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Auf zum nächsten Schützenfest?

Nach dem Amoklauf von Winnenden entstand zwischen Waffenlobby und Waffengegnern erneut ein Disput um eine mögliche Verschärfung des Waffenrechts - mit dem Ergebnis, dass das neue Waffenrecht noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten soll. Kritiker halten die geplanten Änderungen jedoch für keineswegs ausreichend.

Von Johanna Herzing | 19.05.2009
    "In Amerika, zum Beispiel in Kalifornien - bin ich viel, da hab ich einen Freund - da steht in jedem Raum, steht ein geladenes Gewehr. Und da wo bei uns vorne dran steht 'Vorsicht, bissiger Hund' ist ein Revolver abgebildet und da steht drunter 'Wo ich dich heute Nacht antreffe, da liegst du!'. Da ist die Kriminalität komischerweise am niedrigsten."
    Die Jäger und Sportschützen, die vor dem Schützenheim im fränkischen Drügendorf herumstehen, schauen ein wenig verlegen drein. Amerikanische Verhältnisse wie sie ihr radikaler Schützenfreund lauthals fordert, wollen die meisten nicht.

    "Diese Wildwestmentalität, ich finde, das hat in der heutigen Zeit keinen Platz mehr und ich glaube, in der Hinsicht ist die Verschärfung des Waffenrechts richtig und ich finde kein Mensch braucht eine geladene Waffe neben seinem Bett liegen haben."

    "Dann braucht ein Jugendlicher mit 18 Jahren auch kein Auto."
    Die Debatte um das deutsche Waffenrecht - sie läuft wieder auf Hochtouren. Seit Winnenden streiten Politiker, Waffenbesitzer und Waffengegner über die Konsequenzen, die aus der Tat zu ziehen sind. Nachdem Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble zunächst verlauten ließ, das deutsche Waffenrecht sei scharf genug, denkt die Bundesregierung jetzt doch über eine Änderung nach. In der kommenden Woche soll sich das Kabinett damit befassen. Denn der Amoklauf, bei dem der 17-jährige Tim K. fünfzehn Menschen und anschließend sich selbst mit der Pistole seines Vaters erschoss, hat viele Fragen aufgeworfen - nicht nur bei den Politikern.

    "Jetzt kann man natürlich fragen, warum hat er das gemacht? Das kann man fragen, soll man fragen. Aber genauso wichtig ist die Frage: Ist es richtig, dass sich zwei Millionen Sportschützen in diesem Land mit tödlichen Waffen ausrüsten dürfen, dass diese Waffen quasi als Spielzeug verkauft werden für große und kleine Jungs? Und: Warum können die nicht darauf verzichten?"
    Solche grundsätzlichen Fragen, wie sie der Journalist und Autor Roman Grafe formuliert, stellt man in der Politik nicht. Das neue Waffenrecht soll zwar noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten, allerdings sind die Änderungen weit weniger drastisch, als Grafe dies fordert. Der Gesetzentwurf der Koalition will vor allem dafür sorgen, dass Waffen in der Wohnung des Besitzers künftig sicherer aufbewahrt werden - beispielsweise durch biometrische Sicherungssysteme für Schusswaffen oder Waffenschränke. Die korrekte Aufbewahrung der Waffen, auch dies ist eine der Neuerungen, soll demnächst mit verdachtsunabhängigen Kontrollen geprüft werden. Ein schwerer Verstoß gegen die Vorschriften könnte bald mit einer Freiheitsstrafe anstatt wie bisher mit Bußgeld bestraft werden.
    Geplant ist außerdem, das Mindestalter für das Schießen mit großkalibrigen Waffen von 14 auf 18 Jahre anzuheben. Auch sollen Waffenbesitzer sorgfältiger erfasst werden - beispielsweise durch ein zentrales Waffenregister, das es nun schon ab 2012 geben soll, also zwei Jahre früher als von der EU ohnehin gefordert. Zudem ist eine Amnestie geplant, wenn illegale Waffen freiwillig abgegeben werden. Das Verbot von Gotcha- und Paintball, bei denen die Spieler mit Farbkugelgewehren Jagd aufeinander machen, scheint indes zu wanken. Zu groß ist die Erklärungsnot, weshalb das Schießen mit Farbe gefährlicher sein soll als das mit scharfer Munition. Doch auch die übrigen Maßnahmen sind äußerst umstritten. Roman Grafe findet deutliche Worte:

