Dienstag, 19. März 2024

Archiv

20 Jahre Bologna-Prozess
Europas Hochschulnetze weiter ausbauen

Auf der Bologna-Nachfolgekonferenz in Paris haben europäische Bildungspolitiker sich für den Ausbau von internationalen Hochschulnetzwerken stark gemacht. Durch die bessere Vernetzung solle ein geeintes und stärkeres Europa entstehen. An einigen Aspekten gibt es allerdings Kritik.

Von Suzanne Krause | 25.05.2018
    Studenten im Innenhof der Universität Sorbonne Paris.
    An der Pariser Sorbonne-Universität wird über die Zukunft des Bologna-Prozesses beraten (picture-alliance / dpa)
    "Empowering Europes Youth", also: "Europas Jugend stark machen", so lautete das Motto der Ministerkonferenz in Paris. Doch eigentlich geht es darum, Europa stärker zu machen. Das zeigt sich im Schlusskommuniqué der European High Education Area, EHEA abgekürzt. Darin haben die Mitglieder des gemeinsamen europäischen Hochschulraums festgehalten:
    "In einer Zeit, wo Europa vor wichtigen sozialen Herausforderungen steht - das reicht von Arbeitslosigkeit über soziale Ungleichheit und Migrantenthematik bis hin zum Aufkommen politischer Polarisierung, Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus -, kann und muss höhere Bildung eine entscheidende Rolle spielen und Lösungen anbieten. Sie muss gleichfalls eine Schlüsselrolle spielen, indem sie Fakten anbietet, die als Basis dienen für öffentliche Debatten und Entscheidungsfindung."
    Akademische Freiheit stärken
    Am Herzen liegen den Teilnehmern im Paris-Kommuniqué mehrere Grundprinzipien wie Akademische Freiheit, Autonomie der Institutionen, Teilhabe von Studierenden und Personal an der Gestaltung der Hochschulen sowie öffentliche Verantwortung für und bei Hochschulbildung. Das Abschluss-Kommuniqué beinhalte einen Appell für mehr Ehrgeiz beim Ausbau des Europäischen Hochschulraums nach 2020, sagte Tibor Navracsics, EU-Kommissar für Bildung, Kultur, Jugend und Sport:
    "Wir wollen einen inklusiven und innovativen Ansatz beim Lernen und Lehren. Im Kommuniqué rufen wir auf zu einer integrierten transnationalen Zusammenarbeit im Hochschulbereich, bei Forschung und Innovation. Höhere Bildung soll unserem Planeten eine nachhaltige Zukunft ermöglichen."
    Europas Hochschulen besser vernetzen
    Mit der "integrierten transnationalen Zusammenarbeit" ist die Vision der "Europäischen Hochschulnetzwerke" gemeint. Eine Idee, für die der französische Staatpräsident Emmanuel Macron seit einem halben Jahr die Werbetrommel rührt. Mit Erfolg: Deutschland wird sich an deren Aufbau aktiv beteiligen, kündigte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek bei der Konferenz an. Auch Brüssel hat Macron auf seiner Seite. EU-Bildungskommissar Tibor Navracsics nennt zwei Ziele:
    "Einerseits wollen wir ein mehr geeintes und stärkeres Europa erbauen, das offen ist für den Rest der Welt und das gemeinsame europäische Werte bewirbt. Indem eine neue Generation von Europäern zusammengebracht wird, die fähig ist, über unterschiedliche Kulturen, Sprachen, Landesgrenzen und Berufe hinweg zusammenzuarbeiten. Andererseits müssen wir die Qualität und Leistungsfähigkeit der Einrichtungen für höhere Bildung verbessern und sie attraktiver und wettbewerbsfähiger machen."
    Dem Aufbau Europäischer Hochschulnetzwerke stimmen alle EHEA-Mitglieder zu. In welcher Form genau sich das umsetzen lässt, ist bislang noch nicht definiert. Bei der Pariser Konferenz wurde ein Pilotprojekt angedacht, beschränkt auf einige EU-Länder. Es hagelte Kritik von EHEA-Mitgliedern, die nicht der Europäischen Union angehören und somit beim potenziellen Pilotprojekt außen vor bleiben.
    Kritik an den Plänen
    Für Nathalie Schäfer stößt die Netzwerkidee per se auf Ablehnung. Schäfer ist Chefin der bundesweiten Studierendenvertretung freier zusammenschluss student*innenschaften, fzs. Ihre Kritik, sagt sie, setze anders an:
    "Nämlich die Angst, dass mit der Etablierung solcher Netzwerke eine Art Erstes und Zweites Klassensystem der Universitäten geschaffen wird und das eben zu einer Elitenproduktion führt."
    Auch der Zusammenschluss der europäischen Bildungsgewerkschaften übt Kritik. Zum Paris- Kommuniqué kommentiert er:
    "Die Zukunft des Bologna-Prozesses ist gefährdet durch die nicht angepassten Arbeitsbedingungen und den prekären Status der Bediensteten in diesem Bereich."