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Australische Physiker
Stabile Quantenbits für schnelle Rechenleistung

Quantencomputer arbeiten nicht mehr mit Bits, mit Zahlenfolgen aus Nullen und Einsen, sondern mit sogenannten Quantenbits. Sie können auch Werte dazwischen annehmen, das erweitert die Rechengeschwindigkeit extrem. Bislang gab es nur Prototypen mit beschränkter Leistung, doch australische Forscher stellten in Silizium stabile Qubits her.

Von Frank Grotelüschen |
    "Wir versuchen, einen Quantencomputer mit derselben Technik zu bauen, auf der auch die herkömmlichen PCs basieren - mit Chips aus Silizium. Nur dass wir damit keine normalen Bits herstellen wollen, sondern Quantenbits."
    Quantenbits, kurz Qubits, sind die Grundelemente des Quantencomputers, sagt Andrea Morello, Physiker an der Universität von New South Wales in Sydney. Gewisse Aufgaben könnte der neuen Rechnertyp deutlich fixer erledigen als jeder PC - Datenbank-Recherchen, Optimierungsprobleme oder das Knacken digitaler Verschlüsselungscodes. Denn da ein Qubit viel mehr Information speichern kann als ein normales Bit, könnte der Quantenrechner die Daten gleichzeitig abarbeiten statt nacheinander. Die besten Ergebnisse brachten bisher die sogenannten Ionenfallen - einzelne Atome, eingesperrt in elektromagnetische Fallen und abgetastet mit Laserstrahlen. Kein Modell für die Zukunft, meint Morello.
    "Ein Dutzend Ionenfallen lassen sich im Labor zwar aufbauen. Doch ist es schwer vorstellbar, wie man damit Tausende von Qubits realisieren soll, wie man es für einen richtigen Quantenrechner bräuchte. Daher setzen wir auf Qubits in Silizium. Die lassen sich im Prinzip genauso fertigen wie die Transistoren in Ihrem Handy."
    Phosphor agiert als Quantenbit
    Konkret haben die Australier Phosphoratome in einen Siliziumkristall eingebaut. Das Phosphor verhält sich wie eine winzige Magnetnadel, die nach oben oder nach unten zeigt, aber auch Zwischenzustände annehmen kann. Vor zwei Jahren konnte Morellos Team zeigen, dass das Phosphor tatsächlich als Quantenbit agiert - ein Durchbruch. Das Problem damals:
    "Die Quantenbits reagierten äußerst sensibel auf Störungen. Zunächst hatten wir normales Silizium verwendet. Doch darin gibt es Atomkerne, die magnetisch sind. Und das hat die Qubits so sehr gestört, dass sie ihre Information schnell wieder verloren. Also ließen wir uns einen Trick einfallen: Wir haben hochreines Silizium verwendet. Es besteht nur noch aus einem einzigen Isotop, und das ist nicht magnetisch. Und damit lassen sich die besten Qubits in einem Festkörper herstellen."
    Ein Weltrekord
    In Zahlen: In normalem Silizium hatten die Qubits die gespeicherte Information bereits nach 60 Millisekunden wieder vergessen, so massiv waren die Störungen. In dem hochreinen Silizium blieben sie weitgehend ungestört und konnten ihr Gedächtnis für 35 Sekunden behalten. Ein Weltrekord, der für den Bau eines brauchbaren Quantenrechners allemal ausreichen dürfte, denn für Rechenprozesse im Mikrokosmos sind 35 Sekunden eine halbe Ewigkeit.
    "In wenigen Jahren werden wir die Grundelemente eines Quantenrechners haben. Einzelne Qubits haben wir ja schon, bald werden wir sie miteinander koppeln können. Und dann können die Ingenieure mit der Technologieentwicklung beginnen, können viele dieser Elemente auf einen Chip unterbringen und verschalten."
    So billig wie ein PC dürfte ein Quantenrechner allerdings nicht werden: Zum einen ist hochreines Silizium deutlich teurer als normales. Und zum anderen läuft das System bisher nur bei Extrembedingungen, bei eisiger Kälte und starken Magnetfeldern.