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Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Viele spanische Jugendliche zieht es notgedrungen nach Deutschland, wo es noch Ausbildungsstellen und eine Perspektive gibt. Doch auch hier besteht für sie das Risiko, beruflich nicht Fuß zu fassen.

Von Alois Berger | 13.07.2013
    13 junge Spanier in einem Supermarkt im Norden von Köln, und dazwischen eine Betreuerin von der Handwerkskammer, die versucht, mit Händen und Füßen das Milchangebot in Deutschland zu erklären. Die jungen Männer, alle zwischen 18 und 28, sind gerade erst angekommen, mit dem Flugzeug aus Barcelona. Die meisten wollen Elektriker werden, ein paar von ihnen Heizungsbauer, zwei typisch deutsche Ausbildungsberufe. Die Handwerkskammer Köln hat sie in Spanien angeworben. Die Betreuerin von der Kammer und ein spanischer Gewerkschafter kümmern sich jetzt erst einmal darum, dass die jungen Männer rasch in ihrem neuen Umfeld zurechtkommen.

    "Sie sind ganz erschüttert, dass das Olivenöl so teuer ist. In Spanien kocht man alles mit Olivenöl, deswegen ist das kompliziert."

    Ricard Bellera arbeitet in der Abteilung für Migration der katalanischen Gewerkschaft CCOO in Barcelona. Seine Mutter ist Deutsche, und weil er fließend Deutsch spricht, hat ihn seine Gewerkschaft losgeschickt, die künftigen Lehrlinge nach Köln zu begleiten. Zwei Tage wird Gewerkschafter Bellera noch bei der Eingewöhnung der jungen Spanier in Deutschland dabei sein, bevor er wieder nach Barcelona zurückfliegt. Solange kann er ihnen noch helfen, sich im Leben und im Supermarkt zurechtzufinden.

    "Nutella, wo ist Nutella …"

    Es ist eine sehr behutsame Einführung, mit der die Handwerkskammer und die spanische Gewerkschaft die 13 Männer an ihre neue Realität heranführen. Denn so viel hat man aus früheren Fehlern gelernt, dass es nicht reicht, einfach nur Arbeitskräfte ins Land zu holen und sie dann weitgehend sich selbst zu überlassen. Deshalb wird jetzt viel Wert darauf gelegt, dass sie als erstes vernünftig Deutsch lernen. Schon in Spanien haben die jungen Männer einen Monat lang gemeinsam die neue Sprache gebüffelt.

    "Ich heiße Lluis, ich bin aus Barcelona, ich bin 18 Jahre alt, ich lerne Elektriker, aber ich bin Informatiker."

    Deutsch ist eine schwere Sprache, das sagen sie alle. Aber noch viel schwerer ist es, in ihrer spanischen Heimat eine Arbeit zu finden. Lluis Crispin Asensi, der gelernte Informatiker, hat sich immer wieder beworben, immer wieder vergeblich. Einmal hatte er das Gefühl, ganz nah dran zu sein an einem richtigen Job. Aber dann sollte er seine Berufserfahrung nachweisen. Berufserfahrung, woher soll man die nehmen, wenn man gerade mal 18 ist. So ist Lluis langsam die Hoffnung verloren gegangen, die Hoffnung auf eine Arbeit in seinem gelernten Beruf. Als er von der Lehrstelle in Deutschland hörte, da hat er sich eingeklinkt.

    "Wir wissen alle, dass Deutschland das wirtschaftlich stärkste Land ist, deshalb glaube ich, dass ich in Deutschland eine bessere Zukunft habe als in Spanien. Ich schaue mir das schon länger an und es gefällt mir, wie in Deutschland gelernt, gearbeitet und ausgebildet wird."

    Nur vor der Sprache, da hat Lluis immer noch Angst. Angst, dass er es nicht schafft, sich schnell genug verständlich zu machen. Drei Wochen hat er noch Zeit, drei Wochen, in denen er jeden Tag mit seinen Kollegen intensiven Sprachunterricht bekommen wird. Erst danach muss er sich bei seinem künftigen Ausbildungsbetrieb vorstellen. Lluis Crispin ist entschlossen seinen Weg zu machen, genauso wie die anderen Landsleute in seiner Gruppe. So wie Lluis wollen die meisten nach ihrer Ausbildung in Deutschland bleiben, um ein Leben in Würde zu haben, wie Lluis sagt, und nicht ein Leben mit Gelegenheitsjobs.

