Archiv


Zwölf Jahre sind genug?!

Müssen 13 Schuljahre bis zum Abitur sein? Müssen nicht, entschieden die Bildungspolitiker in Sachsen und Thüringen - in diesem Punkt haben sie die Praxis der DDR übernommen, die Abiturprüfungen am Ende der 12. Klasse abzuhalten. In Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt passte man sich zunächst den Gepflogenheiten der alten Bundesländer an - bis überall der Ruf nach einer Verkürzung der Abiturphase immer lauter wurde.

Moderation: Jürgen Wiebicke |
    Die häufigste Begründung der Kultusminister: Deutschlands Ausbildungswege sind länger, deutsche Hochschulabsolventen älter als international üblich.

    Freilich vermuten viele Lehrkräfte und Eltern dahinter eher das Bestreben, Geld und Personal zu sparen. Die Möglichkeiten, ein Auslandsschuljahr zu absolvieren oder Praktika in die Lehrpläne einzubauen, werde eingeschränkt, argumentieren die Gegner der Schulzeitverkürzung, Schülerinnen und Schüler befürchten mehr Stress beim Lernen. Andrerseits ist das 13. Schuljahr ohnehin oft nur ein halbes- die meiste Zeit schlucken Prüfungsvorbereitungen.

    Inzwischen ist in die Debatte noch ein anderes Argument eingezogen, das sich im Nach-PISA-Prozess plausibel anhört: man könne doch das "Turbo-Abitur" auf freiwilliger Basis einführen: begabte junge Leute sollten sich nicht langweilen und schneller zum Studium vordringen.

    Der Vergleich mit den Nachbarn, den im Durchschnitt zwei Jahren jüngeren Universitätsabsolventen in Frankreich, hat das Saarland als erstes der Alt-Bundesländer veranlasst, im Schuljahr 2001/2002 das 12-Jahres-Abitur einzuführen. Für alle Schüler. Auch Bayern wird die 12 Jahre einführen, Sachsen-Anhalt hat sich wieder darauf besonnen. In den meisten anderem Bundesländern laufen inzwischen Projekte für "Turboabiturienten". Allerdings zeigt sich hier in der Praxis, dass die "Schnellschüler" als die "Modellschüler" gelten, die in kleineren Klassen mit weniger Unterrichtausfall lernen können - zum Nachteil der "Normalabiturienten".


    Gesprächspartner

    Max Schmidt, Vorsitzender des Bayerischen Philologenverbandes, Gymnasiallehrer für Mathematik und Physik; http://www.bpv.de/
    Barbara Cramer, Stellv. Vorsitzende der Landeselternschaft der Gymnasien in NRW


    Literatur zum Thema

    Hg. Martin Doerry, Joachim Mohr:
    Die Bildungsoffensive. Was sich an Schulen und Universitäten ändern muss.
    Spiegel Buchverlag.


    Links zum Thema

    Proteste in Bayern

    Neues Schulgesetz in Berlin

    GEW in NRW zur Absicht der Schulministerin

    Philologenverbände dagegen

    SPD in Hessen

    CDU in Rheinland-Pfalz

    Springerklassen in Hamburg

    Turboklassen in Schleswig-Holstein

    Elternschaft in Hannover

    Ihre Fragen und Meinungen erwarten wir während der Sendung unter:
    Hörertelefon: 00800 44 64 44 64
    Hörerfaxnummer: 00800 44 64 44 65

    E-Mail: forumpisa@dradio.de

    Von allen Sendungen können Sie einen Kassettenmitschnitt bestellen. Senden Sie einen Verrechnungsscheck über EUR 10,- an:
    DeutschlandRadio Marketing GmbH
    Raderberggürtel 40
    50968 Köln