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Arabische Azubis in Suhl
Weiterbildung in Thüringen

Ausländische Firmen schicken ihre jungen Fachkräfte nach Deutschland, um sie hier weiterbilden zu lassen: Sechs junge Männer aus Abu Dhabi durchlaufen im thüringischen Suhl derzeit die duale Berufsausbildung. Das öffnet umgekehrt auch der deutschen Wirtschaft Chancen im Ausland.

Von Henry Bernhard | 25.03.2017
    Khalifa Almandhari aus Abu Dhabi, Zerspanungstechniker im 3. Lehrjahr in Suhl.
    Khalifa Almandhari aus Abu Dhabi, Zerspanungstechniker im 3. Lehrjahr in Suhl. (deutschlandradio/Henry Bernhard)
    Die SPA, die "Simson Private Akademie", liegt im Suhler Gewerbegebiet. Max Reumschüssel öffnet die Tür zur Werkstatt, in der junge Männer an Dreh- und Fräsmaschinen arbeiten:
    "Diese Woche machen sie Prüfungsvorbereitung; nächste Woche haben sie ihre praktische IHK-Prüfung. Da sind sie alle sehr aufgeregt."
    Abu Dhabi schätzt die deutsche duale Ausbildung
    Die sechs jungen Männer kurz vor der Zwischenprüfung kommen aus Abu Dhabi, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate. Khalifa Almandhari ist 25 Jahre alt. Er lernt Zerspanungsmechaniker im 3. Lehrjahr:
    "Also, hier ist ein Fräs-Teil mit verschiedenen Maßen. Manche Maße sind leicht zu fertigen, also 0,1 – 0,2 mm, und manche sind in Mikrometer. Man soll aufpassen! Und es gibt spezielle Prüfmittel für die Feinmaße – sagt man auch."
    Die Firma SPA hat die sechs Auszubildenden zu Hause in Abu Dhabi ausgewählt. Der Suhler Bildungsdienstleister hat langjährige Erfahrungen mit Erst-Ausbildung und Zusatzqualifikationen im Metallbereich – für Deutsche und Ausländer.
    "Unser Land braucht die Erfahrung von Deutschland"
    Die Firma in Abu Dhabi, bei der die jungen Männer angestellt sind, hat sich für die Ausbildung ihrer Mitarbeiter im Ausland entschlossen, weil sie sich viel von der dualen Berufsausbildung verspricht. Das Unternehmen übernimmt deshalb die kompletten Kosten für Khalifa Almandhari und seine Kollegen:
    "Deutschland ist sehr bekannt im Industriebereich. Und sie haben schon lange Zeit die Erfahrung. Und unser Land braucht die Erfahrung von Deutschland. Und wir möchten auch die Industrie bei uns entwickeln."
    "Man braucht unwahrscheinlich viel Geduld"
    Es ist bereits der zweite Durchgang junger Auszubildender aus Abu Dhabi. Max Reumschüssel, der Projektleiter – er hat übrigens Orientalistik studiert – ist stolz darauf, dass bislang keiner abgesprungen ist. Dafür aber, meint er, müsse man vieles tun. In der Firma hätten sie zum Beispiel einen kleinen Gebetsraum. Anfangs wären sie auch noch mit den Auszubildenden nach Coburg gefahren, zur Moschee und, um Fleisch zu kaufen, das halal ist:
    "Ja, die cultural awareness ist da unwahrscheinlich wichtig, wenn man erfolgreich sein will in dem Bereich. Wir haben auch gehört von anderen Bildungsträgern, die dann gescheitert sind. Wahrscheinlich lag es an der mangelnden Bereitschaft, sich auf den fremden Kulturkreis einzustellen.
    Also, man braucht unwahrscheinlich viel Geduld. Und man muss an sich selbst auch ein bisschen arbeiten und man muss seine Ansprüche selbst ein bisschen zurückfahren, einfühlsam sein, und dann funktioniert das auch.
    Die Deutschkenntnisse seien das A und O in der Ausbildung. Deshalb kämen die Auszubildenden am Anfang auch in eine Gastfamilie in Suhl, ehe sie dann gemeinsam in einer WG wohnten. Trotzdem aller Bemühungen bleibt die Sprache eine Hürde.
    IHK-Prüfungen auf Englisch würden vieles vereinfachen
    In diesem Zusammenhang kritisiert die Geschäftsführerin von SPA, Gisela Bauroth, dass die Prüfungen der Handwerkskammer in Deutschland nicht auf Englisch möglich seien. Dies würde vieles vereinfachen. Die Ausbildung junger Ausländer in Deutschland würde schließlich auch der hiesigen Wirtschaft nützen:
    "Die jungen Leute, die hier waren, die hier eine Ausbildung hatten, die kommen immer wieder, wenn sie Hilfe brauchen oder wenn sie irgendwelche Lieferanten suchen, immer erst in unseren Raum zurück: 'Könnt ihr nicht helfen…? Wisst ihr, wo…?' Das ist ja jetzt nicht nur ein Projekt, wo wir jetzt dran verdienen, sondern das ist auch für die Zukunft.
    Also, für mich ist das wirklich ein ganz toller Türöffner, um auch in die Wirtschaft des Landes einzusteigen. Und die Frage der Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, und auch strategisches Denken, das ist schon ein großer Punkt, den die Jungs haben. Und alle 6, die fertig sind und die jetzt unten arbeiten, haben alle einen Job, sind anerkannt und haben ganz viel von uns mitgenommen."