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Attentäter von Ansbach
Kontroverse um Begräbnis

Der Waldfriedhof von Ansbach liegt am Rande der Stadt und hat ein muslimisches Grabfeld. Hier müsste auch der Angreifer des Musikfestivals bestattet werden, doch ein Begräbnis nach muslimischem Ritual wird von der Gemeinde ausgeschlossen - ein Attentäter sei kein Muslim.

Von Susanne Lettenbauer | 08.08.2016
    Ein Halbmond ziert am Mittwoch (05.09.2012) den Grabstein eines muslimischen Grabes auf dem Hauptfriedhof in Stuttgart.
    Ein Attentäter sei kein Muslim, so jemanden dürfe kein Begräbnis nach muslimischem Ritual bekommen. (picture alliance / dpa - Jan-Philipp Strobel)
    Der Waldfriedhof von Ansbach liegt idyllisch am Rande der Stadt, ein kleiner Weiher daneben - eine großzügige Anlage. Um zum muslimischen Grabfeld zu kommen, muss man eine Weile gehen. Vorbei an schlichten Baumgräbern, an opulenten Grabsteinen und Familiengrüften.
    Ganz hinten in einem versteckten Bereich noch hinter dem Verwaltungsgebäude neben den Sozialgräbern hat die Stadt Ansbach im Jahr 2006 den Bereich für Bestattungen nach muslimischem Ritual eingerichtet. Zehn Gräber gibt es mittlerweile, davon die meisten frisch aufgeschüttet, alle nach Mekka ausgerichtet. Die Kreuze sind schlicht, aus Holz. Junge Menschen, Flüchtlinge und Migranten, aber auch muslimische Bewohner der Stadt wurden hier bislang begraben. Da der Attentäter von Ansbach in der Stadt wohnte müsste auch er eigentlich hier begraben werden.
    "Jemand, der einen muslimischen Namen trägt ist nicht automatisch ein richtiger Muslim"
    Für Imam Ilhan Kaya kommt das überhaupt nicht in Frage. Ein Attentäter sei kein Muslim, so jemanden dürfe kein Begräbnis nach muslimischem Ritual bekommen.
    "Wir werden das nicht akzeptieren. Wir wollen das nicht. Jemand, der einen muslimischen Namen trägt ist nicht automatisch ein richtiger Muslim. Was der Attentäter hier getan hat ist für uns inakzeptabel. Wenn wir gefragt werden sollten, ob er auf unseren muslimischen Friedhof im Waldfriedhof bestattet werden soll, dann sagen wir ganz klar: Nein."
    In der Ansbacher Hilal-Moschee wird seit dem Anschlag heiß darüber diskutiert, wie man mit dem Leichnam verfahren soll. Ein junger Moscheebesucher meint, natürlich sei es gut, dass es überhaupt ein Gräberfeld für Muslime in Ansbach gibt – umso mehr:
    "In unserer Religion steht niemals, dass du jemanden umbringst. Bei unserem Propheten steht, wenn du jemanden umbringst, hast du alle umgebracht. Das ist so eine Sünde bei uns. Wir können nicht akzeptieren, dass er ein Muslim ist, zumindest kein richtiger Muslim. Sich selber umbringen ist eine große Sünde."
    Die Überreste müssen aber begraben werden
    Zu einem muslimischen Begräbnis gehört normalerweise die Waschung, die wird für Ansbacher Bürger bei einem speziellen muslimischen Bestattungsunternehmen in Nürnberg vorgenommen. Auf dem Friedhof spricht dann ein Imam, die Gemeinde nimmt teil. Eine Trauerveranstaltung wurde sogar in der christlichen Aussegnungshalle gefeiert. All das wird für den Attentäter von der muslimischen Gemeinde ausgeschlossen. Ein Problem für die Behörden. Denn die Überreste des 27-Jährigen müssen nach ihrer Freigabe durch die Generalbundesanwaltschaft begraben werden. In Deutschland. Eine Überführung nach Syrien wäre zu teuer, Angehörige haben noch nicht darum gebeten.
    Der Friedhofswärter von Ansbach steht vor der Aussegnungshalle. Er stammt aus der Türkei. Nicht in der Heimat begraben zu werden, sei Strafe genug, meint er. Für ihn als Muslim ist klar:
    "Ich bleibe nicht hier, ob meine Kinder hierbleiben entscheiden sie, aber besser ist es, in die Heimat zurückzukehren."