Doris Schäfer-Noske: Korea ist dieses Jahr Gastland der Frankfurter Buchmesse, das heißt, eigentlich muss man Südkorea sagen, denn Nordkorea hat seine Teilnahme vor ein paar Wochen endgültig abgesagt. Dabei hatte die Frankfurter Buchmesse ausdrücklich um die Teilnahme des kommunistisch regierten Nordkorea geworben und tut dies nach Medienberichten auch jetzt noch, nach der offiziellen Absage. Auch im übernächsten Jahr zeichnen sich Konflikte in Bezug auf das Gastland der Frankfurter Buchmesse ab: in Spanien ist jedenfalls schon jetzt ein Streit darüber entbrannt, wie sich die katalanische Literatur in Frankfurt 2007 präsentieren soll. Frage an Paul Ingendaay: worum geht es denn bei dem Streit?
Paul Ingendaay: Eigentlich ist es ein sehr pikantes Thema, weil die Frankfurter Buchmesse in Gestalt von Volker Neumann zum ersten Mal eine Region, nicht ein Land eingeladen hat, und das bringt Konflikte mit sich, weil es sich um eine historische Kulturregion handelt mit zwei Sprachen und da ist eben jetzt die Frage: ist die Kultur eingeladen oder die geschriebene Sprache Katalanisch? Ist die katalanische Kultur als Ganze, das hieße eben auch auf Spanisch geschrieben oder ist es nur in der einen Sprache? Darüber zanken sich jetzt sowohl die Verleger wie auch die Autoren wie auch die kulturellen Repräsentanten und es wirft eigentlich kein gutes Licht darauf, denn es hat ja lange gedauert, es gab viele Diskussionen, bis man Katalonien eingeladen hat.
Schäfer-Noske: In der Einladung war die Rede von Namen wie Golti Solo, da wäre ja nun die Region gemeint und eben auch die spanischsprachige Literatur aus dieser Region.
Ingendaay: Man muss wohl eindeutig sagen, dass die bekannteren Autoren, die aus Katalonien oder Barcelona kommen, die spanischsprachigen oder auch -schreibenden sind, denn sprechen tun sie ja immer beides. Das muss aber nicht unbedingt etwas sagen, denn es ist schon richtig, dass man einmal diese eigenständige Literatursprache versuchen sollte darzustellen, es geht jetzt um eine Frage: kann man eine Lösung finden, dass man beide im Boot hat und kann man es tun, ohne Streit zu zeigen. Bisher sind die Katalanisten, also die wirkliche nationalistisch Gesinnten, nicht dazu bereit, die spanisch Schreibenden überhaupt mit reinzunehmen. Wenn sie dabei bleiben, wird es einen großen Krach geben.
Schäfer-Noske: Wie tief ist denn der Graben zwischen den spanisch schreibenden und den katalanisch schreibenden Schriftstellern in Spanien und welche Rolle spielen die Verlage bei der Entscheidung, in welcher Sprache ein Autor veröffentlicht?
Ingendaay: Es ist natürlich, wie Sie es völlig richtig andeuten, oft eine Frage des Geschäftes. Es gibt Verlage, die nur katalanisch veröffentlichen, aber die existieren eigentlich eher am Rande der großen spanischen Buchindustrie, die ja in Barcelona und Madrid ihre Zentren hat und da muss man eigentlich sagen, zwischen den Autoren gibt es normalerweise keinen Ärger. Das ist oft eine Frage des kulturellen Bewusstsein, des Empfindens, ein Dichter zum Beispiel hat vor vielen Jahren schon beschlossen, nur noch Katalanisch zu schreiben. Der träumt von einem Nobelpreis für katalanische Literatur und würde das nie auf Spanisch machen wollen. Und dann gibt es eben ein größeren Teil, der eigentlich weltläufig ist und sagt, das ist doch eine Sprache, die fast 400 Millionen Leute sprechen und lesen, die ist doch der Verbreitung unserer Werke viel dienlicher und insofern sollte man das Ganze eigentlich vielleicht etwas runterfahren.
