Gespräch Emma (2 Jahre alt) mit ihrer Mutter:
"Mama kein Babybauch? Nein, Mama hat keinen Babybauch mehr. Das Baby ist ja jetzt da. Willst Du es mal zeigen? "
Emma wackelt auf unsicheren Beinen zum roten Kinderwagen. Darin schlummert Paul.
"Der kleine Paul, ja? Gefällt Dir das, ja? Ja. (schmatz)"
Autorin
Paul ist drei Wochen alt, Emma zwei Jahre, Mauritz elf - die drei Kinder der Bundestagsabgeordneten Kerstin Andreae. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin, ihren Wahlkreis hat die 42-Jährige in Freiburg.
"Das heißt schon, sich wirklich sehr zu organisieren, die Büros müssen mitspielen, das Büro von meinem Mann muss wissen, wo sind welche Kinder, die Kinder müssen alle Telefonnummern haben, also der Große, die Betreuungseinrichtungen haben alle Telefonnummern, und so im Großen und Ganzen klappt es auch."
Kerstin Andreae nimmt einen Schluck von ihrem alkoholfreien Bier. Den Treffpunkt in Kreuzberg hat sie strategisch gut gewählt: vor der Tür ein Kinderspielplatz und ein Springbrunnen zum Planschen.
Ein beschaulicher Ort - aber eigentlich mag Kerstin Andreae es gar nicht beschaulich. Sie hat zwar erst vor drei Wochen entbunden - aber:
"Zuhause - da fällt mir schon die Decke auf den Kopf"
sagt sie und lacht laut. An den wichtigen Abstimmungen im Bundestag in der nächsten Woche will die Volkswirtin auf jeden Fall teilnehmen. Damit gönnt sich die grüne Bundestagsabgeordnete nur eine Mini-Mütter-Auszeit. Sie ist sich einig mit ihrer Bundestagskollegin von der SPD Andrea Nahles: Lange zuhause bleiben schadet der Karriere.
"Und ich finde sie hat Recht. Und das ist eine Aussage, das ist ein großes Problem. Das betrifft alle Frauen, die einen höhergestellten Job haben, Karriere gemacht haben. In dem Moment, wo sie weg sind, da können die Männer noch soviel Verständnis äußern für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie - sie scharren mit den Hufen, und es wird für sie interessant."
Bei den Grünen sei das Problem allerdings nicht so groß, meint Kerstin Andreae - eine Mutter wegzumobben verstoße klar gegen die Parteigrundsätze. Trotzdem weiß die Bundestagsabgeordnete, dass der 640 Kilometer entfernte Wahlkreis Freiburg ihre Schwachstelle ist - ihr Lebensmittelpunkt liegt ja in Berlin.
"Und ich kann mir durchaus vorstellen, dass es Leute gibt, die das nicht gut finden. Die finden, Abgeordnete gehören in den Wahlkreis. Ich hätt´s nicht mehr anders organisieren können. Ich kann meinen Kindern nicht sagen, schmiert euch selber ein Butterbrot, ich komme Freitag wieder. "
Ein wenig trotzig klingt sie - und fügt dann noch hinzu: Wer Mütter im Bundestag wolle, der müsse so etwas eben akzeptieren. Den kleinen Paul mit in den Bundestag nehmen, die Kinder am Arbeitsort haben - das ist das Lebens- und Arbeitsmodell von Kerstin Andreae. Die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hat sich für ein anderes Modell entschieden - ihre 5-monatige Tochter bleibt zuhause in der Eifel, beim Vater und den Großeltern. In Berlin gibt´s Ella nur als Foto auf dem Blackberry.
"Kannst Du mir den grad mal geben, den hab ich ausgemacht, da kann man das Bild auch nicht sehen. Sooo, da guckt sie immer etwas irritiert, wenn der Papa fotografiert. "
Andrea Nahles lächelt, dann greift sie sich mit beiden Händen ans Herz - Mutterglück. Doch wenn Ellas erstes Wort Papa und nicht Mama sei, sei das nicht so schlimm, meint die 40-Jährige. Seit drei Monaten macht Andrea Nahles wieder Politik. In dieser Zeit habe sie gelernt, dass ihre Tochter zuhause in der Eifel glücklich sei, auch ohne die Mutter.
