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1500 CDs auf einem Zuckerwürfel

Die Digitalisierung füttert den heimischen Rechner mit immer neuen und immer größeren Datenmengen, darunter Musik in feinster Qualität, hochaufgelösten Bildern des letzten Urlaubs oder mit Aufzeichnungen des digitalen Videorekorders, die noch von Werbung befreit werden wollen. Zwar wachsen auch die Festplatten mit, aber deren Kapazitätsgrenzen sind bereits in Sicht. Einen Ausweg könnten holografische Medien liefern, die derzeit in Münster entwickelt werden.

15.05.2004
    Die Kapazität holografischer Speicher ist immens: ein gerade Zuckwürfel großer Kristallquader fasst die Datenmenge von einem Terabyte - also rund 1500 CDs. Doch im Gegensatz zu diesen zweidimensional angelegten Medien ist der Zugriff auf die dreidimensionalen Informationen kniffliger. Dazu wird das Licht eines Lasers in einen Signal- sowie einen Referenzstrahl aufgeteilt. Während der Referenzstrahl direkt auf die Speicherstelle im Kristall zielt, nimmt der Signalstrahl einen Umweg über ein Flüssigkristalldisplay, dass die eigentliche Inhalte abbildet. Die Überlagerung beider Lichtwellen im Speicher erzeugt schließlich ein Interferenzmuster - das eigentliche Hologramm. "Dieses Muster verändert die Eigenschaften des Materials. Dabei wird der Brechungsindex des Mediums verschoben. Zum Auslesen der Information wird das Hologramm erneut mit dem Referenzstrahl beleuchtet und dabei der ursprüngliche Signalstrahl rekonstruiert", berichtet Gernot Berger vom Institut für Angewandte Physik der Universität Münster. Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass beim Auslesen exakt die gleichen Bedingungen - also Belichtungswinkel, Wellenlänge und Phase des Referenzstrahls - wie beim Schreiben der Daten herrschten. Doch was eher als Einschränkung der Technik klingt, stellt die eigentliche Stärke des Verfahrens dar. Denn über eine nur geringe Änderung im Belichtungswinkel lassen sich viele unterschiedliche Daten an ein und derselben Stelle im Speicher getrennt ablegen und wieder auslesen.

    Üblicherweise bedienen sich Physiker der Methode des so genannten Winkelmultiplexings, bei dem der Belichtungswinkel des Referenzstrahls durch einen Spiegel variiert wird, um verschiedene Datenseiten in den Speicher zu schreiben. Die Münsteraner Gruppe setzt dazu indes auf die Phasenverschiebung des Lichts. Der Vorteil: hierbei werden filigrane und störanfällige Spiegel-Mechaniken vermieden. Auch kann dieses Verfahren eingesetzt werden, um Daten auf vielen verschiedenen Speicherseiten zu verschlüsseln. Nur die richtige Kombination von Referenzstrahlen erlaubt den Einblick in das geschützte Dokument. Im Vergleich mit einer durch 20 Ziffern verschlüsselten CD ist die Wahrscheinlichkeit, einen Holo-Speicher zu "knacken" etwa um den Faktor 130 geringer.

    Dass aber trotz aller dieser imposanten Leistungen und einer hohen Lesegeschwindigkeit der Laserwürfel die dazu geradezu mickrig wirkenden Festplatten dennoch nicht in absehbarer Zeit ablösen wird, hat gute Gründe, berichtet Berger: "Zwar funktionieren die bestehenden Holografiespeicher bereits recht gut, aber das Speichermaterial stellt ein Problem dar, denn die nötigen, hochreinen anorganischen Kristalle müssen sehr aufwändig hergestellt werden." Den Ausweg sieht der Physiker in leichter und preiswerter zu produzierenden Polymermaterialien. Die Herausforderung dabei besteht aber darin, dass sie nicht nur bei Lichteinfall mit einer dauerhaften Änderung eines optischen Parameters reagieren, sondern überdies eine hohe optische Qualität besitzen müssen. Außerdem müssen solche Polymere robust sein und Daten lange und sicher tragen können. Daher rechnet Gernot Berger damit, dass frühestens in fünf oder sechs Jahren die ersten holografischen Speicher zum Einsatz kommen.

    [Quelle: Silke Thole]