oder nicht. Die wissenschaftlichen Anhaltspunkte, die uns zur Verfügung stehen, zeigen, dass Tiertransporte durchgeführt werden können unter der Bedingung, dass für die Würde des Tieres gesorgt wird, und das spiegelt der Entwurf wieder.

    Kernstück des Byrne’schen Reformvorhabens sind nach der Vorstellung des EU-Kommissars strenge Kontrollen. Die sollten ausgeweitet werden, vor allem aber müssten sie für jeden Kontrolleur nachvollziehbar werden. Bislang kann der portugiesische Beamte die finnischen Formulare nicht lesen. Das soll sich ändern, künftig werden die Papiere so gestaltet, dass sie überall verstanden werden können. Über einen europaweiten Datenaustausch können Angaben über Ladung, Fahrtrouten und den Zustand der Tiere überprüft werden.

    Byrne geht es nicht unbedingt um ein Mehr an Kontrollen, sondern um eine Steigerung ihrer Effizienz. Die könnte schon dadurch verbessert werden, dass das Befinden der ankommenden Tiere von einem Tierarzt genau dokumentiert wird. Verletzte und tote Tiere würden registriert, Überprüfungen der Ursachen vereinfacht werden, Regelungen, die übrigens in manchen Bundesländern bereits per Erlaß gelten.

    Die Kontrollen fallen in die Zuständigkeit der Nationalstaaten, hierzulande in die Verantwortung der Bundesländer. Bärbel Höhn, grüne Landwirtschaftsministerin in Nordrhein-Westfalen glaubt, schärfere Kontrollen in Zeiten leerer Kassen nicht mit mehr Geld, sondern mit ausgeklügelten Strategien umsetzen zu können:

    Man wird nicht alle Missstände aufdecken können, aber es ist schon gut, das diejenigen, die da agieren, wissen, dass wir scharf kontrollieren und sie auch Angst haben müssen, erwischt zu werden. Wobei man sagen muss, dass auch bei dem Vorschlag von Byrne durchaus auch Aspekte sind, die einem die Kontrolle leichter machen. Im Prinzip weiß man ja auch an bestimmten Stellen, dass man da eher fündig wird man kann versuchen, Knotenpunkte auszusuchen ... wo möglichst viele vorbei kommen. Insofern müssen wir angesichts der leeren Kassen, die in der Tat ein Problem sind müssen wir versuchen, da noch Ideen zu entwickeln, wie wir auch unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen möglichst effiziente Kontrollen hin bekommen.

    Wer erwischt wird, dem drohen harte Strafen, schlimmstenfalls können die Behörden dem auffällig gewordenen Spediteur die Lizenz zum Transport entziehen. Während derzeit das Transportunternehmen lediglich registriert sein muss, um lebende Tiere zu befördern, werden künftig Schulungen für Fahrer und Mitarbeiter ebenso Pflicht wie das Ausfüllen von Fahrtenbüchern. Transportfahrzeuge für Langstrecken müssen in Zukunft gut belüftet oder mit Klimaanlagen ausgestattet werden. Nach fünf Jahren muss zudem eine neue Zulassung beantragt werden.

    Auch wenn Tiertransporte in der Vergangenheit immer wieder mit drastischen Bildern und grausamen Geschichten über die Qualen der Tiere die Öffentlichkeit aufrüttelten, Hedwig Keppelhoff-Wiechert ist davon überzeugt, dass es nur einige wenige sind, die sich nicht an die Vorschriften halten. Die aber gelte es ausfindig zu machen:

    ... da glaube ich einfach genügen nicht nur stichprobenartige Kontrollen, sondern das sollte man stärker handeln und da wäre ich auch sehr dafür, dass die wenigen schwarzen Schafe, die ja immer wieder unterwegs sein werden, mit strengen Restriktionsmassnahmen belastet werden, dass man ihnen wirklich das Handwerkszeug auch nimmt. Weil das bringt den ganzen Berufsstand in Misskredit. Deswegen bin ich schon dafür, da auch national da mehr Geld in die Hand genommen wird, um strenger zu kontrollieren.

    Wenig Probleme sieht man in Brüssel bei der Einhaltung der Vorschriften in den zehn Ländern, die im nächsten Jahr Mitglied der Europäischen Union werden. Man habe den Eindruck gewonnen, dass sich diese Länder viel Mühe gäben, die EU-Standards zu erfüllen, so das Fazit einiger Mitglieder des Agrarausschusses des Europäischen Parlaments, die im Sommer vor Ort die Bemühungen in Augenschein nahmen.

    Selbst in Bulgarien und Rumänien, Länder, die frühestens 2007 beitreten könnten, seien bereits große Fortschritte zu erkennen. In der Vor-Beitrittsphase wurden aus Brüssel Hilfen überwiesen, die es für diese Länder leichter machten, die Vorschriften einzuhalten.