    Rund 50.000 Spanier sind im vergangenen Jahr nach Deutschland gekommen, um hier Arbeit zu finden. Dieses Jahr werden es vermutlich noch einmal 40, 50 Prozent mehr sein. Die wirtschaftliche Krise in ihrem Heimatland zwingt viele, ihr Glück woanders zu suchen. Die Arbeitslosigkeit in Spanien liegt bei weit über 20 Prozent. Noch schlechter sieht es für die Jugendlichen aus. Nicht einmal jeder zweite Schulabgänger findet einen Job, und wenn, dann höchstens als Kellner, Küchenhilfe oder irgendwo als Aushilfs-Assistent für irgendetwas. Der Wunschberuf ist für die meisten unerreichbar.

    In Deutschland dagegen werden in manchen Branchen die Arbeitskräfte knapp. Vor allem Handwerksbetriebe suchen Nachwuchs. 35.000 Lehrstellen blieben im letzten Jahr unbesetzt. Seit einigen Jahren werben die Handwerkskammern deshalb Arbeitskräfte in den Krisenländern der Europäischen Union an, dort also, wo die Arbeitslosigkeit hoch und die Freizügigkeit wegen der EU-Mitgliedschaft kein Problem ist. Dass ihnen dabei ausgerechnet die dortigen Gewerkschaften helfen, klingt im ersten Moment erstaunlich. Der spanische Gewerkschafter Ricard Bellera findet das ganz normal. Wir wollen, dass unsere jungen Leute menschenwürdige Arbeit haben, sagt Bellera, und wenn das in Deutschland ist, dann helfen wir ihnen eben in Deutschland:

    "Wir müssen die Garantie geben, dass die Leute, die nach Deutschland kommen, nicht ins Prekariat reinkommen, sondern auch eine gute Arbeit bekommen. Zweitens, wir müssen darauf achten, dass sie in Deutschland nicht die Tarifverträge, nicht die Löhne drücken, sondern nach den gleichen Bedingungen wie auch die deutschen Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt eintreten. Drittens, wir müssen uns darum kümmern, dass auch in interkulturellen Aspekten die Leute sich eine gewisse Empfindlichkeit, ein Feingefühl, was eben Deutschland ist, und auch ein persönliches Interesse entwickeln."

    Doch so weit sind die jungen Männer noch nicht. Sie sind gerade einmal ein paar Stunden in Deutschland und pendeln noch zwischen Neugier und Scheu, was da so auf sie zukommt. Sie stammen allesamt aus eher einfachen Verhältnissen, einige waren noch nie im Ausland. Anders als Studenten oder bereits ausgebildete Ingenieure kommen sie nicht mit der Vorstellung nach Deutschland, ein paar Jahre zu bleiben und dann eventuell wieder nach Spanien zurückzukehren. Sie wollen in Deutschland bleiben, auch nach der Ausbildung. Deutschland ist für die 13 jungen Männer die neue Lebensperspektive.

    Das Bild, das sie von Deutschland haben, ist das Bild, das sie im Fernsehen, im Radio, in den Illustrierten gesehen haben, sagt der Gewerkschafter Ricard Bellera:

    "Deutschland ist ein bisschen zum Mythos geworden. Man weiß zwar, dass es in Deutschland auch Minijobs gibt, auch prekäre Jobs, aber man hat eben die Hoffnung, dass es in einem reichen Land auch Platz gibt für Menschen, die sich durch ihre Arbeit und durch ihre Integration einen Platz schaffen."

    Es sei eine Mischung aus Bewunderung für ein wirtschaftlich starkes Land, in dem Probleme angepackt und gelöst würden, meint der Gewerkschafter Bellera - und einer gewissen Abneigung gegen dieses Deutschland, dessen Regierung Europa mit seinem Spardiktat drangsaliere und auch sonst eher ruppig auftrete. Neben Bellera steht der 20-jährige Javier Villarino Dos Anjos, der sich in Deutschland zum Elektriker ausbilden lassen will. Villarino erzählt, dass seine Freunde zu Hause in Spanien ganz und gar nicht verstehen konnten, dass er in dieses kalte Deutschland ziehen wolle:

    "Die haben gefragt, ob ich auf den Kopf gefallen bin, dass ich Familie und Freunde zurücklasse, um nach Deutschland zu gehen. Ich habe ihnen nur gesagt, dass ich endlich eine richtige Arbeit haben will und deshalb in ein Land gehe, in dem man sich beweisen kann, in dem Arbeit und Ausbildung ernster genommen werden als in Spanien."