    "Die Vorschläge, die nach dem Amoklauf in Winnenden, aber auch schon nach dem Amoklauf in Erfurt im Jahr 2002 von Verantwortlichen, Politikern beispielsweise, gemacht wurden und werden, diese Vorschläge sind zum Teil aberwitzig, zum Teil unlogisch, man könnte sagen lächerlich, wenn es nicht so traurig wäre, was passiert ist."
    Gemeinsam mit Unterstützern wie der Autorin Ines Geipel, die über den Amoklauf am Erfurter Gutenberg-Gymnasium, bei dem 2002 17 Menschen starben, ein Buch geschrieben hat, reichte Grafe deshalb eine Petition beim Bundestag ein. Darin stellen sie die Frage, weshalb es überhaupt so viele gefährliche Schusswaffen in Privatbesitz geben muss.
    Wie viele Waffen es in Deutschland gibt, ist nicht bekannt - zumal für die Registrierung der Waffenbesitzer rund 570 verschiedene Länderbehörden zuständig sind. Schätzungen zufolge sind neben rund 20 Millionen illegalen etwa zehn Millionen legale Schusswaffen im Umlauf. Und das bei etwa 3,6 Millionen Waffenbesitzern. Zu viele, findet Jürgen Brenneke, der lange das Referat "Waffenrecht" im Bundesinnenministerium geleitet hat. Vor seinem Ruhestand 2003 kämpfte er viele Jahre dafür, Schusswaffen im Privatbesitz deutlich zu reduzieren. Jedoch ohne den erhofften Erfolg. Dass nun abermals die Chance vergeben werden könnte, das Waffenrecht deutlich zu verschärfen, empört den Experten:

    "Sie brauchen sich nur das Protokoll der Anhörung des Innenausschusses des deutschen Bundestages aus Anlass der Waffenrechtsnovelle 2008 anzusehen. Dort hat der Rechtspsychologe Professor Heubrink dargestellt, dass praktisch nur 25 Prozent der Waffennutzer - Jäger, Sportschützen, gefährdete Personen - zu Recht Schusswaffen besitzen."
    De Facto ist die Zahl der Waffen, die eine Privatperson horten darf, dem Gesetz nach nicht beschränkt. Sportschützen und Jäger können so viele Langwaffen - also zum Beispiel Flinten oder Büchsen, aber auch halbautomatische Waffen - besitzen, wie sie wollen. Lediglich die Zahl der Kurzwaffen, die Jäger in ihrem Arsenal haben dürfen, ist auf zwei begrenzt. Wobei selbst unter passionierten Jägern, zu denen sich Hans Zöbelein zählt, umstritten ist, ob man zusätzlich zum Gewehr noch eine Pistole braucht:

    "Da habe ich um halb zwei früh auf eine Sau geschossen und die ist in ein Dickicht rein. Da denke ich nach einer Weile: Geh mal rein, schau mal nach der Sau, was los ist. Hab' keine Kurzwaffe dabei gehabt, bloß meine Bockbüchse. Da war sie gesessen, das Kreuz war abgeschossen. Da hab ich ihr mit der Bockbüchse in den Kopf geschossen, da war sie tot. Da brauche ich keine Kurzwaffe dazu und wenn ich heute auf Saujagden gehe, das ist nur eine lächerliche Sache, wenn die da rum laufen mit Revolvern und Pistolen behängt. Die machen sich doch bloß groß."
    Um eine erlaubnispflichtige Schusswaffe zu bekommen, muss der Antragsteller mindestens 18 Jahre alt sein und Zuverlässigkeit, persönliche Eignung sowie Sachkunde nachweisen. Wesentlich ist vor allem ein sogenanntes "Bedürfnis".
    Ein solches "Bedürfnis" besteht, wenn eine Privatperson nachweisen kann, dass sie Sportschütze, Jäger beziehungsweise Waffen- oder Munitionssammler ist. Erst dann wird eine Waffenbesitzkarte ausgestellt. Hängt der Jäger, Sportschütze oder Sammler sein Hobby jedoch an den Nagel, hat er eigentlich auch keine Berechtigung mehr, die Waffen zu behalten, so der ehemalige Ministerialbeamte Brenneke:

