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Auftakt in ersten EU-Staaten
Die Europawahl beginnt

In Maastricht hat um Mitternacht die Europawahl begonnen; in Großbritannien und den Niederlanden öffneten die Wahllokale am Morgen. Bis Sonntag sind rund 400 Millionen Europäer in allen 28 EU-Mitgliedstaaten aufgerufen, die Abgeordneten des Europaparlaments zu bestimmen. In Deutschland findet die Wahl am Sonntag statt.

22.05.2014
    In den Niederlanden öffneten die Wahllokale landesweit um 7.30 Uhr. Kurz nach Mitternacht gab der Maastrichter Bürgermeister Onno Hoes bei einem Wahlfest in einem Popmusik-Zentrum seine Stimme ab. Umfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen der Gegner und Freunde Europas voraus. Sowohl die linksliberale D66 mit einem ausdrücklich pro-europäischen Kurs als auch die Partei für die Freiheit des Rechtspopulisten Geert Wilders könnten mit je 5 Mandaten stärkste Kraft werden. Die Niederländer entscheiden über 26 der 751 Sitze im Europaparlament.
    Die Briten haben seit 8.00 Uhr die Wahl über ihre 73 Mandate - auf die Insel blickt ganz Europa: Demoskopen erwarten dabei ein starkes Abschneiden der rechtsgerichteten UK Independence Party (UKIP) mit ihrem Vorsitzenden Nigel Farage - im Wahlkampf warb die UKIP für den Austritt aus der EU und eine Begrenzung der Zuwanderung. Sie sagt auf Twitter ein "politisches Erdbeben" voraus:
    Polls are now open - Vote UKIP and help cause a political earthquake! pic.twitter.com/NtXtNhJd1B— UKIP (@UKIP) May 22, 2014
    Zwei große Sorgen
    Das Gros der Unionsbürger wird erst am Sonntag abstimmen. Mit besonderer Spannung wird erwartet, in welcher Stärke rechtsextreme, populistische und euroskeptische Parteien ins EU-Parlament einziehen. In der EU wird zudem befürchtet, dass die im Jahr 2009 historisch niedrige Wahlbeteiligung von 43 Prozent erneut unterschritten wird. Offizielle Hochrechnungen und Resultate aus allen EU-Staaten soll es erst am Sonntagabend ab 23 Uhr geben, wenn als letztes die Wahllokale in Italien geschlossen haben. In einigen Ländern sollen aber vorab schon Prognosen veröffentlicht werden.
    Bei dieser Wahl gibt es zwei Nova: In Deutschland gilt laut einem Urteil des Bundesverfassungsgericht weder eine Drei- noch eine Fünf-Prozent-Hürde. Die Parteienfamilien haben erstmals für den wichtigen Posten des EU-Kommissionschefs europaweite Spitzenkandidaten ins Rennen geschickt. Der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei, Jean-Claude Juncker, will sich nicht mit Stimmen von Faschisten oder Rechtspopulisten zum EU-Kommissionspräsidenten wählen lassen. "Ich würde die Wahl nicht annehmen", sagte der frühere luxemburgische Regierungschef in einem ARD-Fernsehduell. Der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, Martin Schulz, rief in der Sendung dazu auf, wählen zu gehen, um ein Erstarken rechter Kräfte zu vermeiden.
    Jean-Claude Juncker und Martin Schulz lachen im Fernsehstudio miteinander
    Fröhliche Einigkeit in vielen Punkten: Jean-Claude Juncker (l.) und Martin Schulz, die Spitzenkandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten der EU (dpa picture alliance / Axel Heimken)
    Aufruf zur Stimmabgabe
    Bundeskanzlerin Angela Merkel rief die Bürger noch einmal auf, zur Europawahl zu gehen. Wer wähle, leiste einen Beitrag dazu, dass die Kinder und Enkelkinder auch weiter in Europa in Frieden und Freiheit leben könnten, sagte die CDU-Vorsitzende bei einer Wahlkampfveranstaltung in Tauberbischofsheim. "Bitte gehen Sie wählen und helfen Sie uns, Europa stark und friedlich zu machen."
    Mit 96 Abgeordneten stellt Deutschland die meisten Parlamentarier aller Mitgliedsländer, es folgt Frankreich mit 74. Luxemburg, Estland, Zypern und Malta stellen mit je sechs die wenigsten Abgeordneten. Derzeit gibt es sieben Fraktionen; nach den Wahlen könnte ein Verbund der Rechtspopulisten hinzukommen. Zur Bildung einer Fraktion sind mindestens 25 Abgeordnete aus sieben EU-Ländern nötig.
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    (sdö/tgs/stfr)