    "Wir werden versuchen, in Deutschland zu bleiben. Wir haben die Nase voll von Spanien."
    Ernsthaftigkeit, Zuverlässigkeit, klare Strukturen - Begriffe, die immer wieder auftauchen, wenn die jungen Spanier erklären, was sie von ihrem Leben in Deutschland erwarten. Javier Villarino ist ein Kraftpaket, ein stämmiger Typ, der die Gelegenheit sucht zu beweisen, was in ihm steckt. Er will keine Zeitverträge mehr, keine Aushilfsjobs, sagt er, keine halbherzigen Versprechen auf eine bessere Zukunft. Er weiß, dass es nicht einfach wird in diesem fremden Land. Aber er hat eine Wut im Bauch, die ihn antreibt und eine Entschlossenheit. In den vergangenen Tagen und Wochen hat er viele Abende lang mit den anderen zwölf Kollegen geredet; alle hätten ähnliche Erfahrungen gemacht in Spanien, sagt er.

    "Die Idee hatten wir schon lange im Kopf. Seit Jahren denken wir über Deutschland nach, haben überlegt, Deutsch zu lernen. Jetzt haben wir die Gelegenheit. Die werden wir nutzen. Wir werden versuchen, in Deutschland zu bleiben. Wir haben die Nase voll von Spanien."
    Nach den bisherigen Erfahrungen mit spanischen Auszubildenden geht man bei der Kölner Handwerkskammer davon aus, dass sechs bis sieben der 13 Neuankömmlinge langfristig in Deutschland bleiben werden. Einige werden schon nach einigen Monaten aufgeben. Fast zwei Drittel aller spanischen Arbeitskräfte, die in den letzten Jahren nach Deutschland gekommen sind, haben ihre Zelte innerhalb des ersten Jahres bereits wieder abgebrochen. Zu schwer die Sprache, zu fremd das Land, zu groß das Heimweh.

    Während der Vorbereitungszeit in Spanien sind die 13 zu einer Gruppe zusammengewachsen, die sich gegenseitig Halt gibt. Sie verstehen sich, sie helfen sich, sie kochen und sie verbringen ihre freie Zeit zusammen. Das macht vieles einfacher, meint der Gewerkschafter Bellera, hat aber gleichzeitig den Nachteil, dass sie länger brauchen werden, sich in der deutschen Gesellschaft einzugliedern.

    Für ihren ersten Abend in Deutschland hat die Kölner Handelskammer einen spanischen Unternehmer, spanische Kulturvereine und spanische Studenten eingeladen, die alle schon lange in Deutschland leben.

    Sie alle erzählen von der Studentenstadt Köln und den fröhlichen Kölnern, von einer deutschen Gesellschaft, die nicht immer so effizient und gradlinig und auch nicht immer so gut organisiert sei, wie man sich das in Spanien vorstellt. Die aber auch nicht ganz so ernst und freudlos daherkomme, wie das manche spanische Medien vermitteln würden. Vor allem die drei Studentinnen schwärmen vom Kölner Nachtleben; sie warnen die künftigen Lehrlinge aber davor, sich nicht darin zu verlieren. Denn in den ersten zwei Jahren gebe es wichtigeres zu tun, als sich in Deutschland zu amüsieren.

    "Deutsch, Deutsch lernen. Viele denken, das ist halt Europa und alle sprechen Englisch. Aber die Sprache ist das A und O. Wenn man die Sprache nicht kennt, kann man nicht arbeiten."