    Die größten Torturen müssen in Europa Schlachttiere erleiden, sofern sie quer über den Kontinent oder in Drittländer gekarrt werden. Mancher Spediteur, der sich nicht an die Vorschriften hält, fällt bei stichprobenartigen Kontrollen auf, doch die Dunkelziffer ist hoch.

    Bei Zuchttieren ist die Situation weitaus besser. Werden beispielsweise Schweine aus flächenarmen Betrieben Baden-Würtembergs zur Mast nach Nordrhein-Westfalen gefahren, haben die Erzeuger selbst ein Interesse daran, dass die Transporte ordnungsgemäß durchgeführt werden. Jedes verletzte oder tote Tier bedeutet einen finanziellen Verlust für den Bauern, der schon aus Eigeninteresse darauf achtet, dass die Bedingungen stimmen.

    Turnier- oder Rennpferde im Leistungssport genießen ohnehin einen Service der Luxusklasse auf ihren Transportern. Allein beim Befördern von Schlachttieren glaubt man vielerorts noch, keine Rücksicht auf Tierschutz, auf Gesetze, auf eine artgerechte Behandlung nehmen zu müssen. Um das zu ändern setzt die Landwirtschaftministerin aus Düsseldorf nicht nur auf mehr Tierschutz.

    Wenn das so durchkommt wäre das schon eine Verbesserung gegenüber der jetzigen Situation. Ob diese Verbesserung ausreichend ist oder ob wir nicht daneben noch andere Maßnahmen machen müssen, wie zum Beispiel, das, was wir hier in Nordrhein-Westfalen machen, also dass wir die regionale Vermarktung stärken, dass wir Strukturen aufbauen, die dazu führen, dass Tiere möglichst nicht so weit transportiert werden müssen das sind andere Fragen.

    Sollte sich David Byrne mit allen Vorschlägen seiner Gesetzesinitiative durchsetzen, so könnte die Richtlinie frühestens ab 2005 für mehr Tierschutz bei Transporten sorgen. Sie müsste von den Mitgliedsstaaten nicht mehr in nationales Recht umgesetzt werden, sondern würde direkt gelten. Um dem Recht dann auch zur Umsetzung zu verhelfen, genügen allerdings nicht nur die von der EU-Kommission geplanten schärferen Kontrollen.


    Tierschützer wie Politiker haben vielerorts geäußert, dass sich eine zivilisierte, wohlhabende Gesellschaft daran messen lassen muss, wie sie mit ihren Tieren umgeht. Nachholbedarf besteht hier in vielen Ländern, besonders aber in Süd- und Osteuropa. Erst wenn sich auch hier die Erkenntnis durchsetzt, dass der Schutz von Tieren ein wichtiges Gut ist, werden auch Tiere auf Transportern weniger zu leiden haben. Dafür aber muss eine Gesellschaft bereit sein. Viele Abgeordnete glauben, die Einsicht könnte beschleunigt werden, wenn der Tierschutz doch noch in der europäischen Verfassung verankert würde.

    Anfang 2004 wird das Europäische Parlament über die vorgesehenen Änderungen bei Tiertransporten debattieren. Im November aber steht das Thema erst einmal auf der Agenda der EU-Agrarminister. Tierschützer sind sich darin einig, dass die Änderungen einen Verbesserung für die vielen Millionen Tiere in Europa bedeuten, die derzeit noch unter schlimmsten Bedingungen quer über den ganzen Kontinent transportiert werden. Umweltpolitiker und ein Teil der Parlamentarier zeigen sich zwar zuversichtlich, doch im Europäischen Parlament wird die Debatte heftig und emotional geführt.

    Die Entscheidung aber fällt im Europäischen Rat und da ist Streit programmiert. Besonders problematisch wird die Auseinandersetzung mit den Staaten, die von der bestehenden Gesetzeslage profitieren, weil sie besonders viele Tiere transportieren. Das sind vor allem die Mitgliedsländer im südlichen Teil Europas. Das Vorhaben der Kommission fällt in den Bereich, in dem Beschlüsse im Ministerrat derzeit noch einstimmig gefällt werden müssen und gerade die Spanier wollen bei Abstimmungen ihren Einfluss stärken.

    Seit Anfang Oktober versucht eine Regierungskonferenz, in vielen Bereich die Abstimmungsmodalitäten zu verändern, doch nationale Interessen beherrschen die Debatte um die künftige Ausgestaltung einer europäischen Verfassung, und damit auch die Debatte über das politische Gewicht der einzelnen Mitgliedsstaaten. Noch ist nicht klar, ob es den kleineren Mitgliedsstaaten der europäischen Union doch noch gelingt, das vom Konvent mühevoll geschnürte Konsenspaket doch erneut zu öffnen.