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Auf der Suche nach der richtigen Mischung

Mit Polen übernimmt ein Staat mit Vorbildcharakter die EU-Ratspräsidentschaft. Einen Schwerpunkt möchte Warschau auf die europäische Energiepolitik legen - ein Gebiet, in dem Polen selbst mit seiner Abhängigkeit von der Kohle alles andere als zukunftsfest ist.

Von Johanna Herzing |
    Claude Turmes ist skeptisch. Nicht die polnische Ratspräsidentschaft an sich bereitet dem grünen Europa-Abgeordneten Sorgen, sondern deren Energiepolitik. Ein Gebiet, auf dem sich Polen im kommenden Halbjahr besonders hervortun möchte:
    "Das Problem in Polen ist dieser US-amerikanische neoliberale klimaskeptische Einfluss und das Zweite ist natürlich die Kohlelobby in Polen, die ihre alten Pfründe halten will und die sehr offensiv Windenergieprojekte, Energieeffizienzprojekte, Biomasseprojekte bekämpft."

    Den Schwerpunkt will die polnische Ratspräsidentschaft auf die energiepolitische Außenpolitik legen. So sollen Lieferverträge zwischen EU-Mitgliedern und Drittstaaten künftig transparenter und einheitlicher werden. Aber auch um die Energie- und Klimapolitik innerhalb der EU muss sich die polnische Ratspräsidentschaft kümmern. Hier tritt das Land jedoch bislang als Bremser auf: Den Beschluss der europäischen Umweltminister, die CO2-Einsparziele bis 2020 zu erhöhen, blockierte Polen vergangene Woche mit einem Veto – als Einziger von 27 Mitgliedstaaten. Grund dafür sind nationale Interessen. Rund 90 Prozent des polnischen Energieverbrauchs wird durch Kohle gedeckt, der Rest vor allem durch Gas, das größtenteils aus Russland kommt. Eine radikale Wende hin zu erneuerbaren Energien ist nicht realistisch, meint Konrad Szymanski, Europa-Abgeordneter der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit PiS:

    "Wenn wir wirklich anstreben, dass die europäische Industrie ihren CO2-Ausstoß reduziert, dann müssen wir wesentlich stärker auf Gas zurückgreifen oder auf die umstrittene Kernenergie. Ohne reale Alternativen können wir jedenfalls nicht aus der Kohleenergie aussteigen, und momentan gibt es schlichtweg keine wirtschaftliche Alternative zur Kohle."

    Ein Standpunkt, in dem sich die polnische Regierung und die Opposition einig sind. Vor den Parlamentswahlen im Herbst wird sich das wohl auch nicht ändern, schließlich drohen andernfalls deutliche Wahlverluste in den Bergbau-Regionen im Südwesten Polens. Das dürfte auch Bogdan Marcinkiewicz bewusst sein. Der Europa-Parlamentarier aus Schlesien, früher selbst in der Energiebranche tätig, setzt auf den Bau moderner Kohle- und Gas-Kraftwerke. Die Abhängigkeit Polens vom russischen Gas bereitet dem Politiker von der liberalen Bürgerplattform keine allzu großen Sorgen:

    "Da ist Licht am Ende des Tunnels: In Polen werden große Schiefergas-Vorkommen vermutet. Inzwischen sind etliche Konzessionen an Gasfirmen aus aller Welt ausgegeben worden und in den nächsten 10, 20 Jahren könnte Polen dann seinen Gasbedarf selbst decken."

    Allerdings ist die Schiefergas-Förderung aus Umweltschutzgründen äußerst umstritten. In Deutschland und Frankreich mussten Probebohrungen wegen öffentlicher Proteste gestoppt werden. Der Europa-Abgeordnete Bogdan Marcinkiewicz hält die Bedenken der Umweltschützer jedoch für übertrieben. Das polnische Umweltrecht sei gerade an das europäische angepasst worden, die Energie-Firmen müssten bei der Gas-Förderung strenge Auflagen erfüllen. Den energiepolitischen Kurs seines Landes verteidigt Marcinkiewicz, nicht zuletzt mit Verweis auf das Nachbarland Deutschland:

    "Jedes Land hat seinen eigenen Energie-Mix, den es nach den eigenen Bedürfnissen ausrichtet, aber natürlich auch nach den europäischen Klimavorgaben. Wenn Deutschland aus der Kernenergie aussteigt, dann bezweifle ich allerdings, dass die Europäische Union ihre hoch gesteckten Klimaschutzziele erreichen wird."

    Polens Parlament hat unlängst entschieden, einen anderen Weg als Deutschland einzuschlagen. Der Bau von Atomkraftwerken ist beschlossene Sache. Bis 2030 sollen sie rund 20 Prozent des polnischen Energie-Mix' ausmachen.