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Abmahnungen wegen illegaler Musikdownloads könnten zunehmen

Provider müssen künftig Kundendaten weiterleiten, wenn Privatpersonen illegal Musik downloaden, sagt Lina Ehrig. Die Verbraucherschützerin ergänzt, dass daher die Zahl der Abmahnungen steigen könnte. Als Alternative zu illegalen MP3-Downloads nennt sie Streamingportale.

Britta Fecke im Gespräch mit Lina Ehrig | 16.08.2012
    Britta Fecke: Es geht schnell, einfach und ist in der Regel auch billiger als der Kauf einer CD oder anderer Datenträger: wenn ein Musikstück im Internet, zum Beispiel bei einer Onlinetauschbörse, heruntergeladen wird. Für einige Nutzer wäre es aber vielleicht doch weitaus günstiger, die CD des Künstlers zu kaufen, denn der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass bei Verstößen gegen das Urheberrecht im Internet nicht mehr klar zwischen privater und gewerblicher Nutzung unterschieden wird, dass der Internetprovider die Kundendaten auch dann weiterleiten muss, wenn eine nicht gewerbliche Verletzung der Urheberrechte besteht. Was das für den einzelnen Verbraucher bedeuten könnte, erklärt mir nun Lina Ehrig vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Frau Ehrig, warum war diese bisher nicht präzise Unterscheidung von gewerblicher und privater Nutzung für den Musikfreund zu Hause am PC von Vorteil?

    Lina Ehrig: Hallo erst mal. Ja, der Vorteil war, beziehungsweise es war eine Urheberrechtsverletzung, allerdings war es vorher so, dass ein Auskunftsanspruch nur bestand, wenn es eine Urheberrechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß war. In der Praxis waren da zwar auch die Richter schon immer sehr großzügig, zu entscheiden, wann ein gewerbliches Ausmaß vorliegt, zum Beispiel, wenn ein Musikalbum herunter- beziehungsweise dann hochgeladen wurde. Aber jetzt hat der BGH gesagt, dass das gar kein Kriterium mehr ist, dass man da nicht differenzieren darf nach, und von daher immer die Daten, die zu der IP-Adresse gehören, also die Anschlussdaten herausgegeben werden müssen.

    Fecke: Es geht aber um die Tauschbörsen, es geht nicht um den Kauf von Musikdaten?

    Ehrig: Es geht um Tauschbörsen, wo oftmals ohne die Einwilligung des Urhebers Inhalte angeboten werden, Musikstücke und in dem Sinne quasi nicht legal, es geht. Im Gegenzug gibt es natürlich legale Onlineangebote, wo man MP3s herunterladen kann, da bezahlt man dann auch für, und es gibt natürlich auch noch die schöne alte CD.

    Fecke: Das ist ja eigentlich zum Schutz der Künstler gedacht. Was ist jetzt allerdings der Nachteil für den Nutzer?

    Ehrig: Für den Nutzer ist der Nachteil, dass wie gesagt nicht mehr differenziert wird, also zwischen wirklich sage ich mal Gruppierungen, Banden, die gewerbsmäßig halt auch versuchen, damit wirklich Geld zu verdienen, und dazwischen, dass man wirklich was für die reine private Nutzung macht, ohne dass man damit eine Erwerbsabsicht hat beziehungsweise halt Gewinne erzielen will, weil das in der Regel gar nicht der Fall ist. Also die Daten werden runtergeladen und quasi gleichzeitig angeboten, ohne dass natürlich die anderen Nutzer dafür bezahlen müssen. Also es besteht eigentlich in den seltensten Fällen bei privaten Verbrauchern überhaupt die Absicht, damit Gewinne zu erzielen.

    Fecke: Wer jetzt also das Urheberecht sozusagen privat verletzt – was könnte auf den jetzt zukommen?

    Ehrig: Ja, auch schon wie vorher natürlich ist immer die Gefahr, dass man abgemahnt wird wegen der Urheberrechtsverletzung, und es könnte jetzt sein dadurch, dass der BGH dieses Kriterium gewerbliches Ausmaß fallen gelassen hat, dass jetzt einfach noch die Abmahnungen zunehmen. Das ist einfach auch unsere Befürchtung. Und mit Abmahnungen sind natürlich auch immer Rechtsanwaltsgebühren und auch Schadensersatzforderungen verknüpft, und die sind in der Regel sehr hoch, also liegen so zwischen 500 und 1000 Euro, das kommt dann drauf an, um welchen Inhalt es sich handelt, also welche Verletzung begangen wurde.

    Fecke: Ihre Forderung wäre, diese erste Abmahnung zu deckeln?

    Ehrig: Richtig, dass die Anwaltsgebühren gedeckelt werden. Wir haben schon eine Regelung im Gesetz, die findet in der Praxis aber gar keine Anwendung und wir wollen, so wie es jetzt auch Frau Leutheusser-Schnarrenberger schon vor Monaten vorgeschlagen hat, dass diese Regelung überarbeitet wird, sodass wirklich die Kostenfolge für die Verbraucher dann verhältnismäßig sind.

    Fecke: Bis diese Regelung überarbeitet ist, wenn sie denn überhaupt überarbeitet wird – was raten Sie den Nutzern von diesen Tauschbörsen?

    Ehrig: In jedem Fall vorsichtig sein bei der Benutzung von Tauschbörsen, weil viele Inhalte wie gesagt illegal ohne Einwilligung des Urhebers eingestellt werden, und da sollte man wirklich eher die Finger von lassen, weil die Gefahr, dass diese Verletzung abgemahnt wird, relativ groß ist. Alternativ einfach schauen, was gibt es für kostenlose, kostengünstige legale Angebote, zum Beispiel auch über Streamingportale, sich da einfach informieren und das als Alternative nutzen.

    Fecke: Die Gefahr, sich eine Abmahnung ins Haus kommen zu lassen bei der Nutzung von Onlineportalen, ist gestiegen, Nina Ehrig vom Verbraucherzentrale Bundesverband hat mir erklärt, worauf Sie achten müssen. Vielen Dank dafür!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.