    Mar Monsonis lebt seit sieben Jahren in Köln. Sie hat hier ihren Doktor gemacht, hat einen deutschen Freund und seit zwei Jahren ein Kind. Sie ist gern in Deutschland, aber ein bisschen Heimweh nach Spanien hat sie immer noch. Man bleibt Spanier, meint sie, auch wenn man noch so gut integriert ist. Selbst die kulturellen Missverständnisse werden nicht weniger, erzählt Mar Monsonis, sondern nur milder:

    "Zum Beispiel: Wenn ich Freunde einlade, die fragen immer, was sie mitbringen sollen. Für mich, wenn ich einlade, dann lade ich ein und stelle alles hin. Aber ich bin immer wieder überrascht, dass einer so mit einer Flasche Wein kommt, der andere mit einer Tüte Chips oder so.. Ich denke dann: "Aber das brauchst Du nicht, ich habe dich eingeladen." Das ist überraschend, immer wieder."

    Spanische Gastfreundschaft und deutsche Mitbringkultur. Die 13 jungen Spanier wirken zunehmend entspannter. Selbst Aleisch Codina Moragón, der sich mit all den neuen Eindrücken etwas schwerer tut als die anderen, taut langsam auf:

    "Das macht mich schon etwas zuversichtlicher. Ich kann mir jetzt schon eher vorstellen, dass wir durchhalten werden. So wie die erzählen, ist das alles doch etwas leichter und einfacher, als ich dachte."

    Nicht nur die fast durchwegs positiven Erfahrungen und Anekdoten der spanischen Studenten und Kulturfunktionäre lockern die Stimmung auf, es ist vor allem die Erfahrung, dass es auch in Deutschland genügend Spanier und spanische Vereine gibt – Rückzugsmöglichkeiten also, wenn sie sich von der deutschen Kultur überfordert fühlen.

    Dass sie neugierig sind auf die deutsche Kultur, das sagen sie alle immer wieder. Doch wenn man genauer hinhört, wird schnell klar, dass sie mit deutscher Kultur nicht Theater oder Kino meinen, und schon gar nicht Volkskunst oder Oper sondern die deutsche Alltagskultur, die Einstellungen zum Leben, vor allem zur Arbeit. Denn deshalb sind sie ja gekommen, weil sie zu Hause unzufrieden waren mit der spanischen Arbeitswelt, die sie nicht haben will und von der sie sich nicht ernst genommen fühlen. Sie suchen nicht nur ein besseres Einkommen, meint der Gewerkschafter, Ricard Bellera, sie suchen auch ihre Würde.

    "Ein junger Spanier, oder eine junge Spanierin, ist zurzeit einem Arbeitsmarkt ausgesetzt, der 57 Prozent Arbeitslosigkeit hat. Insofern ist es wichtig, dass Leute einfach eine Chance haben, ihren eigenen Weg zu machen. Deswegen versuchen wir ganz pragmatisch, in diesem Fall 13 Personen, die Möglichkeit zu geben, dass sie sich beruflich betätigen zu können, menschlich zu wachsen und den Platz in der Gesellschaft zu finden, der ihnen zusteht."

    Wenig später bekommt das Bild der Spanier von der deutschen Arbeitswelt die ersten tiefen Kratzer. Die Appartements, die ihnen die Handwerkskammer für die ersten Monate besorgt hat, liegen im Kölner Vorort Niehl. Einfache Arbeiterwohnungen, die ein findiger Unternehmer eigens für die neuen Gastarbeiter gebaut hat, die zunehmend aus den europäischen Krisenländern nach Deutschland geholt werden. Billige Unterkünfte über einer Autowerkstatt, der Zugang zu den Dreibettzimmern führt durch die Garage. Alles ohne Charme, aber immerhin sauber und praktisch.

    Am Eingang treffen sie zwei verzweifelte Spanier an, auch sie angelockt vom neuen deutschen Wirtschaftswunder. José Rubio und Daniel Nebot sind vor zehn Monaten nach Deutschland gekommen. Auf eigene Faust. Ihr Deutsch ist nicht besonders gut, aber noch schlechter sind ihre deutschen Erfahrungen. Ein Kölner Getränkehändler hatte in Spanien über eine Internetanzeige Lastwagenfahrer gesucht, für 2.200 Euro im Monat. Den Arbeitsvertrag haben José Rubio und Daniel Nebot übers Internet abgeschlossen. Dann haben sie sich in den Fernbus gesetzt und sind nach Köln gefahren, wo sie eine ganz andere Arbeit vorfanden.

