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Sport und Medien
Wie Streaming den Sport verändert

Sportübertragungen via Internet-Stream gehören inzwischen zur Normalität – spätestens, seit die Fußball-Bundesliga auf drei unterschiedlichen Kanälen angeboten wird. Doch dieser Übertragungsweg, der sich langsam etabliert, verändert etwas in den Senderstrukturen – und auch im Sport selbst.

Von Victoria Reith |
Die Apps von DAZN, Sky und dem Eurosport-Player
Streams anzubieten wird immer attraktiver, weil es neue, günstige Kamerasysteme gibt. (Rolf Vennenbernd/dpa/picture-alliance)
Stage 6 der Media Convention auf der republica in Berlin, der Zuschauerraum ist nicht bis auf den letzten Platz besetzt, aber gut gefüllt. Unter der Überschrift "Alle Sportarten, alle Ligen, alle Länder: Sport-Streaming vor dem Durchbruch?" diskutieren hier Medienanbieter, die sowohl im linearen Fernsehen als auch im Livestream aktiv sind. 7sports hat die National Football League und bietet auf einer kostenlosen Plattform Livesport an. Sky und Sport1 zeigen weitgehend das gleiche Programm wie im linearen Fernsehen auch im Stream.
Doch die Zusatzangebote exklusiv im Livestream wachsen, erläutert Dirc Seemann, Chefredakteur von Sport1: "Es bietet mehr Möglichkeiten, ist ne tolle Chance bestimmte Sportarten zu Ende oder von Beginn zu übertragen, was häufig nicht gelungen ist, wenn man nur lineares TV hat."
Neue Kamerasysteme erleichtern Streams
Streams anzubieten wird laut Seemann immer niedrigschwelliger. Grund dafür: die Vielzahl neuer Kamerasysteme, die es im Prinzip jedem Verband und jeder Sportart günstig ermöglichen, einen Stream anzubieten.
7Sports betreibt gemeinsam mit dem DOSB sportdeutschland.tv - eine Streamingplattform, die kostenlos olympische und nichtolympische Sportarten zeigt, von Basketball über Ringen bis hin zu Ultimate Frisbee. Dadurch kämen viele Sportarten erstmals überhaupt oder wieder an die Öffentlichkeit, meint Geschäftsführer Zeljko Karajica:
"Sie erreichen ihre Zielgruppen auch außerhalb der Turnhalle und können natürlich am Ende dann auch ihren Sponsoren mitteilen, Mensch, wir wurden ja doch gesehen, wir finden statt."
Nicht für jeden Verband lukrativ
Was die Begeisterung des Sportnachwuchses betrifft, schränkt er ein:
"So direkt abzuleiten, weil wir jetzt bei Sportdeutschland streamen und beispielsweise Ringen machen, dass deswegen jetzt in Aalen auf einmal 100 Kinder mehr im Jahr ringen gehen. Also so vermessen wäre ich nicht. Aber definitiv können wir feststellen, dass die Leute, die das machen, und das engere Umfeld, findet auf einmal eine Heimat."
Streaming werde nicht für jeden Verband ein lukratives Geschäftsmodell werden, ist Dirc Seemann von Sport1 überzeugt.
"Vielleicht will man im ersten Zuge gar nicht unbedingt Geld verdienen, sondern muss erst mal seine Sportart groß machen und dann hilft es einem. Da sollte man nicht zu kurz denken."
Attraktivitätssteigerung der Sportarten
Fürs Fernsehen wollen viele Sportarten attraktiver werden und sind dazu bereit, sich anzupassen. Aber auch im Bereich Streaming sei die Tendenz zu erkennen, dass die Verbände sich den medialen Anforderungen fügen, erklärt Zeljko Karajica.
"Wir sagen: Natürlich hilft es, wenn man nicht in einer Turnhalle ist, wo ich die Holzplanken im Hintergrund sehe und drei Leute sitzen, wo nicht applaudiert wird. Ich würde die Wette eingehen, sowas wird weniger geguckt werden als ein Zweitliga-Basketballspiel, wo 3.500 Leute drinsitzen und wo es richtig abgeht."
Die Kunst sei es, einen Mittelweg zu finden, der attraktiv für die Zuschauer sei, aber trotzdem so günstig, dass die Verbände es sich leisten können, so Karajica. Auch was die Startzeiten betrifft, würden die Sportarten abwägen.
"Wenn jetzt gerade 5 Streams im Ringen und Rhönrad und noch 3 anderen Sportarten stattfinden, dann werden die Basketballer trotzdem Basketball gucken. Trotzdem gucken sie vielleicht, dass sie dem Fußball aus dem Weg gehen."
Hilfe zur Selbstvermarktung
Angelique Kerber streamte kürzlich ein Match von sich auf Facebook, unterstützt von DAZN. Der Livestream für Sportler also künftig ein Mittel zur Eigenpromo? Sport1-Chef Dirc Seemann:
"Wenn ich jetzt als Sportler mein Tennisspiel, weil ich viele Preisgelder verdiene und gar nicht so sehr davon abhängig bin, ob das jetzt im TV gezeigt wird in Deutschland beispielsweise... Dann streame ich das in Deutschland für meine Fans und meine Markenbekanntheit."
Wenn Sportler so ihre Bekanntheit steigerten, sei das auch nicht verwerflicher als eine Autogrammstunde im Supermarkt.
Allerdings dürfe es nicht sein, dass solche exklusiven Streams dann von Sponsoren verbreitet würden. Das sei für Medienhäuser eine größere Gefahr als das Streaming durch die Sportler.
Ähnliche Befürchtungen hat Roman Steuer, Executive Vice President Sport von Sky Deutschland: "Wir müssen dann schon aufpassen, dass die Felder nicht verwischt werden, vor allen Dingen dann, wenn es um die lizensierten Bilder geht, das heißt, die die interessant sind oder wenn es um exklusive Inhalte geht. Weil wir auch nicht wollen, dass ein Spieler seinen Karriererücktritt auf seiner Plattform exklusiv kommuniziert, nicht im Abstimmung mit dem Verein oder so etwas."
Chance für junge Sportarten
Welcher Sport wird sich also im Livestream etablieren? Dirc Seemann:
"Das werden die Sportarten sein, die jetzt auch olympisch nachrücken, die halt eben jung sind. Du orientierst dich ja mit Streamingplattformen an den Sehgewohnheiten der Zuschauer. Die jungen Zuschauer sind eben nicht mehr gewohnt, lineares Fernsehen so intensiv zu nutzen, da werden die auch ihre jungen Sportarten da gucken."
Zejlko Karajica von 7Sports ist überzeugt, dass das lineare Fernsehen vom Streaming profitieren wird.
"Das Digitale macht uns vielleicht sogar Dinge möglich, sie langsam wachsen zu lassen, zu gucken, wie funktionieren bestimmte Dinge. Und wenn wir eine bestimmte Größenordnung erreicht haben, sagen wir, jetzt macht es aber Sinn, es im TV auszuprobieren. Diese Spielwiese haben wir in der Vergangenheit nicht mehr gehabt."
Streaming als neuer Ausspielweg für Sender, Verbände und Sportler, jederzeit und überall. Die Sender wissen, dass sie gut daran tun, dran zu bleiben. Denn eigene Livestreams produzieren, so sieht man in Zeiten von Facebook und Instagram, kann inzwischen fast jeder.