Schäfer-Noske: Wer ist denn dieser Autor, der gesagt hat, er möchte den Nobelpreis für die katalanische Literatur, ist das ein bekannter?
Ingendaay: Das ist einer, der eben leider nur in Katalonien bekannt ist, er heißt Pere Gimferrer und er schreibt auch in katalonischen Zeitungen, dort eigentlich auch auf Spanisch. Die Widersprüche laufen durch ein und dieselbe Figur oft und Goytisolo ist nun überhaupt kein gutes Beispiel für katalanische Literatur, weil er ja in Marrakesch lebt. Hier haben wir ganz viele Arten der Bikulturalität und Mehrsprachigkeit und eigentlich hoffe ich auf eine weltläufige Lösung.
Schäfer-Noske: Wie haben denn die Politiker in dem Streit um die Frankfurter Buchmesse eingegriffen?
Ingendaay: Dort haben sich erstaunlicherweise die linken und die konservativen Nationalisten gut verstanden, was sie sonst gar nicht tun und haben gesagt, wir wollen nur die Katalanen dort sehen. Und die größeren spanischen Parteien haben gesagt, das finden wir nicht gut, das schließt einige Leute aus, die für unsere Region kulturell sehr wichtig sind und die auch viele Bücher verkauft und Leser haben. Da gibt es leider diesen Riss zwischen den Nationalisten und den Nichtnationalisten und das ist so ein ewiges Thema in Spanien, dass die Nationalisten sich auf eine Region fixieren und deren Eigenständigkeit betonen wollen, dass die oft solche symbolischen Kämpfe brauchen, um sich stärker zu machen, als sie in Wahrheit sind.
Schäfer-Noske: Wie denken Sie denn, dass das mit dem Katalonienschwerpunkt 2007 auf der Frankfurter Buchmesse weitergehen wird?
Ingendaay: Ich glaube, dass der Schwerpunkt sehr interessant werden wird, weil diese Literatur in beiden Sprachen reich ist und es viele Temperamente gibt und wenn die Kulturverantwortlichen dort es schaffen, den Streit nicht weiter zu führen, sondern sich irgendwie zu einigen und dann dort anzureisen, wird die Literatur, werden die Vertreter dieser Literatur sicherlich überzeugen. Wenn ich bedenke, dass beim Suhrkamp-Verlag vertretene Autoren wie de Mendoza, die auch ein großes Publikum haben, wenn diese weltläufigen klugen Leute zuhause bleiben müssten, das wäre völlig lächerlich.
Paul Ingendaay: Eigentlich ist es ein sehr pikantes Thema, weil die Frankfurter Buchmesse in Gestalt von Volker Neumann zum ersten Mal eine Region, nicht ein Land eingeladen hat, und das bringt Konflikte mit sich, weil es sich um eine historische Kulturregion handelt mit zwei Sprachen und da ist eben jetzt die Frage: ist die Kultur eingeladen oder die geschriebene Sprache Katalanisch? Ist die katalanische Kultur als Ganze, das hieße eben auch auf Spanisch geschrieben oder ist es nur in der einen Sprache? Darüber zanken sich jetzt sowohl die Verleger wie auch die Autoren wie auch die kulturellen Repräsentanten und es wirft eigentlich kein gutes Licht darauf, denn es hat ja lange gedauert, es gab viele Diskussionen, bis man Katalonien eingeladen hat.
Schäfer-Noske: In der Einladung war die Rede von Namen wie Golti Solo, da wäre ja nun die Region gemeint und eben auch die spanischsprachige Literatur aus dieser Region.
Ingendaay: Man muss wohl eindeutig sagen, dass die bekannteren Autoren, die aus Katalonien oder Barcelona kommen, die spanischsprachigen oder auch -schreibenden sind, denn sprechen tun sie ja immer beides. Das muss aber nicht unbedingt etwas sagen, denn es ist schon richtig, dass man einmal diese eigenständige Literatursprache versuchen sollte darzustellen, es geht jetzt um eine Frage: kann man eine Lösung finden, dass man beide im Boot hat und kann man es tun, ohne Streit zu zeigen. Bisher sind die Katalanisten, also die wirkliche nationalistisch Gesinnten, nicht dazu bereit, die spanisch Schreibenden überhaupt mit reinzunehmen. Wenn sie dabei bleiben, wird es einen großen Krach geben.
