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Zwischen Tradition und Moderne

Auf ihrer Reise durch Russland haben die deutschen Nachwuchsjournalisten Station in St. Petersburg gemacht. Die Bergbau-Universität ist eine Elite-Hochschule mit modernster Ausstattung und langer Geschichte. Wer hier studiert, hat gute Chancen in der Energiewirtschaft.

Von Viktoria Morasch und Anja Willner |
    Sponsoren hat die Bergbau-Universität von Sankt Petersburg wirklich genug. Und zwar nicht irgendwelche, sondern die ganz Großen aus dem internationalen Öl-und Gasgeschäft: Gazprom, BP, Total, EON und Statoil zum Beispiel. Das macht die Universität zu einer der reichsten und bestausgestatteten der Welt. Studiert wird hier in marineblauen Bergbauuniformen mit goldenen Verzierungen. Das verstärkt den Eindruck: Hier studiert eine Elite. Der klassizistische Bau aus dem 18. Jahrhundert ist mit Marmorsäulen, Kronleuchtern und Springbrunnen geziert. Draußen im Hof stolzieren Pfaue. In diesem Prunkbau studiert auch Wolfgang Richter. Er ist 26 und kommt aus Österreich.

    "Es stimmt natürlich, die Uni hat sehr viel Geld. Nachdem, was ich gehört habe, haben sie die besten Laboreinrichtungen in ganz St. Petersburg. Die Uni bekommt viel Geld von Wirtschaft und Staat. Aber man muss auch zugeben: Bergbau ist der größte Wirtschaftszweig in Russland. Russland verdient sein Geld mit Rohstoffen. Und die Leute, die diese Rohstoffe fördern, studieren an dieser Uni."

    Man könnte jetzt denken, diese Elite-Uni können sich nur Kinder aus reichen Familien leisten. Das ist aber gar nicht so, sagt Svetlana Fedorova, die Leiterin des International Office.

    "Bei uns ist das Studieren kostenlos. Die meisten Studenten hier haben Stipendien. Zahlen müssen nur diejenigen, die von Firmen zur Ausbildung hergeschickt werden."

    BP, Gazprom und Co. fördern aber auch direkt besonders begabte Studenten, sagt Elena Kutova, die an der Bergbau-Uni Mineralogie studiert.

    "Die großen Firmen vergeben Stipendien. Nach dem Studium werden die Stipendiaten auch oft direkt eingestellt. Außerdem sponsern sie auch noch Vorlesungsräume."

    An der Bergbau-Universität kann man unter anderem Geologie, Maschinenbau, Metallurgie und Ökonomie studieren. Und das schon seit 1773. Zur Uni gehört auch ein Museum mit Gold, Edelsteinen, Dinosaurierskeletten und Meteoriten. Die Sammlung hat die Gründerin der Universität, Katharina die Große, aus aller Welt zusammentragen lassen. Heute zählt die Sammlung zu einer der besten ihrer Art weltweit. Damit das auch so bleibt, verteidigt das Museum seine Exponate standhaft gegen Neider.

    "Wir haben ganz seltene Stücke. Es gab einen Kampf mit der Eremitage. Sie sind neidisch auf bestimmte Exponate, die wir haben und sie nicht. Deswegen sind die Leute von der Eremitage uns auch nicht so wohlgesonnen."

    An der Bergbau-Universität studieren 6000 junge Menschen. Sie kommen aus allen Gegenden Russlands, aber auch aus anderen Regionen der Welt, die in Bodenschätzen und der Energiewirtschaft ihre Zukunft sehen.

    "Vor allem mit Afrika und Südamerika gibt's tolle Kooperationen mit denen, die dort arbeiten. Es sind auch sehr viele Afrikaner hier an der Uni. Also der Ausländeranteil an dieser Uni, glaube ich, ist relativ hoch im Vergleich zu anderen russischen Unis."

    Auf die Bergbau-Uni zu kommen, ist aber gar nicht so einfach. Diejenigen, die es geschafft haben, so wie Elena, mussten erst einen Prüfungsmarathon durchlaufen.

    "Es ist nicht leicht, wir mussten einige Prüfungen bestehen. Zum Beispiel in Mathematik, Physik und Russisch. Mit mir zusammen haben 27 andere angefangen zu studieren, am Schluss waren wir nur noch 17. "

    Doch die Studenten der Bergbau-Universität sitzen nicht nur vor Gesteinsproben und Reagenzgläsern. Auch Sport ist Pflicht. Dafür gibt es einen ganzen Sportkomplex mit Judohalle, Boxring, Fitnessgeräten und Erholungsräumen. Die Studenten sind auch auf diesem Gebiet ehrgeizig – und zwar besonders im Kampfsport: Die Universität hat schon sechs Weltmeister hervorgebracht. Und auch der Präsident Vladimir Putin hat hier trainiert.

    Die Nähe nicht nur zur Wirtschaft, sondern auch zur Regierungspartei "Jedinaja Rassia" ist unübersehbar. Im Eingangsbereich der Unibibliothek hängen Porträts von Putin, oberkörperfrei oder intellektuell im Gespräch mit Politikern. Der Rektor der Bergbau-Universität war zuerst Putins Doktorvater und zuletzt sein Wahlkampfmanager für Sankt Petersburg.

    Die Studenten scheint das weniger zu stören. Sie sind nicht an dieser Uni, um sich mit Politik zu beschäftigen, sondern um an ihrer Karriere zu feilen.

    In 16 Tagen durch Russland - Campus-Reihe: Zweite Nachwuchsjournalisten-Rallye zum Studium im Ausland