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100 Jahre DIN
Ein Urgestein der deutschen Wirtschaft

Ob Zahnbürste, Container oder Zapfventile: All diese Gegenstände sind genormt - eine wichtige Voraussetzung für den Welthandel. Bei der Gründung des Normenausschuss der deutschen Industrie vor 100 Jahren, dem Vorläufer des Deutschen Instituts für Normung (DIN) hatte man vor allem eines im Sinn: Übereinkünfte schaffen.

Von Monika Dittrich | 22.12.2017
    DIN steht auf einem grauen Gehweg. Das Deutsche Institut für Normung vergibt nur Empfehlungen. Die Entscheidungen sind nicht verpflichtend.
    Auch Gehwege sind genormt. Anders als angenommen, sind die Entscheidungen des Instituts für Normung nur Empfehlungen und keine Vorschriften (Deutschlandradio/Monika Dittrich)
    Normen sind nützlich. Sie erleichtern das Leben. Und manchmal sind sie sogar notwendig, um Leben zu retten. Das zeigt ein Blick in die Geschichte.
    "Das ist der Brand von Öschelbronn am 10. September 1933."
    Öschelbronn: ein Dorf in Süddeutschland, auf der Grenze zwischen Baden und Württemberg.
    "Der Ort ist klein, rund 1400 Einwohner. Nach schon einigen Wochen Trockenheit bricht in dem kleinen Ort ein Brand aus. Und bei dem Brand werden innerhalb von 24 Stunden 184 Häuser zerstört und 111 Häuser beschädigt. 350 Einwohner werden obdachlos durch diesen Brand."
    Erzählt Daniel Leupold. Er ist Beamter bei der Berufsfeuerwehr in Köln; als Architekt kümmert er sich um die Gebäude und die Liegenschaften der Feuerwehr. Doch ist er auch Historiker. Und sein Interesse galt schon immer der Geschichte der Feuerwehr; darüber hat er sogar seine Doktorarbeit geschrieben.
    Der Brand von Öschelbronn, sagt er, sei ein Weckruf für die Feuerwehringenieure gewesen: "Die Brandbekämpfung war nur deshalb so schleppend möglich, weil die Schlauchverbindungen zwischen den badischen und den württembergischen Spritzen nicht richtig gut zusammenpassten. Es hat ewig lang gedauert, bis man eine vernünftige Löschwasserversorgung aufgestellt hatte."
    Weckruf für die Feuerwehringenieure
    Die badische Feuerwehr hatte andere Schläuche und Kupplungen als die württembergische: ein Drama! Da standen also die Brandbekämpfer aus den Nachbarorten bereit und konnten doch nicht helfen. Der Brand von Öschelbronn zeigt auf drastische Weise, was passiert, wenn technische Geräte nicht zueinander passen. Diese Erfahrung sollte später zur Normierung der Feuerwehrausrüstung führen: "Und da ist die Schlauchkupplung das allererste, was einem einfällt."
    Ein Feuerwehrschlauch mit Storzkupplung. Tausende Gegenstände sind genormt.
    Auch Feuerwehrschläuche wie dieser sind genormt. Bei Bränden kann so etwas über Leben oder Tod entscheiden. (Deutschlandradio/Monika Dittrich)
    Nicht immer geht es bei den Normen gleich um Leib und Leben. Die Vordenker der technischen Vereinheitlichung hatten vielmehr die Rationalisierung und die Massenproduktion im Sinn.
    Kriegswirtschaft und Industrialisierung
    Anfangs halfen da noch Werks- oder Branchennormen. Doch mit der zunehmenden Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurde es notwendig, die Standards auszuweiten. Es ging darum, exakt gleiche und austauschbare Teile herzustellen, in großer Stückzahl, und das möglichst schnell und billig, auch in unterschiedlichen Fabriken.
    "Eine Gesellschaft, die auf Maschinen aufbaut, auf Apparaten und auf Industrie, kann es sich nicht leisten, hier individuelle Maßschneiderei zu betreiben", sagt Günther Luxbacher, Privatdozent für Technikgeschichte an der Technischen Universität Berlin, "sondern das ist einfach wirtschaftlicher, wenn man hier Übereinkünfte schafft."
