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Zwölf-Punkte-Programm zur Entschlackung

Einfach soll sie sein, zumindest am Ende. Der Weg dorthin scheint allerdings eher kompliziert. Mit zwölf Punkten will die Koalition gute Rahmenbedingungen schaffen und für wenig Aufwand sorgen bei der Unternehmensbesteuerung. Vorher gibt es aber noch ein paar Hürden zu nehmen.

Von Theo Geers |
    Vereinfachen ist ganz schön kompliziert. Vor allem wenn es um das deutsche Steuerrecht geht. Das wissen Klaus-Peter Flosbach und Volker Wissing, die finanzpolitischen Sprecher von Unions- und FDP-Fraktion im Bundestag ebenso wie Hans Michelbach als Vorsitzender der CSU-Mittelstandsunion. Dennoch wagen die drei Bundestagsabgeordneten in für die Berliner Koalition seltener Eintracht den Versuch, die Unternehmensbesteuerung noch in dieser Wahlperiode in insgesamt zwölf Punkten zu ändern.

    "Wir wollen entbürokratisieren, vereinfachen, Planungssicherheit schaffen und die Weichen für ein europaweit abgestimmtes modernes Unternehmenssteuerrecht stellen","

    betont FDP-Finanzexperte Volker Wissing und zeigt damit gleich die Dimension auf: Zwölf Einzelmaßnahmen haben die drei Abgeordneten in einem ersten Schritt aufgelistet. Die Wichtigste: Sie wollen den bisher in Deutschland vorgeschriebenen Ergebnisabführungsvertrag abschaffen, mit dem Konzerne mit ihren Konzerntöchtern die Abführung von Gewinnen oder den Ausgleich von Verlusten regeln. An seine Stelle soll eine moderne Gruppenbesteuerung treten, bei der Konzernmutter und –töchter künftig als eine steuerpflichtige Einheit behandelt würden.

    Ein zweiter Reformpunkt betrifft die Verrechnung von Verlusten: Unternehmen können derzeit Verluste nur bis zu einer Höhe von gut 500.000 Euro mit Gewinnen aus dem Vorjahr verrechnen, diese Grenze soll auf eine Million Euro steigen. Weitere Erleichterungen soll es bei den oft kleinlichen Regeln für Reisekostenabrechnungen, Verpflegungsmehraufwendungen oder Unterkunftskosten bei Dienstreisen von Mitarbeitern geben. Doch was national durchaus Sinn macht, muss und soll in Krisenzeiten wie diesen europäisch und insbesondere mit Frankreich abgestimmt werden. Deutschland und Frankreich gehen, so ist es zwischen beiden Ländern fest vereinbart, bei der Angleichung der Unternehmensbesteuerung in Europa voran. Deshalb müssen die drei Steuerexperten von Union und FDP bei ihren Vorschlägen auch über die Grenze schauen: Würde etwa die wichtigste der zwölf Ideen umgesetzt, also die Gruppenbesteuerung von Konzernen und Konzerntöchtern eingeführt, würde Deutschland etwas aus dem französischen Steuerrecht übernehmen, so Volker Wissing:

    ""Wir wollen strukturell für die Unternehmen eine Verbesserung erreichen, indem wir gute steuerrechtliche Regeln aus dem Ausland importieren und natürlich verhandelt der Finanzminister auch daran, dass gute deutsche Regeln exportiert werden, so dass wir zu einer Angleichung kommen im Unternehmenssteuerbereich auf einem Niveau, das allen Standorten in Europa Vorteile bringt."

    Diese Vorteile gibt es aber nicht zum Nulltarif. Die drei Steuerexperten aus dem Bundestag rechnen mit Einnahmeausfällen bei Bund und Ländern von insgesamt 1,8 Milliarden Euro. Dies zwar erst ab 2016, doch das ist kein Trost. Denn je später die Einnahmeausfälle kommen desto näher liegen sie zum Jahr 2020, dem Jahr, ab dem die Länder überhaupt keine neuen Schulden mehr aufnehmen dürfen, weil das die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse so vorschreibt. Deshalb liegt die größte Hürde für das heute vorgestellte Steuerreform-Päckchen im Bundesrat, in dem die unter der Fuchtel der Schuldenbremse stehenden Länder zustimmen müssen. Doch aus Furcht vor einem Nein der Länder gar keine Reform mehr anstoßen – das will CDU-Finanzexperte Klaus-Peter Flosbach auch wieder nicht:

    "Wir gehen in dieser Frage – obwohl wir an der Regierung sind und gerne noch gestalten wollen – sehr vorsichtig um. Wir wissen auch: Die Situation der Länder ist nicht einfach. Auf der anderen Seite sind wir aus der Krise als Beste heraus gekommen und wir müssen unser Land jetzt so aufstellen, dass wir ein wettbewerbsfähiges Unternehmenssteuerrecht jetzt bekommen."