Universität Rostock: Einführung in die Erziehungswissenschaft. Der Hörsaal ist überfüllt, einige der Lehramtsstudierenden sitzen auf den Treppenstufen. Professor Wolfgang Nieke ist noch mit der Technik beschäftigt, schließt sein Notebook an und versucht zwei, an der Decke hängende Beamer in Betrieb zu nehmen. Die Studierenden sind vertraut mit aufwendigen Präsentationen, haben, so wie Lehramtsstudent Ino, am Gymnasium selbst mit PowerPoint gearbeitet.
"Ich war auf dem Fachgymnasium, Wirtschaft, und da haben wir es eigentlich ständig gemacht. Ganz selten hatten wir mal eine Folie, ansonsten war es ganz normal, dass man mit PowerPoint gearbeitet hat, Präsentationen gemacht hat. Ich find's gut, anschaulich, ich kann damit besser lernen."
Inzwischen hat Wolfgang Nieke die Technik in den Griff bekommen.
"Na bitte. So, das geht heute so, dass ich Ihnen etwas über das Lehren und Lernen sagen werde."
Es geht um Grundbegriffe der Erziehungswissenschaft. Doch statt der erwarteten PowerPoint-Präsentation, bleiben die beiden Leinwände lichtweiß und darauf werden - parallel zum Vortrag - die wichtigen Thesen in schlichter schwarzer Schrift eingeblendet. Ein gewöhnlicher Overheadprojektor oder ein Tafelbild hätten den gleichen Effekt.
Dann aber macht der Pädagoge einen Schnitt und wiederholt alles noch einmal, dieses Mal mit PowerPoint, mit einer - wie die Wissenschaftler sagen - ornamentierten dynamischen Animation.
Als sich dann sogar eine Textzeile wie ein Propeller ins Bild dreht, sorgt das im Hörsaal für Erheiterung.
"Was macht das mit Ihnen, wenn sich das dreht? Ist das lustig? Finden Sie so was ab und zu mal schön in so einer staubtrockenen Vorlesung? Wenn so Elemente kommen? Das man mal was zum Lachen hat? Also offenbar ja! Das ist funny. Das macht Spaß. Das löst ein angenehmes Gefühl aus in einer an sich unangenehmen Situation."
Wolfgang Nieke räumt ein, dass er selbst vor nicht langer Zeit für seine Vorlesungen aufwendige Präsentationen programmierte. Er dachte, er müsse die Studierenden unterhalten. Doch dann kamen ihm Zweifel.
"Mir ist dann aufgefallen bei den mündlichen Prüfungen nach diesen Vorlesungen, dass sich die Studierenden ausgerechnet an die Teile nicht gut erinnern konnten, die ich besonders aufwendig programmiert hatte, und sie sich aber sehr gut an die Animationen erinnern konnten."
Für den Wissenschaftler ein Grund, sich näher mit Präsentationsprogrammen auseinanderzusetzen. Warum sind diese Programme so beliebt? Warum gehören möglichst aufwendig animierte Präsentationen mittlerweile zum guten Ton? Schon die ersten Recherchen waren ernüchternd.
"Die Ursprünge liegen in der Verkäuferschulung. Der Effekt, der damit erreicht werden sollte, ist das sogenannte Branding. Es sollte sich eine Erinnerung einprägen bei den Einkäufern, dass sie auch noch Tage nach der Präsentation sich an die Präsentation als an etwas besonders Aufregendes erinnern konnten, damit sie dann den Auftrag entsprechend oder die Entscheidung entsprechend treffen konnten. Es kommt also bei dieser ursprünglichen Konstruktion gerade nicht auf die Inhalte an, die Details, sondern nur darauf, dass sich da etwas einbrennt in die Seele."
Wolfgang Nieke startete ein Forschungsexperiment. Die Fragestellung: Lernerfolg durch animierte Präsentation? Die Untersuchungen fanden in einem Gymnasium statt, den Schülern wurde ein völlig neuer Stoff vermittelt und hinterher der Lernerfolg abgefragt. Unterschieden wurde - bei demselben Vortragenden - zwischen drei Vortragsarten: Freie Rede, Vortrag unterstützt durch statische Schwarz-Weiß-Präsentation und Vortrag plus animierter Präsentation. Den schlechtesten Lernerfolg hatte die animierte Präsentation, am besten schnitt der durch statische Schwarz-Weiß-Präsentation unterstützte Vortrag ab.
"Inzwischen gibt es Studien, dass es verschiedene Formen des Arbeitsgedächtnisses gibt und dass diese Überladung durch Ornamentik genau einen Teil des Gedächtnisses überlädt, man nennt das Cognitive Overload, und dass dann von dem Kurzzeitgedächtnis eben gerade nichts ins Langzeitgedächtnis geht. Ja - eine Unterstützung optisch gegenüber dem Vortrag hat leichte Vorteile, aber zu viel Ornamentik, zu viel Dynamik in diesen Präsentationen blockiert offenbar den Übertritt der Inhalte ins Langzeitgedächtnis."
Das gilt nicht ausnahmslos für alle Inhalte - Animationen von Kolbenmaschinen oder die Animation des Blutkreislaufs können Funktionsweisen durchaus besser veranschaulichen als eine statische Darstellung. Aber bei den üblichen Lerninhalten, Wissenschaftler sprechen von komplex abstrakten Lerninhalten, lenken Animationen nur ab, sollte zur Visualisierung auf die jahrtausendealte Schultafel oder - beim Einsatz neuerer Technik - auf eine statische Schwarz-Weiß-Darstellung zurückgegriffen werden.