    "Versprochen war ein Achtstundentag als Lastwagenfahrer. Was wir dann machen mussten, waren 14 bis 16 Stunden Kistenschleppen pro Tag, und das für 1.200 Euro im Monat, statt der vereinbarten 2.200. Wir haben das ein paar Monate lang gemacht, weil wir das Geld brauchten und nicht wussten wie wir uns wehren sollten und keine Zeit hatten, uns darum zu kümmern."

    Im April hat sich Rubio dann an der Hand verletzt und als es dann auch noch Schwierigkeiten mit der Krankenkasse gab, haben sich die beiden die Unterstützung einer deutschen Gewerkschaft geholt. Der Getränkehändler hat sie daraufhin sofort entlassen. Jetzt warten sie auf ihren Lohn und wollen klagen. Ihre Arbeit machen nun andere Spanier, die ebenfalls übers Internet eingestellt wurden.

    Der Drang vieler Südeuropäer, aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland zu kommen, hat auch windige Geschäftemacher mobilisiert, denen es um schnellen Profit geht. Im Vergleich zur Gastarbeitergeneration der 60er-Jahre sind die heutigen Einwanderer aber besser gewappnet, meint Vicente Riesgo Alonso von der Spanischen Weiterbildungsakademie in Bonn. Sie sind besser ausgebildet, besser qualifiziert und sprechen meist schon etwas Deutsch, wenn sie hier ankommen. Leute wie José Rubio und Daniel Nebot, die praktisch ohne Sprachkenntnisse nach Deutschland reisten, seien früher die Regel gewesen. Heute seien sie eher die Ausnahme. Dass trotzdem so viele junge Spanier noch im ersten Jahr zurückkehrten, habe mit ihren falschen Erwartungen zu tun, meint Vicente Riesgo:

    "Vor allem sind die Erwartungen viel zu groß. Man hat vielleicht zu idealistische Vorstellungen vom Leben in Deutschland. Und wir sehen auch, dass viele in Städte kommen, wo es nicht die besten und die meisten Angebote an Arbeitsplätzen gibt."

    Vicente Riesgo, der auch im Integrationsbeirat der Bundesregierung sitzt, versucht deshalb zusammen mit der spanischen Akademie, die jungen Leute in Regionen mit besseren Jobchancen zu lotsen. Er warnt davor, die Probleme der Einwanderer zu unterschätzen. Es gebe zwar viele Programme, wie das Lehrlingsprogramm der Kölner Handwerkskammer, aber es fehle an dauerhafter Unterstützung für jene, die ohne institutionelle Begleitung einwanderten.

    "Man spricht sehr viel Von Willkommenskultur und Anerkennungskultur, aber bisher ist das zumindest teilweise bei frommen Wünschen geblieben. Wir brauchen viel mehr Taten und dazu gehört, dass eine entsprechende Infrastruktur an Beratungs- und Orientierungszentren entsteht, sonst bleibt es eben nur bei einer schönen Ankündigung. Wir brauchen Arbeitskräfte und vergessen, dass es doch Menschen sind, die da kommen sollen."

    Für Javier Villarino und die anderen Lehrlinge ist das alles noch weit weg. Sie sind gerade erst ein paar Stunden in Deutschland, und dass man sie allein lassen würde, können sie nicht von sich behaupten. Die Bundesregierung unterstützt nicht nur die Anwerbung von Lehrlingen aus Krisenländern, sie finanziert auch die Sprachkurse, bezuschusst die Unterbringung, die Reisekosten und fördert begleitende Maßnahmen. Aber alles muss eigens beantragt werden. 17 Formulare müssen die spanischen Lehrlinge ausfüllen. Die Kölner Handwerkskammer hilft Ihnen dabei. Für den 20 jährigen zukünftigen Elektriker Javier Villarino Dos Anjos sind das alles Kleinigkeiten, er würde sich jetzt von nichts mehr aufhalten lassen.

    "Wir wollen endlich zeigen, dass wir etwas können. In Spanien haben wir keine Möglichkeit, uns zu entfalten. Was mir an Deutschland gefällt, das ist die Arbeitskultur, die Qualität, die Genauigkeit, die Logik der Abläufe. In Spanien haben wir das alles nicht."