Dienstag, 19. März 2024

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50 Jahre "A Space Odyssey"
Alles analog - Stanley Kubricks Meisterwerk

Eine wirre Story mit unerträglichen Längen, der beste Science-Fiction-Film aller Zeiten oder philosophische Offenbarung? Stanley Kubricks Kultfilm "2001 - Odyssee im Weltraum" polarisiert bis heute. Eine Frankfurter Ausstellung vermittelt zwischen den Positionen - 50 Jahre nach der Kino-Premiere.

Von Peter Backof | 21.03.2018
    Szene aus Stanley Kubricks Science-Fiction-Klassiker "Odyssee im Weltall"
    50 Jahre nach dem Kinostart von Stanley Kubricks "2001 - Odyssee im Weltall" widmet das Deutsche Filmmuseum Frankfurt dem Science-Fiction-Klassiker eine Ausstellung (imago stock&people)
    Zehn Sekunden Atmen und Sein für den Astronauten David Bowman. Provokant lange Einstellungen, eine Optik, die sich selbst feiert, und ein schwarzer Monolith, der offenbar für Fortschritt steht: Das ist "2001 - Odyssee im Weltraum". Der eigentliche Star ist "HAL 9000" mit der freundlich-verbindlichen Stimme:
    "Kein Computer der Serie 9000 hat jemals einen Fehler gemacht oder unklare Informationen gegeben. Wir irren uns nie!"
    HAL managt also das - im aktuellen Sinn smarte - Zuhause der Raumfähre "Discovery 1". Der Plot passt in einen Absatz: Mensch in seiner frühesten Form entdeckt den Gebrauch von Werkzeug in der prähistorischen Savanne, entwickelt es, augenscheinlich inspiriert durch den Monolithen bis hin zum Super-Computer; und schafft es, den aufmüpfig gewordenen "HAL" zu deaktivieren, mithilfe eines simplen Schraubenziehers. Schließlich: Wiedergeburt des Menschen als Sternenkind in Fruchtblase. Abspann. Aber es geht nicht um den Plot, in "2001", es geht um das Wie.
    Originale Requisiten und eine begehbare Raumstation
    "Willkommen beim Stimmenerkennungsdienst. Geben Sie bitte in folgender Reihenfolge an: Vorname zuerst, dann Nachname und Funktion" - "Tim Heptner; und ich bin Kurator der Ausstellung." - "Danke sehr, Sie sind hiermit identifiziert."
    Als begehbare Raumstation in den Farben Rot und NASA-Weiß hat Tim Heptner auch die Schau zum Jubiläum gestaltet. Verblüffend: Technische Werkzeuge wie Pads im Handy-Hochkantformat wirken alles andere als veraltet, die Frucht-Smoothies, die es bei David Bowman zum Frühstück gibt, sogar top-aktuell. 1968 ein ästhetischer Meilenstein:
    Katharina Kubrick (l), Stieftochter von Stanley Kubrick, und ihr Onkel, der Produzent Jan Harlan, stehen in der Ausstellung "Kubricks 2001. 50 Jahre A Space Odyssey" im Deutschen Filmmuseum an der Reproduktion eines "Discovery Raumanzugs".
    Katharina Kubrick (l), Stieftochter von Stanley Kubrick, und der Produzent Jan Harlan neben der Reproduktion des "Discovery Raumanzugs". (Arne Dedert/ dpa )
    Tim Heptner: "Weil Kubrick zum ersten Mal den Anspruch so umsetzen konnte, realitätsnahe Bilder vom Weltraum zu liefern. Das Interessante ist ja auch, dass Kubrick Prototypen, Studien, Konzepte geliefert bekam, wie Produkte im Jahr 2001 aussehen könnten."
    Keine Aliens und Superhelden in Fantasy-Kostümen also und auch keine feuerspeienden Raketen im All, wo es ja keinen Sauerstoff gibt. Sehr breit bestückt aus dem Archiv der Produktionsfirma MGM zeigt Tim Heptner originale Requisiten, vom Hominiden-Fell bis zum Weltraum-tauglichen Anzug und der interaktiven, historischen Einordnung der Welt von "2001".
    Deutungen und Einblick in die Produktion
    "Das ist aber eine Überraschung, dass wir uns hier treffen." - "Du siehst ja ganz prächtig aus." - "Du aber auch!"
    Der kalte Krieg ist vorbei. Die alleinige Supermacht ist "Pan American". Kommt so in etwa hin, was das echte 2001 betrifft. Man könnte alles Mögliche hineininterpretieren in diesen orakelhaften Film. Die Ausstellung macht über Deutungen hinaus etwas anderes dingfest: die Konzeption des damals mit beträchtlichem Budget ausgestatteten Projekts.
    Das Exponat "Starchild" ist in der Ausstellung "Kubricks 2001. 50 Jahre A Space Odyssey" im Deutschen Filmmuseum zu sehen. Aus Anlass des 50. Jahrestags der Erstaufführung des Films gibt die Ausstellung vom 21. März bis zum 23. September 2018 Einblicke in die Entstehungsgeschichte des Science-Fiction-Klassikers.
    Das Exponat "Starchild" in der Ausstellung im Deutschen Filmmuseum (Arne Dedert/ dpa )
    Sie zog sich über fast vier Jahre hin. Ganze Wände sind in Frankfurt gefüllt mit Design-Studien und Brainstorming-Skizzen, die dann im Film größtenteils gar nicht umgesetzt auftauchen. So sollte der schwarze, kantige Monolith, dieses Symbol für das Unaussprechliche und Metaphysische, anfänglich wie ein Felsbrocken aussehen, dann transparent sein. Alles verworfen, von dem akribisch bis pedantisch agierenden Stanley Kubrick. "2001" wurde dann - fast schon trotz seines hohen Anspruchs - in den USA der kommerziell erfolgreichste Film 1968. Warum?
    Tim Heptner: "Dadurch, dass Jugendliche, Studenten, Hippies den Film sehen wollten, die sich zum Teil dann auch mit Rauschsubstanzen in Stimmung für den Film brachten."
    Es ist ein bisschen so, als hätten Stanley Kubrick und sein Co-Autor Arthur C. Clarke selber den schwarzen Monolithen berührt. Der beträchtliche, analoge Aufwand, das ist, was bis heute fasziniert. Poetischer und wirkungsmächtiger als so manche digitale Animation vor Green Screen. Per Aspera ad astra! Durch das Raue zu den Sternen! Empfehlenswert also, da auch selber physisch einzutauchen, in Frankfurt, wenn schon nicht auf dem Jupiter.
    "Kubricks 2001. 50 Jahre A SPACE ODYSSEY" ist vom 21. März bis 23. September 2018 im Deutschen Filmmuseum Frankfurt zu sehen.