    Übereinkünfte schaffen: Das war die Idee, als am 22. Dezember 1917, also vor einhundert Jahren, der "Normenausschuss der deutschen Industrie" gegründet wurde. Die Abkürzung DIN stand damals noch für "Deutsche Industrie-Norm", und die allererste Norm, die DIN 1, beschreibt einen kleinen Kegelstift, ein Verbindungselement für den Maschinenbau.
    "Das ist Norm"
    "Dass dieser Normenausschuss mitten im Ersten Weltkrieg gegründet wurde, das ist einfach der Notsituation geschuldet, in der sich die deutsche Wirtschaft damals befand. Not und Mangel auf allen Ebenen, die anglo-amerikanischen Mächte blockieren ja Deutschland vollständig. So dass die paar Ressourcen, die noch da waren, die musste man hochgradig effizient und rationell einsetzen."
    Doch auch die Rüstungsindustrie machte Druck und gab der Normung in den Kriegsjahren einen ordentlichen Schub: "Bestimmte Produkte, seien es LKW, seien es Geschützlafetten oder das Maschinengewehr 08/15, die brauchte man in so großen Stückzahlen, dass man sämtliche Hersteller dazu verdonnert hat, dieses Gewehr oder diese Produkte herzustellen, und die mussten natürlich identisch sein. Und um diese Identität herzustellen, war es notwendig, an alle Wettbewerber dieselben Vorschriften rauszugeben. Das hat natürlich die Gründung des DIN befördert."
    Der Begriff "Industrie-Norm" war übrigens schon in den 20er Jahren passé – denn Normung war längst nicht mehr nur für Industrieprodukte wichtig, sondern erlangte auch in anderen Branchen Bedeutung. Zwischenzeitlich stand DIN für "Das ist Norm"
    34.000 Normen
    Seit 1975 ist DIN die Abkürzung für Deutsches Institut für Normung. In der einhundertjährigen Geschichte dieser Organisation sind viele Normen hinzugekommen.
    "Das sind im Moment 34.000. Viele Verbraucher kommen täglich in ihrem Leben in Berührung mit Normen und Standards, ohne dass sie es merken."
    Erzählt Oliver Boergen. Er ist Pressesprecher beim Deutschen Institut für Normung, das am DIN-Platz in Berlin seinen Sitz hat. Dort, im Erdgeschoss, kann man eine Ausstellung besuchen über 100 Jahre DIN – und einen kleinen Einblick bekommen in die Welt der Normen.
    "Hier steht eine Zahnbürste. Manch einer fragt sich, was haben Normen und Standards damit zu tun..."
    Oliver Boergen, Pressesprecher beim Deutschen Institut für Normung: Anders als angenommen, ist die Einrichtung frei und unabhängig.
    Oliver Boergen, Pressesprecher beim Deutschen Institut für Normung: Ob Papier, Zahnbürsten oder Wasserhähne: All diese Gegenstände sind genormt. (Deutschlandradio/Monika Dittrich)
    DIN EN ISO 20126. Allgemeine Anforderungen und Prüfverfahren für Handzahnbürsten: "Das ist eine Prüfnorm, die vorgibt, dass eine normgerechte Zahnbürste 75.000 Putzzyklen standhalten muss."
    Ja, auch die Zahnbürste ist genormt. Damit die Borsten beim Putzen nicht ausfallen.
    "Ein weiteres Beispiel, das wir hier zeigen, da geht es um Spielplatzgeräte und Spielplatzböden". DIN EN 1176: Europäische Norm zur Sicherheit auf Spielplätzen.
    "Da sind dann Fallhöhen definiert, da sind Untergründe definiert, damit einfach sichergestellt ist, dass den Kindern nichts passiert."
    Schnuller, Container, Papierformat
    Genormt sind aber zum Beispiel auch die Zapfventile an der Tankstelle, damit sie in jeden Autotank passen. Die Nägel, mit denen Absätze am Schuh befestigt werden – damit sie halten. DIN-genormte Babyschnuller haben zwei Löcher – damit die Kinder noch Luft bekommen, falls sie den Sauger verschlucken. Internationale Normen sorgen dafür, dass Container aus Asien auf deutsche Züge und Lastwagen passen. Und Treppen nach DIN 18065 kann man auch im Notfall trittsicher auf- und absteigen – weil ihre Maße und ihre Steigung genormt und gewohnt sind.
    Der Popstar unter den Normen ist aber wohl das DIN-A-4-Papier:
    "Das ist eine sehr alte Norm, die gibt es seit 1922, ist mittlerweile ein internationaler Klassiker." DIN 476 – Papierformate. Heute: DIN EN ISO 216.
