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30 Jahre Erasmus-Programm
EU-Politiker hoffen auf die Generation Erasmus

Das Erasmus-Programm der EU ermöglicht seit 30 Jahren Studierenden, Praktikanten, Azubis und Hochschulangehörigen einen Auslandsaufenthalt. Es gilt als eines der europäischen Erfolgsprojekte. Jetzt, da Europa vielfach infrage gestellt wird, hoffen Politiker auf die "Generation Erasmus".

Claudia van Laak | 24.01.2017
    Eine Studentin liest in einem Buch über das Erasmus-Programm. Man sieht den Buch-Umschlag im Vordergrund, das Gesicht der jungen Frau unscharf im Hintergrund.
    Eine Studentin liest ein Buch über Erfahrungen mit dem Erasmus-Programm (Jens Kalaene/dpa)
    Die Generation Erasmus soll es jetzt richten und Europa aus seiner Krise holen. Millionen deutsche, britische, italienische und andere Studierende haben in den letzten 30 Jahren Erfahrungen in einem anderen europäischen Land gemacht – sie könnten jetzt den Abtrünnigen erklären, warum wir Europa weiterhin brauchen – so erhofft es sich die EU-Kommission, so erhoffen es sich Regierungschefs wie Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie richtete sich heute in ihrer Videobotschaft direkt an die Generation Erasmus.
    "Liebe Studierende, wie sich Europa entwickelt, liegt auch in Ihren Händen. Sie profitieren heute von den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Errungenschaften. Und morgen stehen Sie in der Verantwortung genau dafür."
    Auch EU-Bildungskommissar Tibor Navracsics setzt auf diejenigen, die in den letzten 30 Jahren durch das Erasmus-Programm den Wert offener Grenzen erfahren haben. In Zeiten des Brexit wünscht er sich, dass diejenigen stärker ihre Stimme erheben, die von der Europäischen Union profitieren.
    "Das Wichtige ist, eine andere Kultur kennenzulernen"
    "Ich glaube, die Erasmus-Generation und die Mitglieder dieser Erasmus-Generation können zu dieser Debatte etwas beitragen und können der Europäischen Union helfen, diese Herausforderungen in der Gegenwart und in der Zukunft zu meistern."
    Das aktuelle Erasmus plus-Programm der EU – es geht noch bis 2020 – soll insgesamt vier Millionen Studierenden, Praktikanten, Azubis und Hochschulangehörigen einen Auslandsaufenthalt ermöglichen. Die Bundesregierung will sowohl die Mobilität von Studierenden als auch von Azubis weiter erhöhen. Absolvieren derzeit nur vier Prozent der Azubis einen Auslandsaufenthalt, sollen es bis 2020 zehn Prozent sein. Im Hochschulbereich lautet das Ziel für 2020: Jeder zweite Absolvent sollte im Ausland studiert haben – wenigstens für kurze Zeit. Auch da ist noch Luft nach oben – die Quote stagniert bei etwa 30 Prozent.
    CDU-Bundesbildungsministerin Johanna Wanka: "Das wirklich Wichtige ist, dass man dort eine andere Kultur kennenlernen kann. Eine andere Lernkultur, eine andere Sichtweise auf Arbeit, andere Mentalitäten. Und es gibt immer, das ist naturgemäß bei Menschen so, eine Angst vor dem Fremden. Und wenn man das Fremde – in Anführungsstrichen – kennenlernt, dann geht diese Angst weg. Man hat Verständnis füreinander. Und man schätzt das, was die anderen können. Und auch die eigenen Stärken."
    Wissenschaft braucht Internationalität
    Das Erasmus-Programm ist eine Erfolgsgeschichte – das war von allen Beteiligten auf der Festveranstaltung in Berlin zu hören. Doch – was passiert mit diesem groß angelegten europäischen Austauschprogramm, wenn Großbritannien die EU verlässt? Die EU-Mitgliedschaft ist nicht zwingend für die Teilnahme an Erasmus, auch Länder wie die Türkei, Mazedonien oder Island machen derzeit mit. Deshalb hoffen alle inständig, dass Großbritannien nach dem Brexit dabeibleibt. Johanna Wanka:
    "Ich habe gehört, dass Teresa May in ihrer Rede auch erwähnt hat, Studentenmobilität ist ihr wichtig und man braucht Internationalität in der Wissenschaft. Und nun müssen wir mal schauen, was sich daraus ergibt."
    Sollte Großbritannien mit dem Brexit auch aus dem Erasmus-Programm aussteigen, wäre das ein herber Rückschlag. Für britische Studierende, die dann nicht mehr so leicht außerhalb ihres Landes studieren können, aber auch für alle Ausländer, die nach Großbritannien wollen. Sie müssten dann die hohen britischen Studiengebühren zahlen.