"Mein Vater ist ganz verrückt mit der Kleinen, mein Mann macht das wunderbar, also kann ich mich auch ein Stück weit zurücklehnen und mich darauf verlassen. Je besser das klappt, umso ruhiger bin ich auch."
Am Wochenende ist Andrea Nahles bei der Familie, sonst in Berlin. Nachfragen wie: "Diese Doppelbelastung, wie schaffst Du das eigentlich?", ärgern Andrea Nahles mittlerweile. Sie empfindet diese Fragen nicht als freundliche Anteilnahme, sondern als versteckte Kritik an ihrem persönlichen Familien- und Arbeitsmodell.
"Bei mir wollen sie es immer ganz genau wissen. Und da weigere ich mich ein ganz bisschen, nicht weil ich ein Problem damit hätte, Auskunft zu geben. Aber wir haben hier Bundestagsabgeordnete, die haben teilweise vier oder fünf Kinder, und die werden nie gefragt, wie sie das schaffen. Da wird dann immer unterstellt, die Mutter kümmert sich und Punkt. "
Seit Andrea Nahles Mutter ist, fallen ihr Sachen in Berlin auf, die sie vorher nicht bemerkt hat. Dass das Regierungsviertel eine kinderfreie Zone ist zum Beispiel, und dass das Willy-Brandt-Haus ein Wickel- und Spielzimmer für Mitarbeiterkinder gebrauchen könnte. Es ist ihr auch jetzt erst klar geworden, dass Abgeordnete keinen gesetzlichen Anspruch auf Elterngeld haben.
"Es ist klar, dass wir keine drei Jahre Elternzeit nehmen können, wenn die Legislaturperiode nur vier Jahre ist. Aber ein halbes Jahr wäre schon ganz gut. Die Kollegen in den Landtagen sind davon auch betroffen. Ich bin gerade dabei das zu ändern."
Die dreifache Mutter Kerstin Andreae kann die Initiative ihrer SPD-Kollegin nicht verstehen. Wir sind doch privilegiert, sagt sie Ihre Diät wird weitergezahlt, auch wenn sie sich vor und nach der Geburt ihres Kindes einige Wochen oder Monate aus der Politik zurückzieht. Das Elterngeld dagegen beträgt höchstens 1.800 Euro im Monat.
"Mama kein Babybauch? Nein, Mama hat keinen Babybauch mehr. Das Baby ist ja jetzt da. Willst Du es mal zeigen? "
Emma wackelt auf unsicheren Beinen zum roten Kinderwagen. Darin schlummert Paul.
"Der kleine Paul, ja? Gefällt Dir das, ja? Ja. (schmatz)"
Autorin
Paul ist drei Wochen alt, Emma zwei Jahre, Mauritz elf - die drei Kinder der Bundestagsabgeordneten Kerstin Andreae. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin, ihren Wahlkreis hat die 42-Jährige in Freiburg.
"Das heißt schon, sich wirklich sehr zu organisieren, die Büros müssen mitspielen, das Büro von meinem Mann muss wissen, wo sind welche Kinder, die Kinder müssen alle Telefonnummern haben, also der Große, die Betreuungseinrichtungen haben alle Telefonnummern, und so im Großen und Ganzen klappt es auch."
Kerstin Andreae nimmt einen Schluck von ihrem alkoholfreien Bier. Den Treffpunkt in Kreuzberg hat sie strategisch gut gewählt: vor der Tür ein Kinderspielplatz und ein Springbrunnen zum Planschen.
Ein beschaulicher Ort - aber eigentlich mag Kerstin Andreae es gar nicht beschaulich. Sie hat zwar erst vor drei Wochen entbunden - aber:
"Zuhause - da fällt mir schon die Decke auf den Kopf"
sagt sie und lacht laut. An den wichtigen Abstimmungen im Bundestag in der nächsten Woche will die Volkswirtin auf jeden Fall teilnehmen. Damit gönnt sich die grüne Bundestagsabgeordnete nur eine Mini-Mütter-Auszeit. Sie ist sich einig mit ihrer Bundestagskollegin von der SPD Andrea Nahles: Lange zuhause bleiben schadet der Karriere.
"Und ich finde sie hat Recht. Und das ist eine Aussage, das ist ein großes Problem. Das betrifft alle Frauen, die einen höhergestellten Job haben, Karriere gemacht haben. In dem Moment, wo sie weg sind, da können die Männer noch soviel Verständnis äußern für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie - sie scharren mit den Hufen, und es wird für sie interessant."