    "Und die Norm sorgt dafür, dass Papier in jeden Drucker passt, in jeden Ordner und jeden Kopierer und so weiter."
    Anders als in der Öffentlichkeit oft vermutet, ist das DIN keine staatliche Behörde, sondern ein privatwirtschaftlich organisierter, eingetragener Verein.
    "Wir haben zwar einen Vertrag mit der Bundesrepublik, die uns als offizielle Normungsinstitution anerkennt. Wir sind aber vollkommen frei und unabhängig."
    Geld verdient das DIN vor allem mit dem Verkauf der Normen, die im Beuth-Verlag erscheinen, einem Tochterunternehmen. Die rund 400 DIN-Mitarbeiter werden aktiv, wenn von außen ein Antrag auf eine Norm gestellt wird. Das kann übrigens jeder tun – auch Privatpersonen. Tatsächlich sind es allerdings vor allem Unternehmen, die Normungsverfahren in Gang setzen.
    Konsens herstellen
    Die Aufgabe des DIN ist es dann, die sogenannten interessierten Kreise einzuladen - also Fachleute aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Öffentlichkeit und von Verbraucherseite an einen Tisch zu bringen. Mehr als 30.000 Experten beteiligen sich in den zuständigen Ausschüssen des DIN. Und manchmal geht es dort hoch her.
    "Ja, da sitzen Leute mit unterschiedlichen Hintergründen und unterschiedlichen Interessen. Und das kann auch mal emotional werden. Da geht es auch mal heiß her. Und dann ist es unsere Aufgabe, diesen Prozess wieder in die Bahnen zu lenken und einen Konsens herzustellen." Für diesen Prozess, also die Entstehung einer Norm, gibt es übrigens auch eine Norm: DIN 820 – Grundsätze der Normungsarbeit.
    "Das ist einer der Grundzüge der Normenarbeit, das ist der Konsens." Normung ist die planmäßige, durch die interessierten Kreise gemeinschaftlich durchgeführte Vereinheitlichung von materiellen und immateriellen Gegenständen zum Nutzen der Allgemeinheit.
    "Da kann eine Mehrheit nicht einen Beschluss durchsetzen, sondern alle, die am Tisch sitzen, müssen am Ende mit der Lösung einverstanden sein."
    Diese Lösung, der Normenentwurf, wird dann für mehrere Monate öffentlich zur Diskussion gestellt – auch hier kann sich jeder einmischen. Das DIN prüft Änderungsanträge auf ihre Relevanz. Von der ersten Idee bis zur fertigen Norm können schnell einige Jahre vergehen.
    Normen sind keine Vorschriften
    Auch wenn die Norm dann gültig ist – sie ist keine Vorschrift, sondern nur eine Empfehlung. Man muss sich nicht daran halten.
    "Die Anwendung einer Norm ist grundsätzlich freiwillig, es sei denn, sie wird Teil eines Gesetzes, einer Richtlinie oder eines Vertrages."
    Der Historiker Günther Luxbacher: Er arbeitet die 100-jährige Geschichte des Deutschen Instituts für Normung auf. 
    Der Historiker Günther Luxbacher: Er arbeitet die 100-jährige Geschichte des Deutschen Instituts für Normung auf. (Deutschlandradio/Monika Dittrich)
    Es halten sich trotzdem so viele Unternehmen, Hersteller oder Institutionen freiwillig an die Normen, weil sie den Handel erleichtern, vor allem den Welthandel. Und das habe man in der exportorientierten deutschen Wirtschaft schon früh gewusst, sagt der Historiker Günther Luxbacher.
    Ihn hatte das Deutsche Institut für Normung als unabhängigen Wissenschaftler beauftragt, die einhundertjährige Geschichte des DIN aufzuarbeiten und zu dokumentieren. Das Ergebnis ist eine historische Studie von 600 Seiten. Luxbacher beschreibt darin auch die Rolle des DIN während des Nationalsozialismus. Das sei ein Balanceakt gewesen zwischen Rassepolitik, Kriegswirtschaft und industrieller Selbstverwaltung. Zwar galt es zunächst, sich gegen Konkurrenten wie den Reichsarbeitsdienst zu behaupten.
