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Ariadne und Zerbinetta im Betonbunker

"Ariadne auf Naxos", ein Gemeinschaftswerk von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal, hat die niederländische Regisseurin Monique Wakemakers inspiriert, die Oper am Nationaltheater in Mannheim zu inszenieren. Dabei steht Wakemakers Grundthema im Mittelpunkt: die Vereinsamung. Dabei legt die Regisseurin Wert auf Details, führt die Figuren stringent und schafft überzeugende Charaktere.

Von Jörn Florian Fuchs | 15.02.2009
    In "Ariadne auf Naxos” spielt die Titelheldin zwar eine, aber nicht unbedingt die Hauptrolle. Richard Strauss hat ihr zweifellos einige wunderbare vokale Stellen gegeben, jedoch wartet die von ihrem Geliebten Theseus Verlassene auf einem altgriechischen Inselidyll reichlich lange und langatmig auf den erhofften Tod. Dieser will sich freilich nicht einstellen, vielmehr eilt Rauschgott Bacchus herbei und nach einigem Hin und Her werden die beiden in eine gemeinsame Zukunft entrückt.

    Mitten hinein ins eher ernste Geschehen mischten Strauss und sein Librettist Hugo von Hofmannsthal eine Komödie - rund um die erst lebenslustige, dann jedoch bald gefrustete Zerbinetta. Und ganz zu Anfang der Oper erzählt ein dreiviertelstündiges Vorspiel von den Schwierigkeiten, genau so etwas auf die Bühne zu bringen.

    Am Nationaltheater Mannheim hat sich Monique Wagemakers dem Kernproblem der "Ariadne”-Oper, nämlich ihrer Verortung, etwas unelegant entledigt. Sie verlegt das Vorspiel vor einen Betonbunker, überall wachen Sicherheitskameras, Plastiksitze laden nicht gerade zum Sitzen ein, seltsame Gestalten lungern herum. Plötzlich erscheint auf einem Monitor der Haushofmeister und berichtet von der zu stemmenden Aufgabe, Komödie und Tragödie wirkungsvoll zu verschalten. Das Gesindel entpuppt sich rasch als Operntruppe, die nervös zu probieren beginnt.

    Recht unterhaltsam ist das anzusehen und anzuhören, Wagemakers legt Wert auf Details, führt die Figuren stringent und schafft überzeugende Charaktere.

    Im zweiten Teil sind wir dann im Inneren des Bunkers, hinten steht eine Art Wasserbassin, in dem später Wolken auftauchen. Eine Plastikpalme nebst Mini-Strand steht in der Bühnenmitte, der Rest ist Betontristesse. Nur die Akteure tragen bunte Kleidung, es gibt ebenso Alt-Wiener Roben wie urdeutsche Urlaubsklamotten im Stile Jürgen von der Lippes.

    Sehr gefühlvoll und klug setzt Wagemakers auch hier das Geschehen in Szene, die wasserstoffblonde Zerbinetta trifft auf die matronenhafte Traurigkeit in Person: Ariadne. Bacchus erscheint als deus ex machina, oder genauer: als Gott aus dem Himmel, er trägt die Reste eines Fallschirmes mit sich.

    Sieht man von einer recht banalen Boygroup und ihren szenischen Zoten im zweiten Teil ab, so ist die Inszenierung insgesamt stimmig und besitzt hohe Binnenspannung. Im Ganzen fehlt jedoch eine beziehungsweise die szenische Pointe.

    Musikalisch lässt Alexander Kalajdzic das Mannheimer Opernorchester kontrastreich erblühen, stimmlich überzeugen vor allem Marie-Belle Sandis als Komponist und die Zerbinetta der Antje Bitterlich, die ebenso präzise wie höhensicher ihre anspruchsvolle Partie bewältigt. Caroline Whisnant gibt eine solide, aber manchmal etwas blasse Ariadne, problematisch auch István Kovácsházi als Bacchus, sein Tenor klingt zwar mächtig, bleibt aber letztlich doch zu undifferenziert.