Bei den Grünen sei das Problem allerdings nicht so groß, meint Kerstin Andreae - eine Mutter wegzumobben verstoße klar gegen die Parteigrundsätze. Trotzdem weiß die Bundestagsabgeordnete, dass der 640 Kilometer entfernte Wahlkreis Freiburg ihre Schwachstelle ist - ihr Lebensmittelpunkt liegt ja in Berlin.
"Und ich kann mir durchaus vorstellen, dass es Leute gibt, die das nicht gut finden. Die finden, Abgeordnete gehören in den Wahlkreis. Ich hätt´s nicht mehr anders organisieren können. Ich kann meinen Kindern nicht sagen, schmiert euch selber ein Butterbrot, ich komme Freitag wieder. "
Ein wenig trotzig klingt sie - und fügt dann noch hinzu: Wer Mütter im Bundestag wolle, der müsse so etwas eben akzeptieren. Den kleinen Paul mit in den Bundestag nehmen, die Kinder am Arbeitsort haben - das ist das Lebens- und Arbeitsmodell von Kerstin Andreae. Die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hat sich für ein anderes Modell entschieden - ihre 5-monatige Tochter bleibt zuhause in der Eifel, beim Vater und den Großeltern. In Berlin gibt´s Ella nur als Foto auf dem Blackberry.
"Kannst Du mir den grad mal geben, den hab ich ausgemacht, da kann man das Bild auch nicht sehen. Sooo, da guckt sie immer etwas irritiert, wenn der Papa fotografiert. "
Andrea Nahles lächelt, dann greift sie sich mit beiden Händen ans Herz - Mutterglück. Doch wenn Ellas erstes Wort Papa und nicht Mama sei, sei das nicht so schlimm, meint die 40-Jährige. Seit drei Monaten macht Andrea Nahles wieder Politik. In dieser Zeit habe sie gelernt, dass ihre Tochter zuhause in der Eifel glücklich sei, auch ohne die Mutter.
"Mein Vater ist ganz verrückt mit der Kleinen, mein Mann macht das wunderbar, also kann ich mich auch ein Stück weit zurücklehnen und mich darauf verlassen. Je besser das klappt, umso ruhiger bin ich auch."
Am Wochenende ist Andrea Nahles bei der Familie, sonst in Berlin. Nachfragen wie: "Diese Doppelbelastung, wie schaffst Du das eigentlich?", ärgern Andrea Nahles mittlerweile. Sie empfindet diese Fragen nicht als freundliche Anteilnahme, sondern als versteckte Kritik an ihrem persönlichen Familien- und Arbeitsmodell.
"Bei mir wollen sie es immer ganz genau wissen. Und da weigere ich mich ein ganz bisschen, nicht weil ich ein Problem damit hätte, Auskunft zu geben. Aber wir haben hier Bundestagsabgeordnete, die haben teilweise vier oder fünf Kinder, und die werden nie gefragt, wie sie das schaffen. Da wird dann immer unterstellt, die Mutter kümmert sich und Punkt. "
Seit Andrea Nahles Mutter ist, fallen ihr Sachen in Berlin auf, die sie vorher nicht bemerkt hat. Dass das Regierungsviertel eine kinderfreie Zone ist zum Beispiel, und dass das Willy-Brandt-Haus ein Wickel- und Spielzimmer für Mitarbeiterkinder gebrauchen könnte. Es ist ihr auch jetzt erst klar geworden, dass Abgeordnete keinen gesetzlichen Anspruch auf Elterngeld haben.
"Es ist klar, dass wir keine drei Jahre Elternzeit nehmen können, wenn die Legislaturperiode nur vier Jahre ist. Aber ein halbes Jahr wäre schon ganz gut. Die Kollegen in den Landtagen sind davon auch betroffen. Ich bin gerade dabei das zu ändern."
Die dreifache Mutter Kerstin Andreae kann die Initiative ihrer SPD-Kollegin nicht verstehen. Wir sind doch privilegiert, sagt sie Ihre Diät wird weitergezahlt, auch wenn sie sich vor und nach der Geburt ihres Kindes einige Wochen oder Monate aus der Politik zurückzieht. Das Elterngeld dagegen beträgt höchstens 1.800 Euro im Monat.