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Akustik
Innennavigation mit Echoprofil

Technik. - Moderne Handys dienen heutzutage als Navigationsgeräte. Im Freien funktioniert das prima, in Innenräumen jedoch kaum. GPS ist dafür zu ungenau, andere Technologien wie Ultraschall oder Radiowellen benötigen eine spezielle Infrastruktur. Eine Forscherin aus Kalifornien arbeitet an einer akustischen Innenraum-Ortung für Handys.

Von Piotr Heller |
    Ruoxi Jia arbeitet an der Universität von Kalifornien daran, Gebäude "smart" zu machen. Ihre Vision ist, dass verschiedene Sensoren Informationen sammeln und anschließend die Gebäudetechnik steuern. Man könnte sich zum Beispiel vorstellen, dass eine Universität die Heizung oder die Klimaanlage dort hochfährt, wo sich gerade Studenten befinden. Die Standorte der Studenten könnten deren Handys verraten. Doch dazu müssen die Mobiltelefone selbst erstmal erkennen, in welchem Raum sie sind.
    "Moderne Handys haben GPS und damit kann man erfahren, wo der nächste Starbucks ist. Aber für Innenräume eignet es sich nicht. Die Wände blockieren das Signal und außerdem ist es zu ungenau: Wenn es einige Meter daneben liegt, kann es schon einen falschen Raum zuordnen. Man könnte stattdessen W-Lan nutzen oder Ultraschall, aber dafür bräuchte man eine spezielle Infrastruktur. Das wollten wir nicht, denn das Ziel unseres Projekts ist eine Innenraum-Ortung, die keine spezielle Infrastruktur benötigt und sehr präzise ist."
    Um das zu schaffen, entwickelte Ruoxi Jia ein System, das direkt den Raum erkennt, in dem man sich befindet. Und zwar daran, wie der Raum Schall reflektiert.
    "Verschiedene Räume haben verschiedene Auswirkungen auf Geräusche. Ein einfaches Beispiel ist, dass Menschen Musik lieber in einem Konzertsaal hören. In den heimischen vier Wänden hat die Musik oft einen trockenen Klang. Dieses Beispiel zeigt schon, dass die Geräusche Informationen über den Ort tragen, an dem man sie hört."
    Digitale Fledermaus fiept Raumporträt
    Um an diese Informationen zu kommen hat sich die Forscherin eine Art digitale Fledermaus einfallen lassen. Die echten Tiere senden Ultraschall-Töne aus und aus deren Echos machen sie sich ein Bild der Umgebung. Die Forscherin programmierte einen Laptop, damit er so ähnlich arbeitet.
    "Wir senden einen Ton aus und der wird von dem Raum reflektiert. Dann nehmen wir den Ton mit dem Mikrofon wieder auf. Aus dieser Aufnahme können wir dann einige akustische Eigenschaften des Raums ableiten."
    Eine akustische Eigenschaft ist zum Beispiel der Nachhall: kleine Zimmer haben kaum einen Hall, große Gewölbe oder Treppenhäuser können mehrere Sekunden nachhallen. Eine andere Eigenschaft ist, wie der Raum bestimmte Tonhöhen absorbiert. Das hängt davon ab, aus welchen Materialien seine Wände und Decken gebaut sind. All diese Informationen erfasst das Mikrofon des Laptops und ein Algorithmus berechnet den akustischen Fingerabdruck jedes Raums. Mit ihm lassen sich die Räume dann identifizieren. Dass das funktioniert, hat Ruoxi Jia gezeigt. Sie probierte das System in Räumen auf ihrem Campus in Berkeley aus. Trefferquote: Knapp 98 Prozent. Doch diese Experimente zeigten auch, dass das System noch alles andere als perfekt ist.
    "Der Ton, den wir aussenden, ist im hörbaren Spektrum. Als ich meine Experimente machte, waren einige Leute davon gestört. Also überlege ich gerade, Frequenzen zu benutzten, die man nicht hören kann."
    Tatsächlich klingt die digitale Fledermaus nicht schön. Sie sendet ein Rauschen aus. Das muss sie etwa 18 Sekunden lang tun, nur so lassen sich Störgeräusche wie menschliche Sprache aus den Aufnahmen filtern. Ob das System tatsächlich auch mit Tönen funktioniert, die Menschen nicht hören können, muss Ruoxi Jia noch herausfinden. Auch muss sie das System auf Smartphones zum Laufen bringen. Viel zu tun also, falls die Handys wirklich irgendwann zu digitalen Fledermäusen werden sollen, die erkennen, in welchem Raum sie sich gerade befinden.