    "Langfristig jedoch, vor allem ab 1942/1943 setzt sich das DIN als der zentrale deutsche Regelsetzer durch. Und hier muss man ganz klar davon sprechen, dass die Führungspersonen im Normenausschuss überhaupt keine Skrupel hatten, ganz nah mit den Nationalsozialisten und der Kriegswirtschaft zusammenzuarbeiten. Es gab keinerlei Vorbehalte, sich in die Kriegswirtschaft einspannen zu lassen."
    Historische Studie über das DIN
    Nach dem Zweiten Weltkrieg fand sich das DIN in einer geteilten Welt wieder. Die DDR setzte auf eigene Standards, sie hießen TGL, kurz für Technische Normen, Gütevorschriften und Lieferbedingungen. Anders als DIN-Normen waren die TGL-Standards verbindlich, sie hatten Gesetzescharakter.
    "Nur ist es natürlich so, dass nicht nur die DDR, sondern auch andere Länder in Osteuropa Geld verdienen mussten, Devisen verdienen mussten und Billigprodukte in den Westen exportieren wollten. Und da war es natürlich sinnvoll, wenn man diese Produkte nach westlichen Normen herstellte."
    Nach der Wiedervereinigung übernahm das Deutsche Institut für Normung mehr als 100 Mitarbeiter des DDR-Amts für Standardisierung. Nach 1990 nahm die Internationalisierung der Normen Fahrt auf. Luxbachers Fazit nach mehrjähriger Forschung:
    "Deutschland ist bestimmt das Land, das mit dem Thema Normung den größten wirtschaftlichen Erfolg erzielt hat."
    Kein anderes Land habe Normen so umfassend eingeführt und langfristig umgesetzt. Das sei irgendwie auch typisch deutsch, sagt Luxbacher, der aus Österreich stammt.
    "Rationell, kühl, vernünftig, durchdacht. Das passt sicherlich zum Image."
    Milliarden-Profite durch Normung
    Das Deutsche Institut für Normung ist heute das weltweit größte seiner Art. Rund 30 Prozent der in Europa gültigen Normen entstehen unter deutscher Federführung. Das verläuft nicht immer ohne Konflikte und ist auch ein Feld interessengeleiteter Industriepolitik. Vor einigen Jahren etwa, als die Stecker für Elektroautos europaweit normiert werden sollten, hätte Frankreich gern ein anderes Modell durchgesetzt als Deutschland. Letztlich entschied sich die EU-Kommission aber für den im Sauerland entwickelten sogenannten Mennekes-Stecker, der ab kommendem Jahr in der Europäischen Union als Minimalstandard gilt.
    Viele der hierzulande erarbeiteten Normen sind mittlerweile auch international gültig, sie entsprechen den Standards der Genfer Internationalen Organisation für Normung – kurz ISO.
    "Es gibt ja diesen Spruch: Wer die Norm hat, hat den Markt. Und da war Deutschland besonders erfolgreich, seine Normen mit den Produkten zu exportieren und weltweit in anderen Normenwerken zu verankern."
    Schätzungen zufolge liegt der gesamtwirtschaftliche Nutzen von Normen in der Bundesrepublik bei 15 bis 20 Milliarden Euro pro Jahr. Das sind zum Beispiel Profite durch Rationalisierung und Effizienzsteigerung. Normen verbesserten aber auch die Produktsicherheit und senkten somit das Haftungsrisiko, sagt Günther Luxbacher.
    Deutsches Institut für Normung
    Das Deutsche Institut für Normung. Sein Vorläufer, der Normenausschuss der deutschen Industrie sollte bei seiner Gründung vor 100 Jahren Übereinkünfte schaffen. (dpa-Zentralbild)
    Nun ist es nicht so, als hätte es niemals Kritik an der Normung gegeben. Im Gegenteil. Vor allem am Anfang, in den 20er und 30er Jahren, sei von Normenhysterie und Normenverstopfung die Rede gewesen, schildert der Historiker.
    "Dahingehend, dass man gesagt hat, das ganze Leben wird vereinheitlicht. Es gibt keine Individualität mehr, Architekten jammern, dass sie nicht mehr frei sind in ihrer Gestaltung. Handwerker jammern, dass sie ihre Produkte nicht mehr frei gestalten können. Diese Kritik gab es, bis in die 50er Jahre hinein. Dann wurde es immer ruhiger und immer leiser. Heute haben wir das kaum mehr."