    "Denn wenn das Bedürfnis, der triftige Grund wegfällt, müssten sie die Waffen abgeben, zurückgeben. Das geschieht aber nicht. Im Gegenteil, der Bundesminister des Innern hat sogar ohne triftigen Grund die Schleusen geöffnet und auch für Erbwaffen waffenrechtliche Erlaubnisse erteilt. Das sind pro Jahr zigtausend, die ohne triftigen Grund, ganz ordinäre, aber höchst gefährliche Feuerwaffen in die Hände bekommen."
    Brenneke spielt auf die Waffenrechts-Novelle von 2008 an, die ermöglicht, dass die Schusswaffen eines rechtmäßigen Waffenbesitzers auch nach dessen Tod in privater Hand bleiben dürfen. Dabei wird nicht zwischen wertvollen Erinnerungsstücken und herkömmlichen Schusswaffen unterschieden. Zwar müssen diese sogenannten Erbwaffen, falls der Erbe keine eigene Waffenbesitzkarte hat, vom Büchsenmacher blockiert werden. Doch eine Reduzierung der Waffenzahl insgesamt sei durch die Erbwaffenregelung torpediert worden, so Brenneke:

    "Was unter dem Bundesminister Schäuble mit dieser Novellierung geschehen ist, das ist praktisch Lobby-Arbeit für die Waffenindustrie gewesen. So wie er die gesetzlichen Möglichkeiten für Sportschützen und für Erbwaffen geregelt hat, das ist nach meiner Ansicht empörend. Da ist er praktisch als Wirtschaftsminister aufgetreten, aber nicht als Sicherheitsminister."
    Tatsächlich wirkt die aktuelle Debatte wie ein Déjà-vu. Denn im Grunde wurde sie bereits zweimal geführt. 2002, als eine grundsätzliche Neuregelung des Waffenrechts anstand. Und dann erneut 2008, als bestimmte Messer und das Tragen von "Anscheinswaffen" - also Feuerwaffenimitaten, die täuschend echt aussehen - verboten wurden.
    Unter dem Eindruck des Amoklaufs in Erfurt stritt man 2002 über bestimmte Waffentypen. Ähnlich wie die Öffentlichkeit derzeit über großkalibrige Waffen diskutiert, ging es damals um sogenannte Pumpguns, einen Waffentyp wie ihn der Amokläufer von Erfurt, Robert Steinhäuser, benutzte. Ergebnis der Debatte war schließlich das Verbot solcher Pumpguns. Eine Farce, meint Waffenkritiker Roman Grafe:

    "In ganz kurzer Zeit sollte zumindest diese Waffe verschwinden. Daraus wurde dann: Pumpguns mit Pistolengriffen sind verboten. Die Pumpgun ist nach wie vor für Sportschützen erhältlich und der Pistolengriff, der das Ding ein bisschen handlicher macht und von daher auch einen solchen Amoklauf einfacher macht, der ist nun verboten. Gleichzeitig kann man diese Pistolengriffe beispielsweise im Internet bestellen, das ist wieder nicht verboten worden und man kann nun in einer Viertelstunde, sagte mir ein Sportschütze, ein solches Gewehr, eine solche Pumpgun mit Gewehrgriff innerhalb von 15 Minuten etwa austauschen gegen einen Pistolengriff."
    Ein fauler Kompromiss, der sich jetzt zu wiederholen drohe, so Grafe. Sein Aktionsbündnis "Keine Mordwaffen als Sportwaffen" fordert daher, Schieß-Sport künftig nur noch mit weniger gefährlichen Waffen, beispielsweise mit Druckluftwaffen, auszuüben. Doch dieser Vorschlag findet bei Politikern nur wenig Anklang.
    Selbst der Appell der Angehörigen der Opfer von Winnenden, wenigstens großkalibrige Waffen wie die Beretta, mit der Tim K. um sich schoss, zu verbieten, findet in der politischen Debatte kaum Gehör. Zur Zufriedenheit von Frank Göpper vom Forum Waffenrecht, einem Interessenverband von Waffenbesitzern sowie Munitions- und Waffenherstellern:

    "Das Verbot verschiedener Waffen- und Kalibertypen sehen wir als absolut sinnlos an, weil mit jeder Waffe kann Missbrauch getrieben werden und nicht nur mit jeder Waffe, auch mit den meisten Werkzeugen, die uns eigentlich im Alltag gängig sind. Es gibt keine bösen und guten Waffen. Da lässt sich nicht differenzieren. Es gibt nur den, der sie einsetzt."
    Waffenhersteller, Schießsportverbände und Waffenbesitzer üben sich im Schulterschluss: Sie fühlen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Statistisch betrachtet, so ihr einhelliges Argument, stelle der legale Waffenbesitz in Deutschland keine Gefahr dar. Frank Göpper:

    "Wir beklagen im Jahr über 4000 Tote im Straßenverkehr. Wenn man das statistisch umrechnet, haben wir jeden Tag fast ein Winnenden."
    Dabei ist die statistische Erhebung der Straftaten, bei denen legale Waffen im Spiel sind, problematisch. Begeht beispielsweise ein Jugendlicher mit der Waffe seines Vaters einen Mord, so wird die Tatwaffe als illegal betrachtet und dementsprechend in der Statistik behandelt. Man weiß also gar nicht genau, bei wie vielen Delikten der legale Waffenbesitz eine Rolle spielt. Frank Göpper sieht für eine Gesetzesverschärfung dennoch keinen Anlass. Winnenden habe lediglich ein Vollzugsdefizit gezeigt, nicht jedoch gesetzlichen Änderungsbedarf.

    "Wir können nur an unsere Mitglieder appellieren, die derzeit geltenden Aufbewahrungsvorschriften peinlich genau einzuhalten. Weitere Maßnahmen, die wirklich einen messbaren Sicherheitsgewinn bringen würden, sehe ich persönlich nicht. Das Waffengesetz ist scharf genug und wo es eingehalten wird, ist es nahezu lückenlos."
    Zu den Maßnahmen, auf die Göpper anspielt, zählt auch ein Vorschlag, der zu Beginn der aktuellen Debatte viel diskutiert wurde: Nämlich Schusswaffen oder Munition künftig zentral in den Schützenheimen zu lagern. Der frühere Polizeipräsident und heutige SPD-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Gunkel:

    "Mir ist auch klar, dass ich damit letztlich vielleicht auch so ein Geschehen nicht verhindern kann, aber ich kann es erheblich erschweren, nach dem Motto: 'Was nicht griffbereit ist, kann auch nicht eingesetzt werden'."
    Die Kritik, solche zentralen Waffendepots stellten eine Verlockung für Einbrecher dar und die Sicherung der Schützenheime sei zu aufwendig und teuer, entkräftet Gunkel:

    "Sehen sie, wenn ich ein Segelboot habe, muss ich die Liegegebühren im Hafen auch bezahlen, wenn ich ein Segelsportler bin."
    Dennoch: Die Idee der zentralen Lagerung von Schusswaffen scheint mittlerweile - zweieinhalb Monate nach Winnenden - vom Tisch zu sein. Stattdessen wird darüber nachgedacht, Blockiersystemen verpflichtend einzuführen - ähnlich wie bei den Erbwaffen. Die Firma Armatix mit Sitz in München ist derzeit nahezu konkurrenzlos im Bereich solcher Blockiersysteme und steht damit hoch im Kurs. Propagiert doch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble biometrische Sicherungssysteme für Schusswaffen oder Waffenschränke als "interessante technische Möglichkeiten".
    Allerdings betrachtet selbst der Hersteller das Blockiersystem eher als eine Art "Kindersicherung" für die Dienstwaffe eines Polizisten - oder für den Jäger auf Reisen.

    "Das ist natürlich nicht das Ziel dieser Sicherung, dass man jetzt beispielsweise den Safe wirklich ersetzen möchte, sondern wir möchten eine Lösung bieten für den schnellen Zugriff, wir möchten eine Lösung bieten, die es ermöglicht, die Waffen auch zu sichern immer dann, wenn ein Safe gerade nicht im Einsatz sein kann."
    Die meisten Besucher im Internetforum Waffen-Online.de, einer Plattform der Waffenbesitzer, haben jedenfalls Vorbehalte gegen das System von Armatix. Hier firmiert es wenig freundlich unter der Bezeichnung "Lauf-Dildo". Die gesetzliche Blockier-Pflicht wollen die meisten User unbedingt verhindern.
    Gewehrläufe ließen sich schließlich austauschen. Und wie leicht man mithilfe von Sekundenkleber, Holzleim und einem Flaschendeckel einen Fingerabdruck fälschen kann, hat der Chaos Computer Club bereits in einem Video im Internet-Portal Youtube gezeigt. Auch kursiert im Internet die Behauptung, solche Blockier-Systeme ließen sich leicht knacken. Karl-Friedrich Giebel von der Firma Armatix:

