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Alternative Innenbeschichtung
Konservendosen ohne Bisphenol A

Das Weißblech von Lebensmittelkonserven darf nicht korrodieren, deshalb schützen Lackschichten das Metall. Doch viele Lacke enthalten hormonelle Schadstoffe wie Bisphenol A. Die Industrie versucht, diese Gifte mit neuen Chemikalien und speziellen Metallbehandlungen loszuwerden.

Von Hellmuth Nordwig |
    Drei Konservendosen hängen an Fleischerhaken.
    Bisphenol A im Weißblech sind das Problem bei Konservendosen (imago )
    Frankreich ist in Sachen Bisphenol A vorgeprescht. Seit Anfang 2015 darf die Chemikalie dort nicht mehr in Produkten eingesetzt werden, die in Kontakt mit Lebensmitteln kommen. Die Hersteller von Konservendosen mussten also auf Bisphenol A-freie Innenbeschichtungen umstellen. Eine erste Lösung war schnell gefunden, berichtet Katharina Weber. Die Chemikerin forscht am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik in Stuttgart.
    "Die Alternative zu Bisphenol-A-Beschichtungen basiert auf Polyestern, wobei die auch sehr unterschiedlich sein können. Das sind spezielle Polyester, die noch mit einem anderen Polymer vernetzt werden, damit sie die vollen Eigenschaften ausbilden können und die gleichen Anforderungen erfüllen wie ein Bisphenol-A-haltiger Lack."
    Doch von beiden Substanzklassen gibt es einen ganzen Strauß verschiedener Verbindungen. Die in Frankreich verwendete Kombination erfüllt ihren Zweck. Aber im Auftrag der deutschen Verpackungsindustrie untersuchte die Stuttgarter Forscherin, ob sich diese Schutzschicht noch verbessern lässt.
    "Unser Ziel ist nicht, ein neues Lacksystem zu entwickeln, das es ja schon gibt, sondern eine fundierte Grundlage an Wissen zu schaffen, um diese Lacke zu verstehen, die in sehr kurzer Zeit entwickelt worden sind. Da gab es keine langen Vorlaufzeiten. Wir wollen möglichst viel darüber wissen, damit man die Nachfolgeprodukte schneller, zuverlässiger und zielgerichteter entwickelt."
    Katharina Weber hat daher systematisch Kombinationen aus verschiedenen Polyestern und Phenolharzen untersucht - so heißt die zweite Komponente in dem Schutzlack. Und zum Beispiel gemessen: Wie hart wird er, nachdem er bei 200 Grad im Ofen vernetzt wurde? Erst danach wird das Blech zu Dosen gebogen - haftet dieser Film dann immer noch gut? Das Ergebnis: Optimale Materialeigenschaften weist die Schutzschicht auf, wenn die Mischung knapp zwei Drittel Polyester enthält.
    Polyester und Phenolharze
    Doch Maria Hoppe vom Fraunhofer-Institut für Verpackung in Freising hat herausgefunden: Auch aus einem solchen Lack könnten Inhaltsstoffe in das Lebensmittel übergehen. Ob das gesundheitsschädlich ist, das ist noch nicht genau bekannt. Klar ist aber: Solche Substanzen werden auch aus anderen Polyester-Verpackungen freigesetzt. Zum Beispiel aus PET-Flaschen. Maria Hoppe:
    "Deshalb gehe ich davon aus, da die Substanzen, die wir gefunden haben, chemisch ähnlich sind, dass da keine Bedenklichkeit zu erwarten ist. Aber eine richtige Aussage könnte man erst nach toxikologischen Tests treffen."
    Die muss ein Hersteller veranlassen, bevor er einen Bisphenol-A-freien Schutzlack auf den Markt bringt.
    Metalloberfläche soll widerstandfähiger werden
    Und gleich noch eine Neuerung steht bei den Konservendosen an. Sie betrifft die Metalloberfläche selbst. Schon vor dem Beschichten wird sie nämlich chemisch resistenter gegen Säure gemacht. Bisher geschieht das mit Hilfe von Chromat. Dieser Krebs erregende Stoff bleibt zwar nicht auf dem Metall zurück, aber die EU will das Verfahren verbieten, um den Arbeitsschutz zu verbessern. Ein deutscher Hersteller hat deshalb eine Methode entwickelt, um das Weißblech auch ohne Chromat zu schützen. Entsprechende Proben hat Katharina Weber ebenfalls mit den Bisphenol A-freien Schutzlacken beschichtet.
    "Da laufen im Moment gerade die ersten Tests. Es sieht im Moment gut aus. Wir müssen das noch austesten. Aber wir gehen davon aus, dass das damit auch funktionieren wird."
    Bis alle Tests abgeschlossen sind, werden noch einige Jahre vergehen. So lange wird Bisphenol A in Deutschland weiterhin im Schutzlack von Konservendosen zu finden sein.