Schäfer-Noske: Wie tief ist denn der Graben zwischen den spanisch schreibenden und den katalanisch schreibenden Schriftstellern in Spanien und welche Rolle spielen die Verlage bei der Entscheidung, in welcher Sprache ein Autor veröffentlicht?
Ingendaay: Es ist natürlich, wie Sie es völlig richtig andeuten, oft eine Frage des Geschäftes. Es gibt Verlage, die nur katalanisch veröffentlichen, aber die existieren eigentlich eher am Rande der großen spanischen Buchindustrie, die ja in Barcelona und Madrid ihre Zentren hat und da muss man eigentlich sagen, zwischen den Autoren gibt es normalerweise keinen Ärger. Das ist oft eine Frage des kulturellen Bewusstsein, des Empfindens, ein Dichter zum Beispiel hat vor vielen Jahren schon beschlossen, nur noch Katalanisch zu schreiben. Der träumt von einem Nobelpreis für katalanische Literatur und würde das nie auf Spanisch machen wollen. Und dann gibt es eben ein größeren Teil, der eigentlich weltläufig ist und sagt, das ist doch eine Sprache, die fast 400 Millionen Leute sprechen und lesen, die ist doch der Verbreitung unserer Werke viel dienlicher und insofern sollte man das Ganze eigentlich vielleicht etwas runterfahren.
Schäfer-Noske: Wer ist denn dieser Autor, der gesagt hat, er möchte den Nobelpreis für die katalanische Literatur, ist das ein bekannter?
Ingendaay: Das ist einer, der eben leider nur in Katalonien bekannt ist, er heißt Pere Gimferrer und er schreibt auch in katalonischen Zeitungen, dort eigentlich auch auf Spanisch. Die Widersprüche laufen durch ein und dieselbe Figur oft und Goytisolo ist nun überhaupt kein gutes Beispiel für katalanische Literatur, weil er ja in Marrakesch lebt. Hier haben wir ganz viele Arten der Bikulturalität und Mehrsprachigkeit und eigentlich hoffe ich auf eine weltläufige Lösung.
Schäfer-Noske: Wie haben denn die Politiker in dem Streit um die Frankfurter Buchmesse eingegriffen?
Ingendaay: Dort haben sich erstaunlicherweise die linken und die konservativen Nationalisten gut verstanden, was sie sonst gar nicht tun und haben gesagt, wir wollen nur die Katalanen dort sehen. Und die größeren spanischen Parteien haben gesagt, das finden wir nicht gut, das schließt einige Leute aus, die für unsere Region kulturell sehr wichtig sind und die auch viele Bücher verkauft und Leser haben. Da gibt es leider diesen Riss zwischen den Nationalisten und den Nichtnationalisten und das ist so ein ewiges Thema in Spanien, dass die Nationalisten sich auf eine Region fixieren und deren Eigenständigkeit betonen wollen, dass die oft solche symbolischen Kämpfe brauchen, um sich stärker zu machen, als sie in Wahrheit sind.
Schäfer-Noske: Wie denken Sie denn, dass das mit dem Katalonienschwerpunkt 2007 auf der Frankfurter Buchmesse weitergehen wird?
Ingendaay: Ich glaube, dass der Schwerpunkt sehr interessant werden wird, weil diese Literatur in beiden Sprachen reich ist und es viele Temperamente gibt und wenn die Kulturverantwortlichen dort es schaffen, den Streit nicht weiter zu führen, sondern sich irgendwie zu einigen und dann dort anzureisen, wird die Literatur, werden die Vertreter dieser Literatur sicherlich überzeugen. Wenn ich bedenke, dass beim Suhrkamp-Verlag vertretene Autoren wie de Mendoza, die auch ein großes Publikum haben, wenn diese weltläufigen klugen Leute zuhause bleiben müssten, das wäre völlig lächerlich.