"Ich war auf dem Fachgymnasium, Wirtschaft, und da haben wir es eigentlich ständig gemacht. Ganz selten hatten wir mal eine Folie, ansonsten war es ganz normal, dass man mit PowerPoint gearbeitet hat, Präsentationen gemacht hat. Ich find's gut, anschaulich, ich kann damit besser lernen."
Inzwischen hat Wolfgang Nieke die Technik in den Griff bekommen.
"Na bitte. So, das geht heute so, dass ich Ihnen etwas über das Lehren und Lernen sagen werde."
Es geht um Grundbegriffe der Erziehungswissenschaft. Doch statt der erwarteten PowerPoint-Präsentation, bleiben die beiden Leinwände lichtweiß und darauf werden - parallel zum Vortrag - die wichtigen Thesen in schlichter schwarzer Schrift eingeblendet. Ein gewöhnlicher Overheadprojektor oder ein Tafelbild hätten den gleichen Effekt.
Dann aber macht der Pädagoge einen Schnitt und wiederholt alles noch einmal, dieses Mal mit PowerPoint, mit einer - wie die Wissenschaftler sagen - ornamentierten dynamischen Animation.
Als sich dann sogar eine Textzeile wie ein Propeller ins Bild dreht, sorgt das im Hörsaal für Erheiterung.
"Was macht das mit Ihnen, wenn sich das dreht? Ist das lustig? Finden Sie so was ab und zu mal schön in so einer staubtrockenen Vorlesung? Wenn so Elemente kommen? Das man mal was zum Lachen hat? Also offenbar ja! Das ist funny. Das macht Spaß. Das löst ein angenehmes Gefühl aus in einer an sich unangenehmen Situation."
Wolfgang Nieke räumt ein, dass er selbst vor nicht langer Zeit für seine Vorlesungen aufwendige Präsentationen programmierte. Er dachte, er müsse die Studierenden unterhalten. Doch dann kamen ihm Zweifel.
"Mir ist dann aufgefallen bei den mündlichen Prüfungen nach diesen Vorlesungen, dass sich die Studierenden ausgerechnet an die Teile nicht gut erinnern konnten, die ich besonders aufwendig programmiert hatte, und sie sich aber sehr gut an die Animationen erinnern konnten."
Für den Wissenschaftler ein Grund, sich näher mit Präsentationsprogrammen auseinanderzusetzen. Warum sind diese Programme so beliebt? Warum gehören möglichst aufwendig animierte Präsentationen mittlerweile zum guten Ton? Schon die ersten Recherchen waren ernüchternd.
"Die Ursprünge liegen in der Verkäuferschulung. Der Effekt, der damit erreicht werden sollte, ist das sogenannte Branding. Es sollte sich eine Erinnerung einprägen bei den Einkäufern, dass sie auch noch Tage nach der Präsentation sich an die Präsentation als an etwas besonders Aufregendes erinnern konnten, damit sie dann den Auftrag entsprechend oder die Entscheidung entsprechend treffen konnten. Es kommt also bei dieser ursprünglichen Konstruktion gerade nicht auf die Inhalte an, die Details, sondern nur darauf, dass sich da etwas einbrennt in die Seele."
Wolfgang Nieke startete ein Forschungsexperiment. Die Fragestellung: Lernerfolg durch animierte Präsentation? Die Untersuchungen fanden in einem Gymnasium statt, den Schülern wurde ein völlig neuer Stoff vermittelt und hinterher der Lernerfolg abgefragt. Unterschieden wurde - bei demselben Vortragenden - zwischen drei Vortragsarten: Freie Rede, Vortrag unterstützt durch statische Schwarz-Weiß-Präsentation und Vortrag plus animierter Präsentation. Den schlechtesten Lernerfolg hatte die animierte Präsentation, am besten schnitt der durch statische Schwarz-Weiß-Präsentation unterstützte Vortrag ab.
"Inzwischen gibt es Studien, dass es verschiedene Formen des Arbeitsgedächtnisses gibt und dass diese Überladung durch Ornamentik genau einen Teil des Gedächtnisses überlädt, man nennt das Cognitive Overload, und dass dann von dem Kurzzeitgedächtnis eben gerade nichts ins Langzeitgedächtnis geht. Ja - eine Unterstützung optisch gegenüber dem Vortrag hat leichte Vorteile, aber zu viel Ornamentik, zu viel Dynamik in diesen Präsentationen blockiert offenbar den Übertritt der Inhalte ins Langzeitgedächtnis."
Das gilt nicht ausnahmslos für alle Inhalte - Animationen von Kolbenmaschinen oder die Animation des Blutkreislaufs können Funktionsweisen durchaus besser veranschaulichen als eine statische Darstellung. Aber bei den üblichen Lerninhalten, Wissenschaftler sprechen von komplex abstrakten Lerninhalten, lenken Animationen nur ab, sollte zur Visualisierung auf die jahrtausendealte Schultafel oder - beim Einsatz neuerer Technik - auf eine statische Schwarz-Weiß-Darstellung zurückgegriffen werden.