    Heute hat das DIN eher andere Probleme: Es ist wenig bekannt oder wird für eine staatliche Behörde gehalten. Manche meinen sogar, es gebe eine DIN-Norm zur Gurkenkrümmung.
    "Nein, die gibt es tatsächlich nicht. Gurken sind nicht genormt, schon gar nicht ihre Krümmung."
    Das sei eine Verwechslung gewesen, weil es mal eine Handelsklassifizierung der Europäischen Union gegeben habe – aber auch die ist längst nicht mehr gültig.
    Klischees und Vorurteile
    Auch die Vorstellung, dass es immer mehr Normen werden, sei falsch, sagt Oliver Boergen: "Wir versuchen eher, die Normen zu reduzieren. Wir nehmen so mindestens so viele Normen zurück, wie wir neue entwickeln. Der Vorwurf, es ist immer mehr, das kann man zurückweisen und mit Zahlen belegen."
    Gegenwärtig entstehen neue Normen zum Beispiel im Bereich der sogenannten Industrie 4.0. Also dort, wo Produktion und Digitalisierung zusammenkommen. Auch hier geht es darum, Systeme und Komponenten passgenau aufeinander abzustimmen und ihre Anwendung sicher zu machen, auch: rechtssicher.
    "In allen Produkten, die uns umgeben, stecken ganz viele Normen. Sonst würden die gar nicht funktionieren. Die werden aber gar nicht wahrgenommen. Und das ist das Problem, das das Deutsche Institut für Normung hat. Es produziert unsichtbares Wohlgefallen und muss immer wieder darauf aufmerksam machen, dass da richtig viel Arbeit dahintersteckt, die aber keiner sieht."
    Bei der Feuerwehr läuft nichts ohne Normen
    Noch einmal zurück zur Feuerwehr und zu Daniel Leupold in Köln, der jetzt in der großen Fahrzeughalle steht und zeigt, was alles in einem modernen Gerätewagen steckt.
    "Wenn man so ein Feuerwehrauto aufmacht, dann sehen Sie an allen Ecken und Enden die Normung. Also das wäre jetzt so ein genormtes Schaumrohr, mit dem wir Schaum abgeben können."
    Zu den wichtigsten normierten Geräten gehört die sogenannte Storzkupplung, die heutzutage überall in Deutschland – und nicht nur hier - verwendet wird:
    "Das ist ein System, das im 19. Jahrhundert entwickelt worden ist und was sich letztendlich bei den Feuerwehren durchgesetzt hat. Diese Storzkupplung hat den besonderen Vorteil, dass sie zwei gleiche Hälften hat. Das heißt, es gibt nicht wie bei einer Mutter oder einer Schraube zwei unterschiedliche Stücke, die miteinander verschraubt werden, sondern die Kupplungen sind immer gleich. Es gibt also kein Vorne und kein Hinten beim Feuerwehrschlauch, sondern jedes Teil kann miteinander verbunden werden, mittels einer beweglichen Knagge."
    Ohne Normen läuft nichts mehr bei der Feuerwehr – und ein Drama wie 1933 in Öschelbronn, wo die württembergische und die badische Feuerwehr nicht gemeinsam löschen konnten, weil ihre Schläuche und Kupplungen nicht zueinander passten, ist heute in Deutschland nicht mehr vorstellbar. Normiert sind natürlich nicht nur die Kupplungen, sondern auch die anderen Gerätschaften für die Brandbekämpfung. Die Schlauchdicken zum Beispiel, die Wasserspritzen und auch die Drehleitern.
    "Wir brauchen unser normiertes Gerät, damit einfach der Einsatz reibungslos laufen kann. In dem Moment, wo die unterschiedlichen Teile der wasserführenden Armaturen nicht zusammenpassen würden, könnten wir einfach nicht gut und schnell löschen. Und Zeit ist das, was wir bei der Brandbekämpfung am wenigsten haben."
    Auf Normen zu verzichten wäre im Fall der Feuerwehr fahrlässig und lebensbedrohlich. Anderswo ist es einfach nur lästig, wenn es keine einheitlichen oder internationalen Normen gibt. Zum Beispiel, wenn im Ausland der Stecker eben nicht in die Steckdose passt und auch noch die Stromspannung variiert. Manch einer wünscht sich vielleicht auch den normierten Staubsaugerbeutel, der endlich in jedes Gerätemodell passt. Hier könnten Normen in Zukunft noch nützlich werden.