    "Wir haben unser System darauf hin entwickelt, dass es die Anforderungen des Gesetzgebers erfüllt. Wenn die Anforderungen angehoben werden, dann folgen wir dem natürlich, aber dann wird unser Produkt komplexer und teurer und da hat kein Waffenbesitzer ein Interesse, über dieses Niveau hinauszugehen."
    Aber vielleicht die Allgemeinheit. Einen weiteren Aspekt, der bei aller Technikbegeisterung offenbar übersehen wird, führt Waffenkritiker Roman Grafe an.

    "In dem Fall würde ein Amokläufer vom Typ Robert Steinhäuser ... dieser Typus Amokläufer lächelt doch nur und sagt: 'Was wollt ihr denn, ich kenne doch den Code meiner Waffe, ich hab doch den richtigen Fingerabdruck, ich weiß doch wie das Blockiersystem aufzuheben ist'."
    Trotz dieser Zweifel haben sich die Fachpolitiker der großen Koalition offenbar auf die Einführung biometrischer Sicherungssysteme verständigt. Sollte es dazu kommen, dürften beim Hersteller Armatix wohl die Sektkorken knallen.
    Die immense Anzahl an legalen Waffen zu reduzieren - das sieht der Gesetzentwurf allerdings nicht vor. Wer meint, Dutzende von Schusswaffen für die Jagd oder das Sportschießen zu benötigen, wird auch künftig nicht daran gehindert. Ein Sieg der Waffenlobby im Wahljahr? Im Internet-Forum Waffen-Online.de sieht man das durchaus selbstbewusst. User "Reinhard" schreibt:

    Wenn der Ober-Rote General Münte schon sagt, das Waffenrecht ist streng genug, dann dreht sich mir der Magen um. Ein kleiner Rattenfänger ist er. Der weiß genau, dass Wahljahr ist. Einschleimen und Wählerstimmen fangen.

    Um Waffenbesitzern die politische Wahlentscheidung zu erleichtern, wird bei Waffen-Online.de genau Buch geführt über die Äußerungen der Politiker zum Waffenrecht. Als "nicht wählbar" hat man beispielsweise bereits die Grünen identifiziert. Doch wie groß ist der Einfluss dieser Wählerschaft tatsächlich? Frank Göpper vom Forum Waffenrecht:

    "Dass wir natürlich nicht die Mehrheit der Bevölkerung stellen, das war uns schon immer klar. Aber gerade Freiheitsrechte sind immer Minderheitenrechte und in dem Moment, wo man eine Tätigkeit, einen Sport, eine Freiheit nutzt, muss man damit rechnen, dass sie von einigen Leuten nicht in der Form geteilt wird wie man sie selber ausübt."
    Ganz anders als die Minderheit der Waffenbesitzer sieht dies aber die Mehrheit der Deutschen. Sie spricht sich einer Forsa-Umfrage zufolge gegen die Aufbewahrung von Waffen in Privathaushalten aus. Ein Grund zur Hoffnung - findet jedenfalls Roman Grafe.

    "Ich verstehe gar nicht, wenn's immer heißt in allen großen Zeitungen 'Ja, die Politik wird wieder nichts tun, nach dem Amoklauf in Winnenden, weil man will es sich mit den Wählern nicht verscherzen', ja, mit welchen denn? 78 Millionen Nicht-Sportschützen in diesem Land und 2 Millionen Sportschützen!"
    Die Angehörigen der Opfer von Winnenden scheinen diese Ansicht zu teilen. Man will sich nicht mit kleinen Schönheitskorrekturen am Waffengesetz abspeisen lassen. Bis zum Juni sammeln sie Unterschriften für eine Petition, in der sie unter anderem das vollständige Verbot großkalibriger Waffen in Privatbesitz fordern. Ob sich Amokläufe dadurch letztlich verhindern lassen? Einen Versuch ist es den Hinterbliebenen ganz sicher wert.